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#Hilfe für Scheidungskinder von Frauke Angel und Meike Töpperwien

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Als Frauke Angel in einer Schulklasse fragte, wer Scheidungskind sei, reckte sie selbst beide Hände in die Höhe. Denn die Autorin von „Vorsicht, frisch geschieden!“ hat gleich zweimal erlebt, wie ihre Mutter durch eine Scheidung ging. Dass mehr als hunderttausend Kindern in Deutschland jedes Jahr widerfährt, was Angel einst selbst widerfahren ist, ist die erste Erkenntnis dieses Buchs. 120.000 waren es 2021. Diese Information habe sie „umgehauen“, schreibt Angel. Während ihrer Recherche besuchte sie vier Wochen lang Schulklassen und stellte fest: Die Statistik spiegelt sich eins zu eins in der Realität der Mädchen und Jungen wider – in jeder Klasse sitzen vier bis sieben Scheidungskinder.

All das erzählt Angel im Vorwort, einer Textform, die meist nicht durch Originalität besticht. Hier schon. Das Vorwort gehört sogar zu den charmantesten Parts von „Vorsicht, frisch geschieden!“. Nachdem Angel ihr Erstaunen über die vielen Betroffenen geschildert hat, zieht sie sich diskret zurück und gibt denjenigen, um die es geht, eine Stimme. Das fiktive Mädchen Fanny erzählt von einem schwierigen ersten Schultag, an dem sie sich erst als Trennungskind outen muss und dann – halb aus Trotz, halb aus Stolz – den „Club der geschiedenen Leute“ gründet.

Im Laufe des Buches lässt Angel die Mitglieder dieses Clubs von ihren Erlebnissen und Wünschen berichten. Meike Töpperwien hat wütende, neugierige, ängstliche und traurige Charaktere dazu gezeichnet. Manchmal gehen die Emotionen in die Körper der Eltern- und Kinderfiguren über: Nacheinander greifende Hände ziehen sich ellenlang, Haare explodieren zu einem schwarzen Gedankenchaos.

Anprangern von Vertuschung

In das Wirrwarr, das eine Trennung der Eltern auch für die Kinder bedeutet, bringt Angel auf beeindruckende Art und Weise Ordnung. Die gelernte Schauspielerin ist geübt im Umgang mit schweren Themen, auch über demente Omas, brustkrebskranke Mütter und sterbende Haustiere hat sie schon geschrieben.

Dass „Vorsicht, frisch geschieden!“ ihr erster Ratgeber ist, merkt man. Aber das tut dem Buch nur gut. Angel verzichtet neben all den Erklärungen zu Scheidungsrecht, Betreuungsmodellen und Hilfsangeboten nicht darauf, Geschichten zu erzählen. Von Metin, der die Trennung seiner Eltern jahrelang herbeisehnte, weil sein spielsüchtiger, alkoholkranker Vater die Familie terrorisierte. Von Karl, der sich über den „Club der geschiedenen Leute“ lustig macht und dann selbst Mitglied wird, weil sein Vater endlich als offen schwuler Mann leben möchte. Und schließlich von sich selbst.

Frauke Angel, Meike Töpperwien: „Vorsicht, frisch geschieden!“ Ein Survival-Buch für Trennungskinder. Klett Kinderbuch, Leipzig 2023. 144 S., geb., 20,– €. Ab 8 J.


Frauke Angel, Meike Töpperwien: „Vorsicht, frisch geschieden!“ Ein Survival-Buch für Trennungskinder. Klett Kinderbuch, Leipzig 2023. 144 S., geb., 20,– €. Ab 8 J.
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Bild: Klett Kinderbuch

Im Kapitel über Kinderarmut berichtet Angel, wie sie als Mädchen log, sagte, sie wolle aus Umweltschutzgründen nicht auf die Skifreizeit fahren. Dabei war ihre Mutter nur zu stolz, um die dringend benötigte finanzielle Unterstützung einzufordern. „Heute möchte ich behaupten, dieser Stolz war falsch“, schreibt Angel. „Er hat mich nicht nur um eine Schulfreizeit gebracht, sondern auch eine Ungerechtigkeit vertuscht.“

Das subtile Anprangern von Vertuschung und fehlender Kommunikation zieht sich durch das Buch. Weil viele Eltern ihren Kindern nie erklären, wieso sie getrennte Wege gehen, ist das Kapitel zu den Top-Ten-Trennungsgründen wohl das wichtigste. Es reicht von „Auseinanderleben“ (Platz eins) über „Geldprobleme“ (Platz fünf) bis „Herkunft“ (Platz zehn). Den Lesefluss stört dabei nur, dass immer wieder Begriffe fallen wie „Care-Arbeit“, „Naturalunterhalt“ oder „Düsseldorfer Tabelle“. Keine Wörter, die man als Achtjähriger oder Zehnjährige kennen muss. Gleich überlesen sollte man die „wilde Ehe“, von der Angel immer wieder spricht, als würde sie für einen Moment in die 1950er-Jahre zurückreisen.

Zum Glück kann man sich während dieser Zeitsprünge an den dicken Seiten festhalten. Sie sind so stabil – im Notfall halten sie auch Tränen aus. Denn Angel schont die Kinder nicht. Derart unwahrscheinlich ist es, dass geschiedene Eltern wieder zueinanderfinden, dass die Autorin dicke, schwarze Ausrufezeichen einsetzt.

Frauke Angel, Meike Töpperwien: „Vorsicht, frisch geschieden!“ Ein Survival-Buch für Trennungskinder. Klett Kinderbuch, Leipzig 2023. 144 S., geb., 20,– €. Ab 8 J.

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