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#Die große Fachkräfte-Frage

Die große Fachkräfte-Frage

Einmal und nie wieder: So beschreibt Ioannis Tsantoulis, Inhaber eines Dentallabors im Westen von Nürnberg, seine Erfahrungen mit der Rekrutierung von Fachkräften im Ausland. Fast ein Jahr lang hatte er nach einem Zahntechniker gesucht, erst in Deutschland, dann auch außerhalb: in Griechenland, von wo er 1988 selbst nach Deutschland kam, in Spanien und Portugal. Schließlich bekam er eine Bewerbung aus Serbien, die ihn überzeugte. Über den Prozess, der folgte, kann er jedoch bis heute nur den Kopf schütteln: „So viel Papier, so viel Bürokratie. Ich war oft kurz davor, einfach aufzugeben.“

Tsantoulis wollte den Mann zunächst über die „Westbalkanregelung“ ins Land holen, mit der Menschen aus bestimmten Ländern ohne formale Qualifikation einreisen dürfen, vorausgesetzt, sie haben Arbeit. Doch im deutschen Konsulat in Belgrad tat sich über viele Monate: nichts. Dann hörte Tsantoulis vom „beschleunigten Verfahren“ im Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das im März vergangenen Jahres in Kraft getreten ist.

Menschen aus Drittstaaten können damit schneller ein Visum und die Anerkennung des ausländischen Abschlusses erhalten. Tsantoulis zahlte rund 500 Euro – „Ich dachte, das gibt es nur in Griechenland“ –, und tatsächlich dauerte es danach nur noch wenige Wochen, bis alles geregelt war. Ob sich der Aufwand gelohnt hat, weiß er jedoch bis heute nicht. Noch kann er seinen neuen Mitarbeiter beim Herstellen von Brücken, Kronen und Zahnersatz jedenfalls nicht voll einsetzen, da diesem noch einige Fachkenntnisse fehlen. Und was, wenn er irgendwann wieder geht?

Blue Card ausweiten

Das Beispiel aus Nürnberg ist nur eines von vielen, die zeigen: Wenn Deutschland mehr Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen will, muss sich noch einiges tun. Seit Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes können Unternehmen zwar endlich nicht mehr nur Akademiker, sondern auch beruflich qualifizierte Menschen aus Ländern außerhalb der EU anwerben: Köche, Schweißer, Elektriker, Mechatroniker. Wer einen Arbeitsvertrag und eine passende Qualifikation hat, darf kommen, so lautet das Versprechen. Was simpel klingt, erweist sich in der Praxis jedoch oft als große Hürde. Denn die duale Berufsausbildung ist in der Welt nahezu einzigartig. Für Ausländer ist es dadurch schwer, einen „gleichwertigen“ Abschluss nachzuweisen, wie es das Gesetz verlangt.

Diese Erfahrung hat auch Franziska Röder gemacht, die bei der Industrie- und Handelskammer in Nürnberg mehrere Jahre Unternehmen zu dem Thema beraten hat. Als Akademiker nach Deutschland zu kommen sei „ziemlich easy“, sagt sie. In einer zentralen Datenbank sind alle Universitäten und Abschlüsse erfasst, die als gleichwertig gelten. Beruflich qualifizierte Fachkräfte durchlaufen dagegen immer ein individuelles Verfahren. „Oft werden Zertifikate vorgelegt, die nicht ausreichen“, sagt Röder. Doch ohne einen anerkannten formalen Abschluss gibt es kaum eine Chance auf ein Arbeitsvisum.

Die neue Bundesregierung hat sich vorgenommen, hier noch einmal ranzugehen. Die Hürden in der Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen sollen sinken und Bürokratie abgebaut werden, heißt es im Koalitionsvertrag – wie genau wird nicht erklärt. Die Visavergabe wollen SPD, Grüne und FDP „beschleunigen und verstärkt digitalisieren“. Zudem haben sich die Ampelparteien auf zwei Vorhaben verständigt. Die Blue Card für Akademiker solle auf nicht akademische Berufe ausgeweitet werden. Zudem sollen Arbeitskräfte leichter zur Arbeitssuche nach Deutschland kommen können: mit einer „Chancenkarte“ auf Basis eines Punktesystems.

Konkurrenz mit China, Japan oder Kanada

Wie das in der Praxis konkret aussehen und aus den verschiedenen Ansätzen ein schlüssiges Gesamtkonzept werden soll, wird sich erst noch zeigen müssen. Daniel Terzenbach, der im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit (BA) für die Fachkräfteeinwanderung zuständig ist und vor allem im Bereich der Pflege mehrere Abkommen etwa mit Indonesien oder dem indischen Bundesstaat Kerala vereinbart hat, ist von den Plänen dennoch schon jetzt recht angetan. Terzenbach hat oft erlebt, wie sehr Deutschland mit anderen Ländern im Wettbewerb um Fachkräfte steht. „Nehmen Sie Indonesien: Da stehen nicht nur wir vor der Tür, sondern auch China, Japan oder Kanada“, sagt er. Ähnlich sehe es auf den Philippinen, in Vietnam und in Mexiko aus: „Wir müssen also sehr stark für uns werben, daran führt kein Weg vorbei.“

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