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#Die Mafia spricht

Die Mafia spricht

Mitunter verwirrt uns schon eine kurze Zeitungsmeldung, und wir misstrauen etwas, dessen wir uns bislang gewiss waren. Vermutlich ist Ihnen in den letzten Tagen die Meldung untergekommen, die türkische Wirtschaft sei im ersten Quartal 2021 um sieben Prozent gewachsen. Vielleicht haben Sie auch gelesen, dass die Türkei mit dieser Wachstumsrate die Liste der OECD-Länder anführe. Die deutsche Wirtschaft dagegen ist im Vergleich zum vorangegangenen Quartal um 3,1 Prozent geschrumpft. Wie kann das sein? Hieß es nicht ständig, die Türkei stecke in einer schweren Wirtschaftskrise? Die „Wirtschaftswunder“ in unserem Land sind den Zaubertricks des Statistikamts TÜIK zu verdanken, dessen Leitung Erdogan inzwischen sieben Mal ausgewechselt hat.#

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Laut Statistikamt liegt die Inflation bei dreizehn Prozent, auf der Straße fühlt sie sich wie dreißig Prozent an. Das Loch, das der im vergangenen November von Erdogan abgesetzte Wirtschaftsminister, sein Schwiegersohn Berat Albayrak, in der Staatskasse hinterlassen hat, lässt sich nicht stopfen. Mit dem Verdampfen der Zentralbankreserven von 128 Milliarden wurde es umso schwerer, die Wirtschaft am Laufen zu halten. Obendrein stürzte die türkische Lira in nur zwei Monaten um zwanzig Prozent ab. Auf den Tourismus, die größte Devisenquelle der Türkei, können wir nicht hoffen. Russland hat ein Flugverbot in die Türkei verhängt. Bei Deutschland und England, die nach Russland die größte Anzahl Touristen stellten, stehen wir ohnehin auf der roten Liste. An den Stränden sind wir also unter uns.

Bülent Mumay


Bülent Mumay
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Bild: privat

Im „Wirtschaftswunderland“ Türkei boomt vor allem die Armut. Die Zahl der Pleiten stieg im Vergleich zum Vormonat April um 130 Prozent. Von den 81 Millionen Einwohnern des Landes sind mehr als zehn Millionen in die Armut abgerutscht. Da viele nicht in der Lage sind, ihre Schulden zu begleichen, explodiert die Zahl der Vollstreckungsverfahren: Ende April waren bei den Behörden 25 Millionen davon anhängig. Die Zahl der Insolvenzen ist so hoch, dass der Verein zur Unterstützung für in Not geratene Kleingewerbetreibende drauf und dran ist, selbst in Konkurs zu gehen. Die Mitgliederzahl hat sich in den letzten zwei Jahren mehr als verdoppelt, weshalb der Vorsitzende Tuncer Yildiz erklärte: „Wir sind Bankrott gegangen und haben einen Verein gegründet, der jetzt selbst vor der Pleite steht. Unsere Mittel sind knapp, wir sind kaum noch in der Lage zu helfen.“

Die Arbeitslosenzahlen gehen durch die Decke. Mehr als 11,1 Millionen junge Menschen sind arbeitslos. Etliche Dramen verbergen sich hinter der Statistik. Beinahe täglich erreichen uns Meldungen über Suizide junger Menschen. Als einem dreiundzwanzigjährigen Krankenhaustechniker das Gehalt nicht mehr zum Lebensunterhalt reichte, nahm er einen Nebenjob in einer Werkstatt an. Doch trotz zweier Tätigkeiten besserten sich seine Lebensumstände nicht, deshalb wählte er den Tod. Die Botschaft, die er hinterließ, zeigt, wie entkräftet er war: „Ich habe es nicht geschafft zu leben. Sorgt dafür, dass meine Eltern glücklich sind. Sie hätten gewollt, dass wir unter besseren Bedingungen aufwachsen. Es tut mir leid, ich bin kaputt.“ Und der vierundzwanzigjährige Ihsan B., der partout keine Arbeit fand, hinterließ eine Botschaft mit Kritik an der Regierung. Im Jenseits würden seine Hände „euch am Kragen packen, AKP-Regierung und Recep Tayyip Erdogan. Wir holen uns auf jeden Fall unsere Hoffnung wieder, um die ihr mich und Millionen junger Menschen gebracht habt.“

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