#Deutsche Ortskräfte zum ersten Mal auf dem Landweg gerettet
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„Deutsche Ortskräfte zum ersten Mal auf dem Landweg gerettet“
Nach intensiven diplomatischen Bemühungen ist einem ersten Konvoi mit deutschen Ortskräften und deren Familien die Ausreise aus Afghanistan über den Landweg gelungen. Wie Außenminister Heiko Maas (SPD) in Doha erklärte, handelte es sich um Frauen und Männer, die zuvor für die parteinahe Konrad-Adenauer-Stiftung und die Friedrich-Ebert-Stiftung gearbeitet hatten. Die Gruppe war mit Bussen von Kabul aus aufgebrochen und hatte auf der Strecke zur pakistanischen Grenze mehrere Kontrollpunkte der neuen Taliban-Machthaber passiert, ehe sie die Grenze erreichte. Zeitweise war dabei der Kontakt zu der Gruppe abgerissen. Sie soll nun über Islamabad ausgeflogen werden. Damit war unmittelbar nach dem Abzug der letzten amerikanischen Soldaten vom Flughafen ein erster Ausweg für Schutzsuchende gefunden.
Maas hatte noch am Montag und Dienstag in der pakistanischen Hauptstadt für Verfahren geworben, mit denen bis zu 10.000 ehemalige Ortskräfte deutscher Behörden und ziviler Entwicklungshilfe sowie deren Angehörige das Land sicher verlassen können. Zu der Gruppe von insgesamt etwa 50.000 Personen werden auch Schutzsuchende aus der afghanischen Gesellschaft gerechnet, deren Leben unter der Herrschaft der islamistischen Taliban bedroht ist.
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Maas hatte am Mittwoch weitere Gespräche im Emirat Qatar geführt, der letzten Station seiner mehrtägigen Reise in die Region. Zuvor hatte er in der Türkei, in Usbekistan, Tadschikistan und Pakistan mit Regierungsvertretern verhandelt. Das Auswärtige Amt möchte erreichen, dass in den nächsten Wochen kleinere Gruppen Schutzsuchender die Grenzen passieren und dann von deutschen Diplomaten weiter begleitet werden, wenngleich die jeweiligen Regierungen die Aufnahme weiterer Flüchtlinge ablehnen. Der Transfer soll ohne großes Aufsehen geschehen, um eine Fluchtwelle zu verhindern, wie sie in Taschkent, Duschanbe oder Islamabad befürchtet wird. Maas hatte sich während der vergangenen Tage intensiv darum bemüht, auf höchsten Ebenen für das Vorhaben zu werben.
Mehrere andere westliche Länder haben ebenfalls noch Hunderte oder gar Tausende Schutzsuchende in Afghanistan, die sie herausbringen möchten, allen voran die Vereinigten Staaten. Dem Vernehmen in Doha nach fliegen noch vereinzelt amerikanische Flugzeuge von nördlichen gelegenen Flugplätzen, etwa Kundus, Personen aus. Maas traf in Doha in dieser Sache auch die niederländische Außenministerin Sigrid Kaag zu einem Gespräch.
Bild: F.A.Z.-Karte lev.
Zudem wurden in Doha weitere Gespräche über eine Wiederöffnung des Flughafens von Kabul geführt, ebenso wie Gespräche mit Taliban-Vertretern über Grenzübertritte in die Nachbarländer Afghanistans. Grundsätzlich sind die Taliban bereit, eine Flughafenöffnung zuzulassen. Allerdings gibt es noch Unklarheiten darüber, wer an welchen Teilen des Flughafens welche Kontrolle hat. Die Türkei hatte angeboten, den Betrieb der teilzerstörten Anlage zu organisieren. Wer die Sicherheitskontrollen übernimmt, ist Gegenstand von Verhandlungen. Die Taliban akzeptieren keine militärische Präsenz mehr, andererseits müssen die Kontrollen professionell durchgeführt werden, um der anhaltenden Terrorgefahr zu begegnen. Ob, wie früher vorgesehen, eine amerikanische Firma die Sicherheit im Inneren des Flughafens gewährleisten kann, ist ungewiss. Die Bundesregierung hat 100 Millionen Euro für humanitäre Hilfe in der Region sowie weitere 500 Millionen Euro für Unterstützungen in der Region zur Verfügung gestellt.
Dank an Qatar
Nach einem Gespräch mit dem qatarischen Außenminister Sheik Mohammed bin Abdulrahman bin Jassim al Thani dankte Maas dem Emirat für „die führende Rolle bei der Evakuierung aus Kabul“. Bei den Verhandlungen mit den Taliban, der Organisation und Sicherung von Konvois zum Flughafen und schließlich als erste Station für Zehntausende Schutzsuchen habe das Land für die Luftbrücke aus Kabul eine große Rolle gespielt. Doha werde als Luftdrehkreuz auch in nächster Zeit „an führender Stelle engagiert sein“, so Maas.
Maas vertrat in Doha die Auffassung, es müsse mit den Taliban geredet werden. „Sie werden dabei nicht an ihren Worten gemessen, sondern an ihren Taten“, sagte Maas. Er fügte hinzu: „Es geht jetzt nicht um völkerrechtliche Anerkennung, sondern um konkrete Schritte.“ Afghanistan steuere im Winter auf eine humanitäre Katastrophe zu, die gelte es gemeinsam zu verhindern. Der qatarische Außenminister sagte: „Isolierung ist keine Antwort auf die Situation, aber Anerkennung nicht das Thema des Tages.“
Die deutsche Diplomatie, die als Zaungast seit Längerem bei den Doha-Gesprächen zwischen den Vereinigten Staaten und der Terrororganisation beteiligt war, verfügt inzwischen über vergleichsweise gute Kontakte, die vor allem durch den Kabul-Botschafter Markus Potzel wahrgenommen werden. Maas hatte nach eigenen Angaben nicht geplant, selbst mit Taliban-Vertretern zu sprechen. In der Diskussion ist ebenfalls, ob und in welcher Form irgendwann das diplomatische Korps nach Kabul zurückkehren kann. Die Taliban hatten mehrfach angeboten, sie würden die Sicherheit des Diplomatenviertels in der sogenannten „Green Zone“ gewährleisten können. Da für die nächste Zeit die Bildung einer Regierung in Kabul erwartet wird, wäre dann auch damit zu rechnen, dass zumindest wesentliche Teile der politischen Führung der Taliban von Qatar zurück nach Afghanistan gehen.
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