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#Die Flucht ins Leben

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Die Flucht ins Leben

Unsere Schöpfungsgeschichte dauerte keine sieben Tage und schon gar keine Jahrmillionen, sondern knapp drei Stunden. An ihrem Anfang, als wir in Puerto de Mogán im äußersten Südwesten Gran Canarias aufbrachen, war die Erde wüst und leer, schroff und schrundig, eine Ödnis aus Staub und Geröll, durch die sich ein handtuchschmales, offensichtlich exklusiv für uns gebautes Sträßchen so haarsträubend steil wie ein Klettersteig wand, immer höher hinauf und immer tiefer hinein ins Herz der Insel. Es war eine schaurig-schöne Welt, denn in dieser Wüstenei konnten wir die Gewalttätigkeit der Erdgeschichte in aller Brutalität besichtigen: Gran Canaria hat sich mit der Kraft seiner Vulkane selbst zersprengt und ein grandioses Zerstörungswerk aus Schluchten und Schlunden, Basaltbrocken und Felstürmen, steinernen Obelisken und gespenstischen Überresten eingestürzter Kraterwände hinterlassen, einen kanarischen Grand Canyon aus rötlichem Vulkangestein, in dem der Mensch ganz klein und sehr demütig wird, weil er sich noch gar nicht erschaffen wähnt.

Jakob Strobel y Serra

Die Schöpfung stand aber nicht still, und so wurde es wie von Zauberhand mit jedem Kilometer in Richtung Norden allmählich grüner. Zuerst krallten sich einzelne Agaven in den Fels, dann taten es ihnen Dornbüsche gleich, schließlich tauchten die ersten Pinien auf. Nach einer Stunde war der gesamte Steinboden mit Piniennadeln bedeckt, und kurz darauf wurde aus der Ödnis ein Garten Eden voller Farne und Bambuswälder, Mandelbäume und Araukarien, Bananenplantagen und terrassierten Gemüsefeldern, so üppig und fruchtbar, als hätte es die wüste Leere des Südens nie gegeben. Das geschah bei Tejeda, das sich ganz offiziell eines der schönsten Dörfer Spaniens nennen darf und diesen Ehrentitel eher mit seiner Lage als seiner Architektur verdient. Seine schneeweißen Häuser kleben inmitten des roten Gesteins wie ein Adlerhorst himmelhoch an einer Bergflanke über einem riesigen Felsrund. Und die am höchsten gelegenen Häuser blicken am Horizont auf etwas Unglaubliches: auf den Teide, den höchsten Berg Spaniens, diesen fast viertausend Meter hohen Koloss auf der Nachbarinsel Teneriffa, der wie eine Geisterscheinung aus dem Wasser aufsteigt, viel zu groß für die Proportionen dieser Inseln, so unwirklich gigantisch, dass man ihn für eine Schimäre halten will, für eine Fata Morgana in der Bergwüste.

Ein Jahr wie eine Achterbahnfahrt

Die Wirklichkeit erscheint in diesen pandemischen Tagen oft unwirklich auf Gran Canaria. Denn Normalität und Ausnahmezustand, Wut und Verzweiflung, Hoffnung und Lähmung führen ein seltsames Miteinander auf der Insel, in deren massentouristischen Epizentren Maspalomas und Playa del Inglés Totenstille herrscht, während ein paar Kilometer weiter westlich in Arguineguín Hunderte afrikanischer Elendsflüchtlinge wie menschliches Strandgut auf den Kais hausen, ein paar Kilometer weiter nördlich in der Hauptstadt Las Palmas die Pandemie nur noch ein hypothetischer Schrecken zu sein scheint und ein paar Kilometer ins Landesinnere die Dörfer in einem Dornröschenschlaf liegen, aus dem sie nie mehr zu erwachen scheinen.

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