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#Der Stern hat sich vollgestaubt! – Astrodicticum Simplex

Der Stern hat sich vollgestaubt! – Astrodicticum Simplex

Beteigeuze ist ein roter Riesenstern, den man sehr gut mit bloßem Auge im Sternbild Orion sehen kann. Dort bildet der rötlich leuchtende Stern eine der beiden Schultern der mythologischen Heldenfigur. Er gehört zu den hellsten Stern des Nachthimmels; macht aber ab und zu gerne mal Pause im Hellsein. Im Dezember 2019 schien er endgültig genug gehabt zu haben und fing an, immer dunkler und dunkler zu werden. Man wusste zwar, dass Beteigeuze immer wieder mal die Helligkeit ändert – aber noch nie ist er so schnell so dunkel geworden. Die Sache war ein wenig mysteriös und man wusste nicht so genau, was da eigentlich passiert. Bis jetzt!

Künstlerische Darstellung von Beteigeuze und den Schichten seiner Atmosphäre (Bild: ESO/L. Calçada)

Beteigeuze ist ein Stern am Ende seines Lebens. Er wird in naher astronomischer Zukunft bei einer gewaltigen Supernova-Explosion verschwinden. Der Stern ist zwar erst 10 Millionen Jahre alt; wegen seiner großen Masse (das 20fache der Sonnenmasse) läuft die Kernfusion in seinem Inneren aber viel heißer und schneller ab. Er hat schon fast den ganzen Wasserstoff in seinem Zentrum verbraucht und hat begonnen, sich immer weiter aufzublähen. Noch hat Beteigeuze ein bisschen Helium und andere chemische Elemente für die Kernfusion. Aber der Stern brennt schon ein wenig instabil; es gibt immer wieder kurzfristige Helligkeitsausbrüche und Beteigeuze schleudert Material hinaus ins All. Das führt zu Helligkeitsänderung und irgendwann wird die finale Änderung kommen: Nach Ende der Kernfusion wird Beteigeuze in sich zusammenfallen und dadurch eine gewaltige Explosion auslösen. Es wird eine Supernova geben, die auch von der Erde aus problemlos gesehen werden wird können. Beteigeuze wird dann auch am Tag als heller Punkt am Himmel zu sehen sein; zumindest ein paar Tage oder Wochen lang – bis der Stern dann endgültig vom Himmel verschwunden ist.

Als Beteigeuze sich Ende 2019/Anfang 2020 immer weiter und unerwartet verdunkelt hat, wurde darüber spekuliert, dass das ja vielleicht schon das erste Anzeichen der bevorstehenden Supernova sein könnte. Das war aber eher unwahrscheinlich, denn auch wenn der Stern “kurz” vor dem Tod steht, bedeutet das auf den astronomischen Zeitskalen nicht, dass es morgen oder nächste Woche so weit sein kann. Sondern eher in ein paar Jahrtausenden oder Jahrhunderttausenden… Man vermutete eher eine Überlagerung verschiedener Zyklen normaler Helligkeitsänderung als Ursache für die überdurchschnittlich starke Verdunkelung. Aber auch Staub, der den Stern verdeckt, könnte verantwortlich dafür sein.

Eine Beobachtungskampagne eines internationalen Teams von Astronom*innen hat das Rätsel nun gelöst (“A dusty veil shading Betelgeuse during its Great Dimming (pdf)”). Mit den großen Teleskopen der Europäischen Südsternwarte konnten Bilder des Sterns aufgenommen werden, die nicht nur einen Lichtpunkt zeigen, sondern auch – wenn auch sehr unscharf – die Helligkeitsverteilung auf der Oberfläche und damit die unterschiedlichen Temperaturen an unterschiedlichen Orten von Beteigeuze:

Die Verdunkelung im Januar 2020 ist gut zu erkennen. Detaillierte Analysen der Daten haben nun gezeigt, was dort passiert ist. Sterne wie Beteigeuze sind – wie schon erwähnt – sehr unruhig. Sie brodeln heftig vor sich und schleudern immer wieder große Menge an Material aus ihren äußeren Atmosphärenschichten hinaus ins All. Die neuen Beobachtungen zeigen nun genau so einen Vorgang. Da der alternde Stern in seinem Inneren nicht gleichmäßig heiß ist, gibt es immer wieder große “Blasen” aus Gas, die aufsteigen, absinken, größer und kleiner werden. Kurz gesagt: Der Stern brodelt und blubbert vor sich hin und wenn eine Gasblase an die Oberfläche steigt, dann kühlt sie ab. Passiert das schnell genug, dann “kondensiert” das Gas und wird zu Staub. Die Atome des Gases können sich zu komplexeren Molekülen verbinden und die werden dann vom heißen Sternwind hinaus ins All gepustet.

Oder, um es mit den Worten von Miguel Montargès (dem Hauptautor der Arbeit) zu sagen: “Wir haben die Bildung von sogenanntem Sternenstaub direkt beobachtet”. Allerdings! Denn genau diese Moleküle, chemischen Verbindungen und schweren Elemente, die von roten Riesensternen gegen Ende ihres Lebens ins All hinaus geschleudert werden, sind das Ausgangsmaterial, aus dem später Himmelskörper wie Planete oder Asteroiden entstehen können. Auch wir Menschen verdanken unsere Existenz den chemischen Elementen, die im Inneren eines Sterns erzeugt und dann als “Sternenstaub” hinaus ins All geschleudert worden sind.

Beteigeuze ist ein faszinierender Stern: Man kann ihn ohne große Probleme am Himmel finden und sehen und dank seiner rötlichen Färbung lässt er sich auch gut erkennen. Seit Jahrtausenden blicken wir Menschen dorthin und haben uns alle möglichen Mythen und Geschichten darüber ausgedacht. Der Sternenhimmel war für uns immer der Innbegriff des unveränderlichen Kosmos außerhalb der chaotischen Welt in der wir selbst leben. Der Himmel war deswegen die Domäne der Götter; der Ort, an den wir unsere Ängste, Wünsche und Fantasien projiziert haben. Durch die astronomische Forschung der letzten Jahrhunderte ist der Himmel nicht weniger faszinierend geworden, ganz im Gegenteil. Aber die Beobachtung von Beteigeuze hat uns nun das erste Mal quasi live und in Farbe gezeigt, dass die hellen Punkte in der dunklen Nacht alles andere als unveränderlich sind. Der Himmel ist genau so chaotisch wie wir hier unten auf der Erde.

Wer im Detail über die Beobachtungen informiert werden will, kann sich hier alles ganz genau von Miguel Montargès selbst erklären lassen. Und über die damaligen Spekulationen und Forschungsergebnisse zur Verdunkelung von Beteigeuze haben meine Kollegin Ruth und ich in unserem Podcast “Das Universum” gesprochen, einmal im August 2020 und im September 2020 gab es noch ein Update:

Beteigeuze ist ein roter Riesenstern, den man sehr gut mit bloßem Auge im Sternbild Orion sehen kann. Dort bildet der rötlich leuchtende Stern eine der beiden Schultern der mythologischen Heldenfigur….

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