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#Die besten Filme des Jahres

Die besten Filme des Jahres

© Mammut Vision – stock.adobe.com

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2020 war ein schweres Jahr für die Kinobranche. Nichtsdestotrotz sind auf verschiedensten Wegen interessante Filme erschienen, die umso deutlicher machen, welche Kraft das Medium noch immer besitzen kann. Ein Rückblick auf zehn herausragende Werke.

Platz 10: Tenet

Blockbuster-Spezialist Christopher Nolan („Interstellar“, „The Dark Knight“) sollte nach den coronabedingten Schließungen wieder Leben in die Kinosäle bringen und polarisierte mit seinem neuen Sci-Fi-Thriller vielleicht stärker denn je. Auch in der DIGITAL FERNSEHEN Redaktion sorgte die komplizierte Zeitreise-Geschichte für geteilte Meinungen (hier geht es zu Pro und Contra).

Nichtsdestotrotz ist Nolans akribisch durchkonstruierter, höchst aufwendig produzierter Thriller über die bevorstehende Öko-Katastrophe, einen Dritten Weltkrieg und die Frage nach der Umkehrbarkeit der Geschichte ein Film, der nach diesem Krisenjahr für die Kinos im Gedächtnis bleiben wird und den man unbedingt gesehen haben sollte.

„Tenet“ startete am 26. August in den Kinos.

Platz 9: Family Romance, LLC

Werner Herzog, einer der letzten deutschen Regie-Giganten der vergangenen Jahrzehnte, stößt in Japan auf Verstörendes. Eine Firma vermietet Darstellerinnen und Darsteller, die als Ersatz für verstorbene Familienmitglieder gebucht werden können. Nicht nur der Film selbst arbeitet in einer Grauzone zwischen Dokumentarischem und Fiktivem, Gespielten. Herzogs „Family Romance, LLC“ stellt die Frage nach dem Realen und Erdachten, dem Inszenieren im Alltag, der Wahrhaftigkeit von Gefühlen und deren Käuflichkeit im 21. Jahrhundert noch einmal neu.

Versponnen, abschweifend, Ja. Zwischendurch gibt es einen Abstecher in ein modernes Roboter-Hotel; die Bedienung an der Rezeption, die Fische im Aquarium nur noch Maschinen. Ein unbequemer Zukunftsblick, aber nie ein rein verurteilender. Herzogs starker Film zeigt die Krise des Menschen, der sich seiner eigenen Identität nicht mehr sicher sein kann.

„Family Romance, LLC“ ist seit dem 3. Juli auf der Streamingplattform Mubi verfügbar.

Platz 8: Malmkrog

Cristi Puius monströser Film lädt in ein nobles Herrenhaus irgendwann um 1900. Draußen Schnee, innen versammelt sich die feine Gesellschaft. Ein Hauch Tolstoi. Ganze 200 Minuten lang verfolgt „Malmkrog“ den Tagesablauf der feinen Herren, die sich immer weiter in hitzige Debatten über Politik, Moral, Philosophie, Hygiene, Krieg und Antichrist verstricken. Radikalisierungen unter gehegter Fassade, Reich diskutiert über Arm, im Hintergrund braut sich eine Revolution zusammen, es wird dunkler draußen.

„Malmkrog“ ist zeitgemäßes Europa-Portrait, das aus der Vergangenheit in die Gegenwart blickt. Ein mit kaum zu fassender Formstrenge inszeniertes, elegantes Kammerspiel, dessen lange Kameraeinstellungen trügerische Kontrolle suggerieren. Zunächst ist es ein Ohnmachtsanfall, der das Uhrwerk aus dem Takt bringt, dann eine Ohrfeige, später werden Schüsse im Haus fallen. Und immer weiter wird diskutiert und diskutiert, bis zur völligen Zivilisationsmüdigkeit. Ein anstrengender Film, aber ein herausragender, reichhaltiger.

„Malmkrog“ eröffnete 2020 die neue Berlinale-Sektion „Encounters“. Ein Kinostart steht noch aus.

Platz 7: Der schwarze Diamant

Adam Sandler am Rande des Nervenzusammenbruchs: Die Safdie Brüder („Good Times“) werfen in „Der schwarze Diamant“ einen einzigartig intensiven Blick in das New Yorker Diamantenviertel. Sandler betreibt hier mit einigen Kollegen ein Schmuckgeschäft, ist wettsüchtig, sein Schuldenberg wächst immer weiter an, der Kopf ist kaum noch aus der Schlinge zu ziehen.

Kapitalismusstudie mit höchster Nervosität. Rastlose Kamera, Stimmen, die sich permanent überlagern, keine Zeit für Entspannung. Vielleicht die einzig logische Form, diese Lebensrealität darzustellen und abzubilden. „Der schwarze Diamant“ ist Überforderungskino für eine überfordernde Welt, immer kurz vor dem Kollaps. Weil neuer Gewinn schon an der nächsten Ecke winkt, die Gier keine Grenzen kennt, weil die Abstiegsangst wächst, weil der Absturz umso dramatischer wird.

„Der schwarze Diamant“ ist am 31. Januar bei Netflix erschienen.

Platz 6: Oeconomia

Was ist Geld? Was sind Schulden? Wie hängt beides zusammen? Mit diesen simplen Fragen startet Carmen Losmann („Work Hard Play Hard“) eine bemerkenswert klare Spurensuche, die an den Grundfesten des Kapitalismus rüttelt. Was sich nach einem furchtbar trockenen Aufklärungsfilm anhört, wird bei Losmann regelrecht zum Thriller, der das Unsichtbare, Unverständliche unseres Wirtschaftssystems greifbar und verständlich werden lässt.

In einem Mix aus teils besorgniserregenden Interviews, Visualisierungen und Experteneinschätzungen entwirrt die Regisseurin ein brüchiges Geflecht. Immer im Blick: die Gebäude und Zentren, die diese Ideologien eingeschrieben haben. Glasfassaden, die Transparenz vorgaukeln und nach diesem Film tatsächlich kaum noch etwas verbergen können.

„Oeconomia“ startete am 15. Oktober in den Kinos.

Platz 5: 1917

Zwei Soldaten, eine Mission zur Verhinderung der Katastrophe. Mit nur einem sichtbaren Schnitt erforscht Regisseur Sam Mendes in „1917“, wie der Kriegsalltag in Echtzeit und mit immersiver Kraft im Kino erfahrbar gemacht werden kann. Doch trotz überwältigend schöner Bilder (fast zu schön für den apokalyptischen Ersten Weltkrieg!) und beschworener Hochspannung ist „1917“ kein bloßes Spektakel geworden.

Vielmehr ein Kriegsfilm, der Inszenierungsstrategien selbst verhandelt. In dem Filmoptik zu Videospiel und Theater und wieder zu großen Hollywood-Bildern wird. In dem Fremd- und Eigensteuerung der Soldaten hinterfragt und das Schauspiel, das Inszenierte der Kriegssituation offengelegt wird. Jeder Fehler, jeder falsche Schritt kann tödlich enden. Jeder Fehler, jeder falsche Schritt kann die akribisch antrainierte und durchgeplante Filmsequenz (zer)stören.

„1917“ startete am 16. Januar in den Kinos.

Platz 4: The Third Day: Autumn

„The Third Day“ hat zunächst wenig Originelles zu bieten. Zwei Figuren landen auf einer abgeschotteten Insel, die Bevölkerung verhält sich merkwürdig, pflegt ominöse pagane Riten. „Wicker Man“ und „Midsommar“ lassen grüßen. Für das Zwischenspiel der sechsteiligen HBO-Miniserie hat man sich jedoch Besonderes überlegt. Ein zwölfstündiger Film zwischen Kino und Theater, live in seiner Entstehung, im Netz live gestreamt. „The Third Day: Autumn“ ist ein Ereignis von Film, ein mitgeschnittenes modernes Passionsspiel, das sich einfach nicht in Sehgewohnheiten einfügen will. In dem sich Wundersames ereignet, aber das gar keine wundersamen Bilder findet, sondern vielmehr nach einer ganz eigenen, umwerfenden postsäkularen Ästhetik sucht, die das religiöse Ereignis verlangt.

Ein beschmutzter Kamerablick, der in einer fast ununterbrochenen Einstellung hypnotisch einsaugt und dann doch immer wieder zurückstößt. Durchweg Unbehagen, ein Ritual, das auf seinen Effekt wartet. Das sich zugleich zum rauschenden Hexentanz und Fest entwickelt, das es so heute eigentlich nicht mehr gibt. Eine Geselligkeit, die das Jahr 2020 verwehrt hat und nun vor den Bildschirm verlagert wird. Aber Vorsicht: Tanz auf blutigem Boden!

„The Third Day“ startete am 26. November bei Sky, „Autumn“ gibt es auf Facebook als Mitschnitt zu sehen.

Platz 3: I’m Thinking of Ending Things

Charlie Kaufman hat Iain Reids Psychothriller „I’m Thinking of Ending Things“ als Film adaptiert und übertrifft die Vorlage um Längen. Eine namenlose junge Frau fährt mit ihrem Partner zu den Schwiegereltern. Sie denkt daran, die Beziehung zu beenden. Bei den Eltern schlägt die angespannte Stimmung ins Surreale um. Identitäten werden vertauscht, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft durchkreuzen sich in einer Spukhaus-Erzählung, die die Wahrnehmung ins Ungewisse führt. Und damit ist erst der halbe Film überstanden.

Kaufmans Ritt durch verschiedene Hollywood-Genres nimmt zwar hier und da zu deutlich seine eigenen Ebenen (nebst Lektürekanon) vorweg, ergibt letztendlich aber einen Trip, der seine eigene Kritik gleich selbst vorwegnimmt. Wozu sich klammern an diese erdachten Lichtgestalten auf dem Bildschirm? Was erhoffen wir uns eigentlich von dieser simulierten Realität, die die Kamera enthüllt? Wir alle sind manipulierbar, gerade im Kinosessel. Unser Denken womöglich nur in Hollywood-Bildern möglich. Kaum ein Film hat das in letzter Zeit so mitreißend unheimlich hinterfragt wie „I’m Thinking of Ending Things“.

„I’m Thinking of Ending Things“ ist am 4. September bei Netflix erschienen.

Platz 2: Lovers Rock

Fast stillschweigend hat Amazon das neue Projekt von Oscar-Preisträger Steve McQueen („12 Years a Slave“) veröffentlicht. In der fünfteiligen Anthologie „Small Axe“ erzählt der Brite über mehrere Dekaden hinweg vom Leben karibischer Migranten in London. Der zweite Teil der Reihe, „Lover’s Rock“, ist dabei nicht nur der Höhepunkt der Anthologie, sondern ein schnörkelloses Meisterwerk in diesem Jahr. In nur einer reichlichen Stunde zeigt McQueen eine Partynacht, die mit höchster Sinnlichkeit eingefangen wird. Eng umschlungene Körper, laute Musik, das Farbenspiel, die Lichtsetzung, alles meisterhaft in Szene gesetzt. An der Tapete rinnt der Schweiß herab. Eine berauschende Party als Flucht vor der Realität. Einen Schritt vor der Tür warten Rassismus, Armut und Polizeigewalt.

McQueen zeigt die Gruppendynamik im Haus, wie sich das Feiern ekstatisch, teils fast gewalttätig hochschaukelt. Zwischendrin wird man Zeuge einer Vergewaltigung, Konflikte brodeln unterschwellig. Und doch ist da auch diese Intimität, die der Film so genau beobachtet einfängt. Eine Liebesgeschichte, die sich zart aus der Menschenmenge auf der Tanzfläche herausschält. Eine Nacht, die alle Sorgen vergessen lässt, bis es zum Schluss wieder in den Alltag zurück geht. Diese 70 Minuten Film werden bleiben.

Seit dem 13. Dezember sind alle Teile von „Small Axe“ bei Prime Video im Originalton verfügbar.

Platz 1: Days

Der taiwanesische Regisseur Tsai Ming-Liang widmet sich in seinem elften Langfilm erneut seinen zentralen Themen: die Einsamkeit der Großstadt, verzweifelte Individuen und die Sehnsucht nach Nähe. Selten hat jemand die Einsamkeit so intensiv auf Film gebannt. Keine Dialoge, lange Kameraeinstellungen. Die Handlung auf ein Minimum beschränkt, aber von großer Vielschichtigkeit. Zwei Männer treffen sich in einem Hotelzimmer zu einer der intensivsten Erotikszenen der vergangenen Jahre, bis sich ihre Wege wieder trennen. Eine tragische Beobachtung zwischen Dokumentarischem und Fiktivem über gekaufte Liebe, über Oben und Unten und die zermürbende Anonymität.

„Days“ fasst den Schrecken der modernen Großstadt in traurige wie poetische Bilder, die einen in fast meditative Zustände versetzen. Zugleich ein Film der Leerstellen, der verlassenen Orte, aus der Ferne beobachtet. Was gibt es schon noch zu zeigen, fragen diese Bilder immer wieder müde. Herzzerreißend, wäre da nicht diese hoffnungsvolle Note zum Schluss! „Days“ war nicht nur der beste Film der 70. Berlinale, sondern auch der beste Film des Jahres 2020.

„Days“ ist derzeit in der Arte-Mediathek verfügbar.

Eine Übersicht über Enttäuschungen und die zehn schlechtesten Filme des Jahres 2020 gibt es hier.

Bildquelle:

  • Kino2: © Mammut Vision – stock.adobe.com

Von

Janick Nolting

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