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#Die malenden Raubtiere von der Purpurküste

„Die malenden Raubtiere von der Purpurküste“

An kaum einem anderen Ort sind sich Berge und Meer so nah wie in Collioure. Die Al­bères, die Ausläufer der Pyrenäen an der französischen Mittelmeerküste, scheinen mit ihren schroffen Felsgraten regelrecht in die schäumenden Wellen hineinzutauchen. Morgens kränzen meistens noch Nebelfetzen die Wehrkastelle ein, die hoch oben angelegt worden waren, um das bis zum Pyrenäenfrieden von 1659 zu Katalonien gehörende Hafen- und Fischerstädtchen gegen Invasoren und Piraten zu schützen. Doch dann bricht die Sonne mit solch einer Wucht durch, dass sich Collioure in eine einzige mediterrane Farbpalette verwandelt. Das Wasser, auf dem die traditionellen katalanischen Fischerboote schaukeln, schimmert tintenblau. Die bunten Fassaden und Fensterläden der schmalen Häuser an den Pflastergassen strahlen in Aprikosen­orange, Malvenviolett, Sonnenblumengelb und Olivengrün. Die mützenförmige Kuppel des Kirchturms von Notre-Dame-des-Anges, der früher auch als Leuchtturm diente, überragt in zartem Rosa die leuchtend roten Ziegeldächer.

Nicht Formen färben, sondern Farben formen

Als Henri Matisse 1905 zum ersten Mal nach Collioure kam und sich in der Pension von Madame Rosette einmietete, war er vom Farbenspiel des Ortes und der Côte Vermeille, der sich südlich von Perpignan bis an die spanische Grenze erstreckenden Purpurküste, wie hypnotisiert. Aus seiner Kindheit und Jugend in Nordfrankreich kannte er eher das Grau der Schlackenhalden und das Schwarz des Fabrikrauches. Bis dahin in den hellen, diffusen Tönen des Impressionismus malend, ließ er nun die Farben pur und großflächig knallen. „Malen heißt nicht Formen färben, sondern Farben formen“, umriss er seine neue ungestüme Technik. Um eine bessere Sicht auf das Treiben im Hafen zu haben, richtete er sein Atelier im zweiten Stockwerk eines Hauses an der Plage Port d’Avall ein. Von außen sieht man bis heute das Fenster mit den grünen Klappläden und der Eisenbalustrade, das einem der berühmtesten Ölgemälde des Künstlers den Namen gab: „La fenêtre ouverte à Collioure“ zeigt das geöffnete Fenster, durch das man die Fensterbank mit Blumentöpfen und weiter entfernt den Hafen mit Schiffen sieht, alles in fast schon psychedelischen Farben strahlend.

Vorposten Kataloniens an der Küste der Provence: das königliche Schloss von Collioure.


Vorposten Kataloniens an der Küste der Provence: das königliche Schloss von Collioure.
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Bild: Picture Alliance

Matisse animierte gleichgesinnte Künst­lerfreunde wie André Derain, Maurice de Vlaminck, Kees van Dongen und Raoul Dufy, gleichfalls nach Collioure zu kommen, um sich dem Farbenrausch hinzugeben. Derain war entzückt: „Da ist vor allem dieses Licht – ein blondes, goldgefärbtes Licht, das jeden Schatten ausradiert. Für mich hat eine verwirrende Arbeit begonnen, denn alles, was ich bisher gemalt habe, scheint mir beschränkt.“ Doch die ersten Kreationen der in das Farbenspiel der Côte Vermeille vernarrten Koloristen lösten auf dem Herbstsalon 1905 in Paris Kopfschütteln aus. Es seien die minderwertigen Arbeiten von „fauves“, von Raubtieren, ätzte ein degoutierter Kunstkritiker. Allen Schmährufen zum Trotz machte der neue Kunststil, dem man den Namen Fauvismus gab, schnell Karriere, obwohl er kurzlebig war und nur bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges dauerte.

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