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#Die Politik muss auf höhere Inflation vorbereitet sein

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Die Politik muss auf höhere Inflation vorbereitet sein

Im Mai 1941 traf der britische Ökonom John Maynard Keynes junge amerikanische Kollegen in Washington, um mit ihnen über die Folgen der damals mit dem Zweiten Weltkrieg verbundenen starken staatlichen Ausgabenprogramme zu diskutieren. Die Amerikaner redeten nach Jahren einer ernüchternden Wirtschaftsentwicklung über die heilsamen Folgen staatlicher Schuldenpolitik für Konjunktur und Beschäftigung. Keynes redete über die Gefahren hoher staatlicher Verschuldung für die Inflation im Falle einer Überhitzung der Konjunktur. Damals betrug die Inflationsrate in den Vereinigten Staaten 2,3 Prozent, und die Neuverschuldung war dabei, von 2,8 Prozent (1941) der Wirtschaftsleistung auf 12,3 Prozent (1942) zu steigen. Als einen wahrscheinlichen Auslöser von Inflation betrachtete der Brite eine starke Verteuerung der Rohstoffe. Daher empfahl er rechtzeitig Gegenmaßnahmen, für die seine jungen amerikanischen Kollegen allerdings noch weniger Verständnis zeigten als für seine Analysen.

Auch wenn sich Geschichte nach einem bekannten Bonmot Mark Twains nicht wiederholt, sondern allenfalls reimt, lohnt ein Vergleich mit der Gegenwart: Heute befindet sich die Inflationsrate in den Vereinigten Staaten in etwa auf dem Niveau des Jahres 1941, und wie damals steigen die Preise für Rohstoffe deutlich. Im vergangenen Jahr erreichte die staatliche Neuverschuldung mit 14,9 Prozent der Wirtschaftsleistung ihren höchsten Stand in der Nachkriegszeit, und auch in diesem Jahr dürfte sie zehn Prozent überschreiten. Heute warnen Ökonomen der nicht mehr ganz jüngeren Generation wie Larry Summers, Olivier Blanchard und zuletzt auch Janet Yellen, die ihren Keynes noch gelesen haben, vor den Gefahren einer Kombination von konjunktureller Überhitzung und zunehmender Inflation, während sich viele jüngere Kollegen glücklich zeigen über jedes weitere Großprogramm, mit dem Präsident Joe Biden die staatliche Nachfrage erhöht.

Die Vereinigten Staaten sind im Konjunkturzyklus weiter vorangeschritten als die Europäer; angesichts einer jüngeren Bevölkerung und weniger verkrusteter und regulierter Märkte erfreuen sich die Amerikaner zudem eines bedeutenderen langfristigeren Wachstumspotentials als der Alte Kontinent. Aber auch in Europa dürfte die Wirtschaft mit den ins Laufen gekommenen Impfkampagnen im Jahresverlauf eine kräftige Erholung beginnen, die weit ins kommende Jahr tragen sollte. Eine stark steigende gesamtwirtschaftliche Nachfrage trifft auf ein Angebot, das von steigenden Rohstoffpreisen sowie in Teilen beschädigten globalen Lieferketten gekennzeichnet ist. Diese Entwicklungen werden im Laufe der Zeit auch die Verbraucherpreise nicht völlig unbeeinflusst lassen. Gegen Ende des Jahres könnte die Inflationsrate in Deutschland, durch vorübergehende Sondereffekte wie den Wegfall der letztjährigen Mehrwertsteuersenkung zusätzlich getrieben, die Marke von drei Prozent überschreiten.

Worauf es ankommt

Vorübergehende Anstiege von Inflationsraten müssen keine dramatischen Wirkungen entfalten. Das hatte die deutsche Wiedervereinigung gezeigt, als die Rate im Jahre 1992 immerhin 5,1 Prozent erreichte, danach aber rasch auf unter zwei Prozent fiel. Es wäre daher unseriös, heute eine Periode hoher Inflationsraten für sicher zu halten. Worauf es ankommt, hatte Keynes in seinen Gesprächen in Washington betont: Die Politik muss sich rechtzeitig für den Fall rüsten, dass Inflation ein ernsthaftes Problem werden könnte.

Gefordert sind die Geldpolitik ebenso wie die Finanzpolitik und die Außenwirtschaftspolitik. Die Geldpolitik sollte ihre Krisenmaßnahmen mit der allmählichen Überwindung der Krise konsequent reduzieren und mit einer Betonung ihrer Wachsamkeit gegenüber Inflationsgefahren die Bildung höherer Inflationserwartungen bei Verbrauchern und Unternehmen verhindern. Dann dürfen aber nicht unter allerlei Vorwänden Ankaufsprogramme von Anleihen einfach fortgeschrieben werden.

Die Regierungen müssten akzeptieren, dass expansive Finanzpolitik in der Krise ihren Platz hat, in einer Erholung aber kontraproduktiv wirkt und schlechte Wahlprognosen keine Rechtfertigung für die Infragestellung in der Verfassung verankerter Schuldenregeln bilden. Die Union wie die SPD tun sich keinen Gefallen, wenn sie, verzweifelt hinter dem grünen Zeitgeist herhechelnd, ihre Wahlchancen durch großzügige staatliche Verschuldungsbereitschaft verbessern wollen. Gerade SPD-Ökonomen sollten dringend Keynes lesen.

Brüchige globale Lieferketten wiederum verdeutlichen den hohen Wert der Weltwirtschaft. Wer ausländische Produktion zu hohen Kosten heimholen und billige ausländische Konkurrenz durch Zölle abwehren will, holt sich Inflation ins Haus.

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