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#Die Mär vom grünen Wunderkabel

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Die Mär vom grünen Wunderkabel

Jahrzehntelang herrschten zwischen Deutschland und Norwegen klare Verhältnisse, jedenfalls in Sachen Energie: Norwegen liefert und Deutschland zahlt. Seit 1977 strömt norwegisches Erdgas durch eine Rohrleitung auf dem Boden der Nordsee nach Emden und von dort zu Millionen von Gasheizungen in Deutschland; 2020 waren es fast 50 Milliarden Kubikmeter, so viel wie nie zuvor und mehr als die Hälfte des deutschen Jahresverbrauchs.

Sebastian Balzter

Redakteur in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Nun ist die Energiepartnerschaft nicht mehr so einseitig: Am Donnerstag nehmen die Regierungschefinnen der beiden Länder, Angela Merkel und Erna Solberg, das erste Stromkabel zwischen Deutschland und Norwegen offiziell in Betrieb. Anders als beim Gas kann beim Strom mal Deutschland, mal Norwegen der Exporteur sein. Und genau deshalb gibt das 634 Kilometer lange Kabel namens „Nordlink“, das von Tonstad im Süden Norwegens nach Wilster in Schleswig-Holstein führt, auch viel mehr Anlass zur Kontroverse als die Gasleitung. Und weil davon bei dem Festakt, der aus Rücksicht auf die Seuche digital vonstatten geht, vermutlich kaum die Rede sein wird, lohnt es sich, vorab einen Blick darauf zu werfen.

Große Worte begleiten das „Nordlink“- Projekt, seit vor bald zehn Jahren die ersten konkreten Pläne dafür erstellt wurden. Eine Übertreibung ist auch dabei: Norwegen, das Land der Gletscher und Fjorde, werde durch Unterseekabel wie dieses zur „grünen Batterie“ Europas oder wenigstens Deutschlands, heißt es seitdem häufig. Was wäre auch schöner fürs grüne Gewissen, als Strom aus sauberer norwegischer Wasserkraft zu nutzen, der durch ein Kabel aus dem Norden nach Süden fließt? Und was wäre hilfreicher für die Energiewende in Deutschland als die Möglichkeit, den an der Küste bei frischer Brise im Überfluss produzierten Windstrom in den norwegischen Stauseen gleichsam zu parken, bis an der Nordsee Flaute herrscht und die Windräder stillstehen?

Allenfalls ein Puffer

Es stimmt ja: Norwegen deckt mehr als 90 Prozent seines Elektrizitätsbedarfs aus Wasserkraft, emissionsfrei und günstig. Rund 1700 Kraftwerke stehen an den vielen Flüssen und Seen des Landes. Sie sind flexibler als Kohle- oder Gaskraftwerke, können schneller ein- und ausgeschaltet werden. Und für sie gibt es, anders als für Windräder und Solaranlagen in Deutschland, keine Einspeisevergütung, selbst wenn günstigerer Strom aus anderen Quellen zur Verfügung steht. Sie können ihre Produktion also drosseln, wenn im Süden der Wind die Räder antreibt und die Sonne auf Solaranlagen scheint.

Aber um tatsächlich als große Öko-Batterie Deutschlands oder gar ganz Europas funktionieren zu können, reicht es trotzdem nicht. Selbst wenn noch viel mehr Seekabel gebaut würden als dieses eine. Es fehlt dafür in Norwegen schier an der verfügbaren Strommenge. Allein Deutschland kommt auf einen Stromverbrauch von rund 580 Terawattstunden im Jahr. Die versammelten norwegischen Wasserkraftwerke produzieren insgesamt nur etwas weniger als ein Viertel davon, zuerst einmal für den heimischen Bedarf. Mehr als ein kleiner Puffer können sie für Deutschland folglich nicht sein.

Abgesehen von den Größenverhältnissen gibt es einen weiteren Grund dafür, es mit dem Gedanken an die Batterie im Norden nicht zu übertreiben. Das neue armdicke Hochspannungs-Gleichstromkabel, für rund 2 Milliarden Euro vom norwegischen Netzbetreiber Statnett und einem Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Förderbank KfW und des deutsch-niederländischen Netzbetreibers Tennet gebaut, beginnt in Norwegen an einem Umspannwerk in der Nähe des Wasserkraftwerks von Tonstad.

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