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#Die Christen sah er als Gefahr

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Die Christen sah er als Gefahr

Genozide haben ihren Klang. Mit Lilili-Trillern stachelten türkische und kurdische Musliminnen 1915/16 ihre Männer zu Raub und Mord an christlichen Armeniern an. Geplant von der osmanischen Regierung, geleitet von örtlichen Staatsvertretern, durchgeführt von Militärs und Zivilisten, stellt der Armeniergenozid den ersten großen Massenmord in der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts dar. Und wie bei anderen Genoziden ging es nicht nur um Morden, sondern auch um die Bereicherung der Täter.

Hans-Lukas Kiesers kluge, sprachlich feine und nachdenkliche Biographie von Talât Pascha, dem Organisator des Genozids, verleiht der Ermordung von rund eineinhalb Millionen christlicher Armenier erstmals ein Gesicht. Talât war geprägt von der Krise des (Spät-)Osmanischen Reiches: christliche und muslimische Untertanen forderten Autonomie und Rechtsstaatlichkeit. Bei den Eliten wuchs die Furcht vor dem Zerfall des Reiches.

Talâts Sozialisierung erfolgte in Geheimorganisationen reformorientierter radikaler Offiziere. 1908 stürzten diese Jungtürken den autoritär herrschenden Sultan Abdul Hamid, der den Panislamismus als Herrschaftsideologie mobilisiert hatte, um auch nichttürkische Muslime wie Albaner, Kurden und Araber an das Reich zu binden. 1908 bestand eine Chance, auch die vielen Millionen osmanischer Christen über einen parlamentarischen Rechtsstaat für das Reich zu gewinnen. Die Jungtürken aber etablierten eine Militärdiktatur. Als diese in den Jahren 1911/12 gegen Italien und die Balkanstaaten vernichtende Niederlagen erlitt, radikalisierte sich ihre Führung.

Dreißigjähriger muslimischer Genozid

Das Schwanken zwischen revolutionärem Triumph und Jammer der Niederlage beeinflusste Talâts Denken. Hatte er einige Zeit mit Armeniern zusammengearbeitet, sah er bald in diesen insgesamt eine tödliche Bedrohung für das Ziel seiner Gruppe: ein ethnisch und religiös homogenes Anatolien als Heimstatt einer islamisch-türkischen Nation. Die Armenier lebten sowohl in den großen Städten wie Istanbul als auch im östlichen Anatolien. Seit 1894 hatte Sultan Abdul Hamid blutige Pogrome mit Zehntausenden Opfern inszeniert. 1909 war es in Südanatolien zu weiteren Massakern an Armeniern gekommen. Die israelischen Historiker Benny Morris and Dror Zeevi sprachen jüngst von einem dreißigjährigen muslimischen Genozid an den Christen Anatoliens, der 1894 begann und mit Tod, Vertreibung und Flucht der Opfer 1924 abgeschlossen wurde.

Die wirtschaftlich erfolgreichen armenischen Kaufleute und Freiberufler störten die muslimischen Eliten ebenso wie die Klagen der armenischen Bauern in Ostanatolien, die von türkischen und kurdischen Grundbesitzern und Bandenführern enteignet und brutal behandelt wurden. Als sich die Großmächte am Vorabend des Ersten Weltkriegs dieser Frage annahmen, erschien dies Männern wie Talât als Kontrollverlust des Imperiums. Ihre Antwort auf die vielstimmigen Rufe nach Reform und Besserstellung der Christen war radikale Zentralisierung und Militarisierung der Macht. Sie waren gefangen in einem Ideengeflecht aus Sozialdarwinismus und extremer Christenfeindlichkeit.

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