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#Die deutsche Wirtschaft meidet den Konflikt mit Belarus

Die deutsche Wirtschaft meidet den Konflikt mit Belarus

Die schärfste Reaktion auf die erzwungene Landung eines Passagierflugzeugs kam am Montag von der betroffenen Fluggesellschaft Ryanair. Vorstandschef Michael O’Leary sprach von einer „staatlich unterstützten Entführung“, gar von „Piraterie“. Der ganze Fall sei für die Passagiere und die Besatzung des Flugzeugs „sehr erschreckend“ gewesen. Die Crew habe sich aber phänomenal gut verhalten und nach sechs Stunden in Minsk das Flugzeug wieder gestartet.

Katharina Wagner

Wirtschaftskorrespondentin für Russland und die GUS mit Sitz in Moskau.

Die Reaktion des Wettbewerbers Lufthansa fiel dagegen wesentlich nüchterner aus. Kein Wort der Solidarität oder Anteilnahme, nur ein kurzer Hinweis auf die eigenen Flugpläne: „Derzeit nutzen wir den Luftraum über Belarus regulär“, ließ der Konzern auf Anfrage mitteilen. Lufthansa fliege auch planmäßig zwischen Frankfurt und Minsk. „Die Situation wird weiter beobachtet, Sicherheit hat bei Lufthansa oberste Priorität.“

Auch andere übten sich in Zurückhaltung: Der Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft wollte den Vorgang nicht kommentieren, ebenso der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Dabei zieht die politische Machtdemonstration des autoritären Regimes gegenüber einem Oppositionellen gleichzeitig auch die Sicherheit des internationalen Luftverkehrs in Mitleidenschaft. Für Irritation sorgte zudem, dass litauischen Angaben zufolge nach dem Zwischenstopp in Minsk fünf Passagiere nicht den Weiterflug nach Litauen angetreten haben. Ryanair geht davon aus, dass es sich dabei um belarussische Geheimdienstmitarbeiter gehandelt habe.

Zuletzt kam es wegen der Eishockey-WM zu Konflikten

Für Unternehmen ist der Umgang mit der Regierung in Minsk schon seit Langem eine Gratwanderung, die auch immer wieder zu harten Auseinandersetzungen führt. Erst Ende April verbot Belarus für ein halbes Jahr die Einfuhr bestimmter Produkte europäischer Hersteller, etwa der tschechischen VW-Tochter Škoda, des deutschen Motorölherstellers Liqui Moly sowie des deutschen Kosmetikkonzerns Beiersdorf. Der Grund: Die Unternehmen hatten im Januar mitgeteilt, die diesjährige Eishockey-Weltmeisterschaft nicht zu unterstützen, wenn diese wie geplant teilweise in Minsk stattfinden würde; Škoda ist Hauptsponsor des internationalen Eishockeyverbands. Daraufhin entschied dieser Anfang Februar, das Turnier ausschließlich in Lettland abzuhalten.

Die Auseinandersetzungen können die Wirtschaft des Landes unter Druck setzen, denn für Belarus mit seinen knapp neuneinhalb Millionen Einwohnern sind einige EU-Länder und insbesondere Deutschland wichtige Handelspartner. Im vergangenen Jahr war die Bundesrepublik mit rund 5 Prozent des Gesamthandels viertwichtigster belarussischer Handelspartner. Zu den etwa 350 deutschen Unternehmen, die in Belarus aktiv sind, gehören Industriekonzerne wie Siemens und Bosch genauso wie Mittelständler aus der IT-Branche.

Eingeführt aus Deutschland, das bei den Importen 2020 den dritten Platz belegte, werden vor allem Maschinen, Chemieprodukte, Autos und Kfz-Teile. Belarus exportiert vorrangig Mineralprodukte, Metalle, chemische Erzeugnisse und Holz – 2020 gingen Waren im Wert von etwa 730 Millionen Euro nach Deutschland, das damit fünftgrößter Abnehmer war. Die belarussische Opposition wirft ausländischen Unternehmen immer wieder vor, durch ihre Geschäfte mit staatlichen Stellen das Regime von Machthaber Alexandr Lukaschenko zu unterstützen. Zuletzt geriet Siemens wegen der Lieferung von Gasturbinen an belarussische Staatsbetriebe in die Kritik.

Mit Abstand am meisten Handel betreibt Belarus mit Russland, das für fast die Hälfte des gesamten Warenumsatzes steht – und das Belarus immer wieder mit Krediten dabei hilft, die seit Langem stagnierende Wirtschaft am Laufen zu halten. Ein großer Teil der belarussischen Wirtschaft befindet sich nach wie vor unter staatlicher Kontrolle, die Privatwirtschaft kann sich kaum entwickeln. Eine Ausnahme waren bis zum Ausbruch der Proteste gegen Machthaber Alexandr Lukaschenko Sonderwirtschaftszonen wie der „Hi-Tech-Park“, in dem günstige Bedingungen für IT-Unternehmen und Start-ups galten, die auch für ausländische Unternehmen attraktiv waren – unter anderem wegen der günstigen und gut ausgebildeten Arbeitskräfte. Nach der Wahl im August gingen aber auch viele Anhänger der IT-Szene gegen Lukaschenko auf die Straße; viele von ihnen wurden verhaftet.

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