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#Die Herdenimmunität ist nichts als Wunschdenken

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Die Herdenimmunität ist nichts als Wunschdenken

Die Szene gehört schon jetzt zu den denkwürdigsten Momenten der Corona-Pandemie: Drei eben noch sichtlich angespannte und jetzt fröhlich applaudierende Wissenschaftler nehmen ihre Champagnergläser in die Hand und prosten sich fröhlich bei feierlich eingespielten Glockenschlägen zu: eine Epidemiologin der Universität Oxford, ein Mediziner der Harvard-Universität und ein Gesundheitsökonom von der Stanford-Universität. Mehr als eine Million Menschen sind an dem Tag, an dem diese Videosequenzen im getäfelten Saal eines Landguts in Great Barrington im amerikanischen Bundesstaat Massachusetts entstehen, der Covid-19-Pandemie bereits zum Opfer gefallen. 38 Millionen Menschen sind als infiziert registriert.

Joachim Müller-Jung

Joachim Müller-Jung

Redakteur im Feuilleton, zuständig für das Ressort „Natur und Wissenschaft“.

Fast überall hat die Ausbreitung von Sars-CoV-2 wieder Fahrt aufgenommen. Die drei Gelehrten aber, die hier auf dem Landsitz des „American Institute for Economic Research“ feierlich ein Dokument unterzeichneten, das als „The Great Barrington Declaration“ in den höchsten politischen Kreisen kursiert, haben nicht etwa die goldene Formel im Kampf gegen die tödliche Pandemie gefunden. Nein, die drei haben ein Papier unterschrieben, das die Pandemie-Politiker weltweit zum Umdenken zwingen soll – ein Gedankenexperiment, das als Petition gegen den wissenschaftlichen Mainstream formuliert ist und das inzwischen online von weit mehr als zweihunderttausend Menschen mit unterzeichnet wurde. Das Ziel lautet: „Herdenimmunität“.

Ein Dokument ohne Strategie

Seit Monaten geistert diese Vokabel durch die Welt. Wer die Eindämmung des Coronavirus mit den gängigen Maßnahmen für keine gute Lösung hält, der findet Herdenimmunität eine ideale Alternative. Dabei beschreibt sie im Great-Barrington-Dokument nicht etwa eine Strategie, sondern einen epidemiologischen Zustand. Wenn ein bestimmter Teil der Bevölkerung immun geworden ist, wächst der Ausbruch nicht weiter exponentiell an. Das ist die Idee. Neue Infektionen sind nach Überschreiten des Schwellenwertes dann zwar noch möglich, aber die meisten Ansteckungen starten nicht wieder neue Infektionsketten. Die Reproduktionszahl des Virus fällt unter eins. Ein genügend großer Teil der Menschen ist in der Herdenimmunität immun, die Seuche wird gestoppt.

Ein sinnvolles Gedankenexperiment also. Eines, das bisher aber nur Wunschdenken enthält – weshalb einer der Pandemieberater des amerikanischen Präsidenten, Scott Atlas, wenige Tage nach dem Great-Barrington-Treffen und einem Gespräch mit den drei Gelehrten die Idee aufgriff und zufrieden twitterte: „Sieht so aus, als würden sich Top-Wissenschaftler aus aller Welt der Covid-19-Politik von Donald Trump anschließen: erstens die Vulnerablen aggressiv schützen, und zweitens Schulen und die Gesellschaft öffnen.“ Das stimmt zwar nicht, was die Top-Wissenschaftler angeht. Es ist aber der Kern der Great Barrington Declaration: Der Großteil der Menschen soll sich fröhlich anstecken, ein „normales“ Leben führen können und die Herdenimmunität erzeugen, während die Risikopersonen radikal isoliert werden sollen.

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