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#Dialekt in Nordrhein-Westfalen: Heißt es nun „Oma“ oder „Omma“?

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Mal heißt das Fahrrad Fietze, mal Leeze: In Nordrhein-Westfalen untersuchen Forscher mit einer Sprach-App die Alltagssprache. Dialekte sind auf dem Rückzug – aber werden durch etwas anderes ersetzt.

Wo in Nordrhein-Westfalen bezeichnet man das Endstück des Brots als „Knust“, wo als „Knäppchen“, wo als „Krüstchen“? Wo verabschiedet man sich mit „Tschüss“, wo mit „Tschö“? Und: Heißt es nun „Oma“ oder „Omma“? Für Sprachwissenschaftler ist das bevölkerungsreichste Bundesland ein lohnendes Forschungsfeld. „In Nordrhein-Westfalen gibt es höchst unterschiedliche Dialekte, und von ihnen sind die ebenfalls äußerst vielfältigen Umgangssprachen geprägt. Auch Menschen, die nie Dialekt gelernt haben, verwenden Dialektwörter wie ‚Speicher‘ im Rheinland oder ‚Balken‘ in Westfalen für den Dachboden“, sagt ­Markus Denkler, Sprachwissenschaftler beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Mit seinen Kollegen vom rheinischen Pendant LVR untersucht Denkler derzeit die wenig erforschte Alltagssprache zwischen Rhein und Weser.

Mussten Linguisten bisher mühsam Gespräche verabreden, aufzeichnen und auswerten, setzen sie nun auch auf digi­tale Kanäle. Vorreiter waren vor einigen Jahren die Universität Zürich mit der Gschmöis-App zur Erforschung schweizerdeutscher Dialekte und die Universität Luxemburg mit der Schnëssen-App zur Dokumentierung möglichst aller Facetten des Luxemburgischen.

„Der digitale Ansatz hat uns überzeugt“, sagt Denkler. Seit Juni ist die ­Palava-Sprachapp der vereinigten rheinisch-westfälischen Sprachforscher unentgeltlich in den gängigen App-Stores verfügbar. Mehr als 5000 Mal wurde sie bisher heruntergeladen. Die Teilnehmer des auf drei Jahre angelegten Projekts können in mehreren Wellen wechselnde Fragen beantworten und auch Begriffe direkt in ihre Smartphones sprechen. Schon in kurzer Frist kamen große Datenmengen zusammen, die in ein Statistikprogramm eingespeist werden.

Hier heißt der Dachboden „Söller“

Um die Palava-Nutzer bei Laune zu halten, steuern die Linguisten immer wieder nach. „Man muss schon die Regeln der Gamification und die Grenzen der Aufmerksamkeitsspanne beachten“, sagt Denkler. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass kaum jemand alle Fragen beantwortet.“ Wer eine App benutzt, ­erwarte zudem ein Mindestmaß an Spaß und persönlichem Mehrwert. Die Fragerunden sind deshalb möglichst spielerisch gestaltet, meist sind Bilder und Gegenstände zu sehen, die benannt werden sollen. Zudem werden die ausge­werteten Ergebnisse nach und nach in Grafiken, Kommentaren und sprechenden Sprachkarten präsentiert. Auf immerhin zwei Sprachkarten kann man aktuell nachvollziehen, dass man den Dachboden in Kleve, Wesel, Kevelaer, Krefeld und Aachen weder „Speicher“ noch „Balken“, sondern „Söller“ nennt.

Aus einer weiteren Sprachkarte geht hervor, dass „Fitz“ oder „Fietze“ für Fahrrad nicht nur in Westfalen, sondern auch am Niederrhein und sogar in Aachen weit verbreitet sind. Die beiden Begriffe sind ein Beispiel dafür, dass (manche) Rheinländer und Westfalen mehr verbindet als viele glauben. Die Dialektlandschaft ­zwischen Rhein und Weser taugt nicht dazu, die populäre Perspektive „Nordrhein ­versus Westfalen“ zu pflegen.

Zwar wird die große Vielfalt der Dialekte in Nordrhein-Westfalen vornehmlich von der sogenannten Benrather Linie bestimmt, einer gedachten Sprachgrenze, die ungefähr auf der Höhe von Düsseldorf-Benrath von West nach Ost verläuft und grob die mitteldeutschen von den niederdeutschen Dialekten trennt. „Aber das fächert sich dann natürlich noch weiter auf, zum Beispiel ins Niederrheinische und ins Mittelrheinische und so weiter“, sagt Denkler. In Westfalen seien wiederum viele Begriffe aus dem hohen Norden Deutschlands gebräuchlich. Zudem lasse sich nicht alles exakt zwischen dem Rheinland und Westfalen aufteilen, wie das Beispiel „Fitz“ oder „Fietze“ deutlich mache.

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