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#Die Angst des Mannes vor dem Flügel

Die Angst des Mannes vor dem Flügel

Es ist zehn Jahre her, dass ich diese Zeichnung sah – das Original, denn natürlich kannte man sie als Reproduktion aus dem seit 1979 immer wieder aufgelegten Band „Sempés Musiker“. Die Tuschezeichnung mit dem kleinen Mann auf dem Weg zum riesigen Klavier misst fast einen Dreiviertelmeter in der Breite, und sie hing gleich gegenüber der Eingangstür in Jean-Jacques Sempés Dachatelier an einem der großen Boulevards auf der Rive Gauche von Paris: ein Blickfang, der sogar vom spektakulären Panoramafenster mit freiem Blick über die ganze Stadt bis zu Sacré-Cœur ablenkte. In keiner anderen Zeichnung aus seiner mittlerweile siebzigjährigen Karriere hat der 1932 geborene Sempé sich selbst so sehr aus dem Herzen gesprochen: Er hatte Musiker werden wollen, ein Pianist wie der von ihm vergötterte Duke Ellington, doch die Herausforderung, das Instrument auf vergleichbare Weise zu meistern, schreckte ihn ab. Die Angst des Eleven vor dem Flügel schenkte uns einen der größten Karikaturisten.

Beim Auktionshaus Artcurial hat Sempé jetzt 52 Bilder aus eigenem Besitz versteigern lassen; diese Provenienz, die sie als für ihn zentrale Werke aus dem unüberschaubar großen Schaffen des Zeichners ausweist, schlug sich in Schätzpreisen nieder, die noch nie für Sempés bezahlt worden waren. Gleich vierzehn Arbeiten waren jeweils mit bis zu 50.000 Euro angesetzt. Aber nur eines davon übertraf beim Zuschlag diese Marke: die hinreißend kolorierte Szene eines Festakts im Central Park am amerikanischen Nationalfeiertag, bei dem ein einziges störrisches Kind im Publikum seinen Ballon nicht in der blau-weiß-roten Traube hat mitfliegen lassen. Mit Aufgeld erbrachte diese Titelbildzeichnung für das Magazin The New Yorker fast 70.000 Euro, während von den anderen dreizehn höchstgeschätzten Blättern gleich sechs unverkauft blieben.

Sempé wird es verkraften, auch wenn er in einem persönlichen Statement fürs Katalogvorwort damit kokettiert hatte, dass Kaufinteresse seiner Eitelkeit „enorm schmeichele“ und ihm das Gefühl gebe, doch „etwas Akzeptables gezeichnet zu haben, auch wenn ich immer das Gegenteil glaube“. Immerhin liegen die bei Artcurial nun erzielten Preise um ein Vielfaches über dem, was Sempé-Originale bislang auf Auktionen erbrachten. Insofern ist die Kalkulation des Auktionshauses aufgegangen; zwei von Privatsammlern eingelieferte Blätter, die der persönlichen Auswahl Sempés hinzugefügt worden waren, konnten mit 12.350 und 19.500 Euro Preise erzielen, die sie in anderer Umgebung kaum erreicht hätten.

Insgesamt erzielte die Auktion mit Aufgeld 1,176 Millionen Euro; bei moderater taxierten Bildern wurden die Erwartungen oft übertroffen. So brachte eine auf bis zu 20.000 Euro geschätzte detailreiche Ansicht der Place Saint Sulpice in Paris mehr als 33.000 Euro, und das famose Pianisten-Bild, erstaunlich moderat mit bis zu 25.000 angesetzt, kam ebenfalls auf rund 33.000 Euro. Nun wird es sich in andere Blickfangkonkurrenz begeben. Adieu.

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