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#Der Ukraine geht das Geld aus

„Der Ukraine geht das Geld aus“

Der Warnschuss kam am Dienstagabend. Tagsüber hatte der Vorstandsvorsitzende des ukrainischen Staatskonzerns Naftogaz , Jurij Witrenko, noch einen Finanzbedarf von 7,6 Milliarden Euro für zusätzliche Gaseinkäufe reklamiert, um die Speicher mit 19 Milliarden Kubikmetern Gas zu füllen und winterfest zu machen. Am Abend folgte dann die Bitte an die internationalen Kreditgeber, einem zweijährigen Zahlungsmoratorium für Tilgung und Zinszahlungen auf laufende Anleihen zuzustimmen – auch für jene Zahlungen, die in den nächsten Tagen fällig werden. Die Frist zur Zustimmung endet Donnerstag kommender Woche.

Andreas Mihm

Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.

Weil Naftogaz auch der größte Steuerzahler Kiews ist, sehen am Markt darin manche den Vorboten einer noch größeren Pleite: der des ukrainischen Staates. Der Finanzminister hatte so einen Schritt zwar ausgeschlossen, Parlamentarier hatten darüber dennoch spekuliert. Erregte Debatten hatte es schon vorige Woche gegeben. Da hatte Naftogaz angekündigt, es werde seine „Liquiditäts- und Betriebsanforderungen im Einklang mit der Unterstützung der strategischen Prioritäten der Ukraine, auch im Hinblick auf die Erhaltung der verfügbaren Barmittel“, überprüfen. Der Kurs ukrainischer Fremdwährungsanleihen war daraufhin noch einmal gesunken. Er bewegt sich jetzt um die 20 Prozent des Nennwertes, so wie kurz nach Beginn des russischen Überfalls.

Überall schlagen Kriegsfolgen durch

Gunter Deuber kann die Sorgen vor einem Zahlungsausfall verstehen. Doch so schwarz sieht der Chefvolkswirt der österreichischen Raiffeisenbank International (RBI) die finanzwirtschaftliche Lage nicht. Faktisch gehe es bei Naftogaz um keine sehr großen Beträge. Der Gaskonzern sollte auf seinen Fremdwährungskonten genügend Liquidität haben, um die in Rede stehenden 335 Millionen Dollar zu bezahlen. Deuber unterscheidet lieber „zwischen der Fähigkeit und dem Willen zu bezahlen“. Er sieht in dem Stundungsvorschlag an die Gläubiger mehr ein politisches Wachrütteln, „ein Warnsignal der Ukraine an den Westen: Ihr müsst mehr tun.“

Naftogaz begründet den Schritt mit dem Liquiditätsengpass, den der von Russland aufgezwungene Krieg erzeugt habe. Viele Kunden könnten ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Der Krieg habe zu einem „signifikanten wirtschaftlichen und geschäftlichen Rückgang in der Ukraine“ geführt. Die Osteuropabank EBRD hatte Naftogaz vor einem Monat erst 300 Millionen Dollar Kredit für den Ankauf von Gas gewährt. Offenbar reicht das nun nicht mehr. Den Geschäftseinbruch spüren auch Stromversorger, die von Zahlungsausfällen berichten und auf Besserung hoffen, weil nun die Einnahmen aus dem jüngst begonnen Stromexport nach Zentraleuropa zu 80 Prozent über alle Unternehmen geteilt werden.

Überall schlagen Kriegsfolgen durch. So arbeiten Beschäftigte des ukrainischen Ablegers des Stahlkonzerns Arcelor-Mittal nur noch zwei Drittel der regulären Arbeitszeit – und nur die bekommen sie bezahlt: „Wir sind gezwungen, unsere Kosten in alle Richtungen radikal zu senken“, schrieb Unternehmenschef Mauiro Longobarod laut ukrainischen Medien der Belegschaft.

Neue Ernte in vollem Gange

Nur langsam erhole sich die Wirtschaftstätigkeit, analysiert Olga Pindyuk, Ökonomin am Wiener Institut für Vergleichende Wirtschaftsforschung. Noch liege die Kapazitätsauslastung um 40 Prozent unter dem Stand vor Kriegsbeginn. Die Wirtschaftsleistung des Landes werde im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Drittel einbrechen.

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