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#Die Mär vom deutschen Sonderweg

„Die Mär vom deutschen Sonderweg“

Die deutschen Bischöfe sind nicht zu beneiden: Sie müssen in dieser Woche im Vatikan versuchen, Papst Franziskus und seine Kurienkardinäle von der Vorstellung abzubringen, Deutschland befinde sich am Vorabend einer zweiten Reformation. Zurück in ihren Bistümern dürfen sie dann um Verständnis dafür werben, dass die Priesterweihe für Frauen wohl auch fünfhundert Jahre nach der Reformation in der katholischen Kirche noch etwas auf sich warten lässt.

An diesem Montag beginnt der sogenannte Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe im Vatikan. Franziskus hatte sie vor einigen Tagen mit einem vergifteten Lob darauf eingestimmt: Es gebe schon eine „großartige“ evangelische Kirche, zwei davon brauche man aber nicht. Eine solche Warnung hat zwar wenig mit der kirchlichen Realität hierzulande zu tun. Aber sie sagt viel darüber aus, wie es derzeit um das Verhältnis der deutschen Katholiken zum Vatikan bestellt ist: Es hat einen historischen Tiefpunkt erreicht. Der Ton ist rau wie nie zuvor.

Der Grund für die Eskalation ist vor allem der „Synodale Weg“. Die deutschen Bischöfe hatten das ambitionierte und weltweit einmalige Reformprojekt im März 2019 mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) völlig konzeptlos aus der Taufe gehoben, als sie nach der Veröffentlichung ihrer Missbrauchsstudie mit dem Rücken zur Wand standen. Die Konfrontation mit dem Vatikan nahmen sie in Kauf.

Sehenden Auges in die Konfrontation

Es war von Anfang an klar, dass Forderungen wie jene, Frauen Zugang zu allen kirchlichen Ämtern zu verschaffen oder Bischöfe und Laien gleichberechtigt entscheiden zu lassen, in Rom die Alarmglocken schrillen lassen würden. Ebenso vorhersehbar war, dass selbst ernannte Gralshüter einer vermeintlich reinen Lehre jede Gelegenheit nutzen würden, um das Schreckgespenst einer schismatischen deutschen Nationalkirche an die Wand zu malen.

An der Konfrontation tragen die reformwillige Mehrheit der Bischöfe und ihr Vorsitzender Georg Bätzing eine erhebliche Mitschuld – ebenso wie das ZdK. Sie hielten es lange nicht für nötig, sich in der Weltkirche Verbündete für ihre Anliegen zu suchen und in Rom zu antichambrieren. Als dann der erwartbare Vorwurf aufkam, die deutschen Katholiken beschritten einen kirchlichen Sonderweg und beschäftigten sich vor allem mit Problemen, die andernorts in der Kirche völlig unbekannt seien, hatten die Bischöfe dem wenig entgegenzusetzen.

Weitgehend ungenutzt ließen sie bislang auch die unverhoffte Chance, die ihnen der Papst bot, als er einen weltweiten „synodalen Prozess“ ins Leben rief, um über die künftige Gestalt der Kirche zu beraten. Die Deutsche Bischofskonferenz und das ZdK zogen es vor, beleidigt zu sein, weil Franziskus nicht eins zu eins das deutsche Modell kopierte. Sie verkrochen sich in die Schmollecke: Die Eröffnung des „synodalen Prozesses“ in Rom fand ohne einen offiziellen deutschen Vertreter statt. Wen wundert es da, wenn die Deutschen in Rom als arrogant und besserwisserisch wahrgenommen werden?

Flämische Bischöfe machen es besser

Was unter Franziskus an Reformen möglich ist, wenn man es richtig angeht, demonstrierten unterdessen die flämischen Bischöfe. Sie führten im September eine Segnung für gleichgeschlechtliche Paare ein, ohne dass bislang eine Beschwerde aus dem Vatikan bekannt geworden wäre. Die deutsch-vatikanische Eiszeit hängt jedoch auch unmittelbar mit dem Regierungsstil von Franziskus zusammen. Der Papst, der erklärtermaßen Prozesse nur anstoßen will, ohne zu wissen, wo sie enden, provoziert damit Polarisierungen. Weil sich niemand hundertprozentig sicher ist, auf wessen Seite der Papst jetzt eigentlich steht, eskaliert der kirchenpolitische Schlagabtausch.

Gewöhnungsbedürftig für die Bischöfe ist auch, dass der Papst „vom Ende der Welt“ offenbar auch Deutschland dort verortet. Das zeigt nicht zuletzt die Causa Woelki, in der Franziskus das längst überfällige Machtwort hinauszögert. Selbst treueste Anhänger des Kölner Kardinals und postkolonialistische Kirchenleute stieß er vor den Kopf, als er die Lage im Erzbistum Köln mit jener in einem Bistum namens Arecibo auf Puerto Rico verglich.

Mit ihrem Karibik-Status müssen sich die deutschen Bischöfe vorerst abfinden, nach Canossa gehen müssen sie jedoch nicht. Das, was die Bischofskonferenzen aus aller Welt im weltweiten „synodalen Prozess“ nach Rom geschickt haben, hat die These vom deutschen Sonderweg endgültig als das entlarvt, was sie von Anfang an war: eine Propaganda-Mär.

Frauen, Klerikalismus und sexueller Missbrauch treiben die Katholiken in vielen Teilen der Welt um. Mit seiner Zusammenfassung der Ergebnisse hat der Vatikan den deutschen Gästen die beste Argumentationshilfe jüngst selbst an die Hand gegeben. Das sollte vorerst reichen, um eine Bannbulle gegen Georg Bätzing abzuwenden.

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