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#Die Eidgenossen lieben japanische Architektur

Die Eidgenossen lieben japanische Architektur

Das neue „The Circle“ genannte Gebäude am Flughafen Zürich ist das größte und teuerste Gebäude der Schweiz. Es hat mehr als eine Milliarde Franken gekostet, und seine Fertigstellung fällt ausgerechnet in eine schwere Krise der zivilen Luftfahrt, die droht, auch nach der Corona-Krise als „zuviele Luftfahrt“ gebrandmarkt zu werden. Auf elf Stockwerken wurden Büros, Hotels, ein gigantisches Konferenz-Zentrum, zwei Hotels und Läden gestapelt. Das Riesenbauvorhaben heißt zwar „The circle“, hat aber die Form eines auf der Innenseite gepixelten Bumerangs. Zum Flughafen Zürich hin hat es eine nach oben geneigte Glasfassade und zum rückwärtigen Butzenbüel-Hügel hin eine offene Struktur mit „Gassen“ und „Plätzen“.

Diese Wörter kann der japanische Architekt Riken Yamamoto, der das Haus entworfen hat, akzentfrei auf Deutsch aussprechen. Sein Bau wirkt architektonisch wie aus einem Guss wie ein Solitär, Yamamoto betrachtet es aber als Ensemble in der Tradition der „Gruppenform“, wie der Altmeister der japanischen Moderne, der Tokioter Architekt Fumihiko Maki, eine Strömung in der zeitgenössischen Architektur nennt, die als typisch für die angeblich konformistische japanische Gesellschaft interpretiert wurde. Die Fassaden des Zürcher Megabaus haben tragende Betonstützen, die mit Aluminium-Paneelen verkleidet wurden. Ihre Spannweiten variieren jedoch in den drei Stufen schmal, normal und breit.

Sie schimmern silbrig in der Sonne und haben keinerlei Farbe – bei bedecktem Himmel kann der „Circle“ von außen mausgrau wirken. Seine Raffinesse zeigt er erst im Inneren: Die „Gassen“ zwischen den Gebäuden haben Glasdächer, unter denen Läden und Restaurants ihre Fassaden individuell gestalten, nur darüber sind die Ansichten einheitlich, flach und bündig, ohne Vor- und Rücksprünge. Yamamoto geht es nicht um die große Form, sondern um eine „stimulierende Beziehung zwischen Innen- und Außenräumen“, wie er es nennt. „Ich entwerfe große Gebäude in scheinbar ganz einfacher Art“, sagt Yamamoto im Gespräch. „Das ist nur möglich, wenn Tragwerk und Entwurf miteinander harmonieren.“

Raumprägende Tragwerke

Tragwerk und Materialien hat Yamamoto minutiös aufeinander abgestimmt. Bei seinem Kunstmuseum in der japanischen Hafenstadt Yokosuka hat Yamamoto erstmals seine Vorstellung von derlei raumprägenden Tragwerken präzisiert. Die Architektur des „Circle“ wird von präzise gesetzten, schlanken Stützen geprägt, einem Symbol für „Swissness“. Der Begriff „Swissness“ steht für den japanischen Architekten für Präzision – vom Maßstab der Uhren bis zu Gebäuden.

Der Zwischenraum ist wichtiger als das Gebäude selbst: „The Circle“ am Zürcher Flughafen Kloten



Bilderstrecke



„The Circle“ in Zürich
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Eidgenossen lieben japanische Architektur

Yamamoto gilt als „Experte für den großen Maßstab“. Sein Professor Hiroshi Hara hat mit dem Bahnhof Kyoto und dem Umeda Sky Building in Osaka zwei Ikonen der Bigness in Japan geschaffen. Yamamoto ist der Raum zwischen Gebäuden wichtiger als die Gebäude selbst. Das Großgebäude besteht aus kleinen Teilen. Beim Entwurf für die Universität Saitama hat Yamamoto erstmals ein Großgebäude als „urbane Landschaft“ aufgefasst.

Der Zürcher Koloss ist nicht das größte Gebäude seiner Karriere, das SOHO-Wohnviertel in Peking war deutlich größer. Aber „The Circle“ ist Yamamotos erstes Gebäude in Europa.

Identität für einen Nicht-Ort

Für den französischen Anthropologen Marc Augé, der den Begriff des non-lieu geprägt hat, galten Flughäfen als beste Beispiele für diesen neuen Typus des „Nicht-Orts“. Yamamoto hat seinem Flughafengebäude hingegen eine örtliche Identität gegeben, der mehr ist als ein generischer Transit-Raum. Der „Circle“ ist eine neue Art von Stadt, ein kosmopolitaner Knotenpunkt des Konsums, an dem Menschen aus der ganzen Welt zusammenkommen. Wie in den Altstädten der Schweiz sollen die Räume flexibel nutzbar sein – eine „Altstadt mit neuer Technik“, wie Yamamoto es nennt. Yamamoto adaptiert dafür mittelalterliche Stadtstrukturen, um Dichte attraktiv zu gestalten. In seinem Buch „The Space of Power and the Power of Space“ beschäftigt sich Yamamoto mit Hannah Arendts „Vita activa“, in der sie die Linie zwischen Interieur und Exterieur als „Raum“ beschreibt. Darum geht es auch beim Entwurf für den „Circle“. Er ähnelt einer japanischen Metropole, denn seine große Form entsteht aus lauter kleinen Elementen.

Doch etwas Entscheidendes fehlt der Neustadt am Flughafen natürlich: Bewohner. Es gibt keine Kinder, keine Rentner und keine Familien, nur Hotelbewohner. Dennoch soll der Zirkel ein vollwertiger neuer Stadtteil für Kloten und für den Ballungsraum Zürich sein, an dem örtliche und internationale Einkäufer zusammentreffen; dieser Wandel der Flughafenareale zu Einkaufszentren auch für die, die gar nicht fliegen, ist vielleicht auch eine kluge Krisenstrategie: Der hochverdichtete „Circle“ soll den Flughafen von der Verkehrsdrehscheibe zur Destination machen.

Der Flughafen Zürich gilt als besterschlossener Ort der Schweiz, das muss ausgenutzt werden. Die Schweiz ist derzeit – neben Taiwan und Frankreich – das japanophilste Architekturimport-Land der Welt. Die Liebe der Schweizer zur japanischen Architektur rührt jedoch nicht allein aus deren Eleganz, sondern vielleicht auch aus der fernöstlichen Sensibilität dem Kontext gegenüber und dem Vermögen, aus Dichte Qualitäten zu generieren.

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