Wissenschaft

#„Herzliches“ Pumpen spart Energie

Pulsierender statt kontinuierlicher Flüssigkeits-Transport: Im Pump-Konzept des Herz-Kreislauf-Systems steckt technisches Energiespar-Potenzial, geht aus einer Studie hervor. Durch rhythmische Schübe mit Ruhephasen, die dem Funktionsprinzip des Herzens ähneln, lässt sich die Flüssigkeits-Reibung in Rohren deutlich verringern, zeigen die Experimente. Dies kann wiederum den Energiebedarf beim Pumpen um bis zu neun Prozent reduzieren, berichten die Forscher.

In der Industrie und in den Privathaushalten der Welt laufen ständig unzählige Pumpen. Sie befördern verschiedene Flüssigkeiten oder Gase durch Leitungssysteme – und das mit gigantischem Energieaufwand: Schätzungen zufolge sind Pumpsysteme für fast zwanzig Prozent des weltweiten Stromverbrauchs verantwortlich. Möglichkeiten zur Energieeinsparung sind deshalb aus ökonomischer und ökologischer Sicht sehr gefragt. Der Erforschung von Optimierungs-Potenzialen bei der Beförderung von Flüssigkeiten und Gasen widmen sich auch Wissenschaftler des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg.

„Es wird schon lange versucht, das Pumpen von Flüssigkeiten effizienter zu machen. Doch oft sind die durch Simulationen oder Laborversuche aufgezeigten Optimierungsmöglichkeiten zu komplex und daher zu kostspielig, um in realen Anwendungen eingesetzt zu werden. Wir haben deshalb nach einem Ansatz gesucht, der keine komplizierten strukturellen Änderungen an der Infrastruktur, wie Sensoren und Motoren, erfordert“, sagt Erst-Autor Davide Scarselli vom ISTA. Anstatt die Beschaffenheit von Leitungen zu verändern, um die Reibung zwischen der fließenden Flüssigkeit und den Rohrwänden zu verringern, richteten Scarselli und seine Kollegen den Fokus auf die Pumpen.

Vorbild Herz-Kreislauf-System

Dabei suchte sich das Team Inspiration bei der Natur: Das Herz-Kreislauf-System rückte ins Visier. „Wie jeder Teil unseres Körpers wurde auch das menschliche Herz im Verlauf von Jahrmillionen durch die Evolution geprägt“, sagt Seniorautor Björn Hof vom ISTA. „Im Gegensatz zu herkömmlichen mechanischen Pumpen, die einen gleichmäßigen Flüssigkeitsstrom erzeugen, pulsiert das Herz bekanntlich. Wir waren neugierig, ob diese besondere Antriebsform einen Vorteil bietet“, so der Wissenschaftler.

Um dies auszuloten, führten die Forscher Pump-Experimente in Versuchsaufbauten mit durchsichtigen Rohren unterschiedlicher Länge und Durchmesser durch. Dabei machten sie die Flüssigkeits-Dynamiken sichtbar, indem sie dem Wasser winzige reflektierende Partikel zufügten. Deren Bewegungen konnte das Team dann genau erfassen: „Ein Laser schießt dabei Licht in einem horizontalen Bogen durch das durchsichtige Rohr und wird von den Partikeln reflektiert. Wir machten Bilder davon, anhand derer wir erkennen konnten, ob die Strömung turbulent oder laminar war, wobei letzteres bedeutet, dass es keine Wirbel gab“, erklärt Scarselli.

Die Ausgangsbasis bildeten Untersuchungen der Strömungseffekte bei einem gleichmäßigen Wasserfluss, wie er durch herkömmliche Pumpsysteme erzeugt wird. „Dabei bildeten sich Wirbel, die sich chaotisch bewegten, während sie durch das Rohr gedrückt wurden“, sagt Scarselli. Diese Turbulenzen verursachen einen Großteil der Reibung zwischen der Flüssigkeit und den Wänden des Rohrs, erklären die Forscher. Die Überwindung genau dieser Reibung muss durch eine Pumpe geleistet werden und kostet somit Energie.

Pulsierendes Pumpen beruhigt Turbulenzen

Nach der Erfassung der Grundlagedaten untersuchten die Forscher dann, was passiert, wenn statt einem kontinuierlichen ein pulsierendes Pumpen für den Flüssigkeits-Transport sorgt. Dabei testeten sie unterschiedliche Formen der Beschleunigung und Ruhepausen aus. Wie sie feststellten, werden bei bestimmten Konzepten des pulsierenden Pumpens der Widerstand und damit die benötigte Energie erhöht. „Als wir jedoch kurze Ruhephasen zwischen den Impulsen einfügten, in der die Pumpe das Wasser gar nicht antreibt – so wie es das menschliche Herz tut – war das nicht der Fall. Während der Ruhephase nehmen die Turbulenzen ab und in der anschließenden Beschleunigungsphase wird die Reibung effektiv reduziert“, erklärt Scarselli.

Aus den experimentellen Daten und Berechnungen ging letztlich hervor: Bei der optimalen Puls-Pumpbewegung, die der des menschlichen Herzens ähnelt, kommt es zu einer deutlichen Verringerung der Turbulenzen und damit der mittleren Reibung um 27 Prozent. Dies verdeutlicht nun auch, warum das Herz-Kreislauf-System auf diese Weise funktioniert: „Im biologischen Kontext ist eine Verringerung der Reibung und der turbulenten Fluktuationen eindeutig von Vorteil, da sie Schäden an den Zellen in der innerste Schicht unserer Blutgefäße verhindert, die empfindlich auf Scherstress reagieren“, sagt Hof. Für die Technik ist nun aber vor allem das damit einhergehende Spar-Potenzial relevant. Denn im Vergleich zu kontinuierlichen Pumpsystemen kommt es zu einer Reduzierung des Energiebedarfs um neun Prozent, ergaben die Berechnungen. „Wir könnten dies also möglicherweise in zukünftigen Anwendungen nutzen“, sagt Hof.

Allerdings sind bis dahin nun weitere Forschungsarbeiten nötig, betonen die Forscher. „Während wir im Labor vielversprechende Ergebnisse gezeigt haben, ist die Umsetzung in Anwendungen unserer Forschung in der realen Welt weniger einfach“, sagt Scarselli. Es muss sich noch zeigen, inwieweit es sinnvoll ist, Pumpsysteme anzupassen, sodass sie pulsierende Flüssigkeitsströme erzeugen können. Doch die Forscher sehen durchaus erhebliches Potenzial. „Wir hoffen, dass andere Wissenschaftler auf unseren Ergebnissen aufbauen werden, um diese von der Natur inspirierten Lösungen für Anwendungen zu erforschen“, sagt Scarselli abschließend.

Quelle: Institutes of Science and Technology Austria, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-023-06399-5

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