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#Der Tod ist so nah auf der Autobahn

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Der Tod ist so nah auf der Autobahn

Wie sagenhaft trostlos sich das Leben für Heranwachsende anfühlen kann, ist jemand Altem nicht zu vermitteln. Ein ganzes Leben steht dazwischen, ein neidvoll vorgestelltes: Du hast doch alles noch vor dir. Das Leid der Alten verstehen die Jungen umgekehrt auch nicht oder verwechseln es mit Feigheit, aber es ist nicht die Aufgabe der Jungen, Erwachsene zu verstehen.

Eine Frau fährt auf der Autobahn in Richtung Schweiz, weil sie ihr Leben beenden will. Ein Mädchen stürzt aus dem gleichen Grund von einer Autobahnbrücke, aber sie überlebt. Jetzt sitzen sie nebeneinander, es geht weiter. Das eine Unglück ist neu, das andere alt, und wo ein unversehrter Mensch sich vorstellen mag, wie sich diese unter dem Autodach wabernden Unglücke miteinander vereinen, weiß jeder Versehrte, dass sie sich gegenseitig ausschließen, dass da kein Platz ist für die Traurigkeit der anderen.

Die Autorin Ronja von Rönne hat diese Geschichte geschrieben, und zwar, wie sie sagt, nicht über ihre, sondern trotz ihrer eigenen Depression. Womit sie einerseits an die Form erinnerte, denn auf dem Buch steht Roman, und andererseits daran, dass eine Depression nicht mit einer vorübergehenden Schwermut zu vergleichen ist, die zu einem kreativen Ausbruch inspiriert. Aber weil Ronja von Rönne ein bekanntes Gesicht hat, weil sie ihre eigene psychische Erkrankung öffentlich machte und nun über das Buch und sein Thema spricht, verhandelt, schreibt, fühlten sich viele zu einer Metabetrachtung aufgefordert. Sie haben Rönne in den vergangenen Wochen bei sich zu Hause besucht, über die Schatten unter ihren Augen geschrieben und dann in „Ende in Sicht“ nach einem Widerhall gesucht.

Keine Angst vor Haltungskorrekturen

Vorher war es eine Weile ruhig um die Autorin, nachdem es noch früher lange laut war. Erst wegen eines Essays über den Feminismus, in dem das Wort „anekeln“ vorkam und der zur Instrumentalisierung einlud, dann wegen eines Preises dafür, den Rönne ablehnte. Aber seitdem war da auch eine Sprache, die mutig klang und kompromisslos, nicht abwägend, ohne Rücksicht auf und Angst vor Haltungskorrekturen, die es zum Wettlesen nach Klagenfurt und in einen Debütroman schaffte, in dem es auch schon um Panikattacken und Therapie ging, eine Art Tagebuch für den Therapeuten, Geschichte des inneren Chaos.

Damals war da wenig Plot. In „Ende in Sicht“ ist alles Plot. Der Roadtrip, die Begegnungen, die Schicksalsmomente: Steigt Juli, die lebensmüde Fünfzehnjährige, auf dem Rastplatz zu einem Lastwagenfahrer um, kommt Hella, die zum Sterben Reisende, noch rechtzeitig ins Bad des Autobahnmotels, als das Kind in der Wanne mit der Nagelschere hantiert? In ihrem Alter weiß Juli längst, was Depressionen sind, das steht da als kleine Provokation mit Blick auf Rönnes Vorgeschichte: Mental Health sei im Netz allgegenwärtig, „irgendwie war ja jeder heutzutage mal depressiv, und dagegen gab es Apps, Tabletten und ganz, ganz viel Verständnis“. Aber im Unterschied zu dem, was Künstler und Prominente über ihre grauen Tage veröffentlichen, erlebt Juli einen grellen Alltag, der sich umso mehr mit der nächtlichen Leere beißt. Weil jede Depression anders ist und es am Ende halt doch nicht hilft, Fremden beim öffentlichen Leiden zuzusehen.

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