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#Die Seelen der Kannibalen

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„Die Seelen der Kannibalen“

Ein Meisterwerk“ sahen die ei­nen; zu abgedreht, zu blutig, zu splatterhaft fanden es die anderen. Beim Filmfestival in Venedig war Luca Guadagninos Kannibalen-Saga „Bones and All“ von den Kritikern ebenso sehnsüchtig erwartet worden wie sein Star Timothée Chalamet von den an­gereisten Teenie-Fans. Wir trafen Guadagnino in Zürich, wo das dortige Filmfestival den 51-jährigen Regisseur mit dem „A Tribute to“-Preis für Werke wie „I am Love“, „A Bigger Splash“ und natürlich „Call Me by Your Name“ auszeichnete.

„Bones and All“ erzählt von der Suche zweier verlorener Seelen nach Identität. Wie wichtig ist es Ihnen, diese Geschichte in einer Gesellschaft zu erzählen, die es nicht immer leicht macht, anders zu sein?

Ich bin sehr glücklich und geehrt, dass ich für meine Arbeit so viel Anerkennung bekam. Aber, ehrlich gesagt, habe ich mich immer als jemand gefühlt, der außerhalb der Gesellschaft steht. Das hängt sicher mit meiner Biographie zusammen. Ich wurde zwei Monate zu früh geboren, in Palermo, wir zogen erst nach Äthiopien, dann zurück nach Italien, dann mal hierhin und dorthin. Es waren viele Umzüge. Meine Mutter ist Algerierin, mein Vater Italiener. Ich entdeckte sehr bald, dass meine Wünsche in eine Richtung gingen, die ich bei den meisten Menschen in meiner Umgebung nicht finden konnte. Ich fühlte mich noch mehr gezwungen, mein Ge­fühl des Andersseins und der Nichtzugehörigkeit zu nähren.

Durch Geschichten?

Es ist eine Art Instinkt von mir, Ge­schichten über Menschen zu erzählen, die nicht im Mittelpunkt stehen, sondern sich immer wieder außerhalb des Kreises finden, die dennoch danach streben, jemanden zu finden, der sie er­kennt, um sich im Auge des anderen zu sehen – und umgekehrt.

Können Ihre Storys anderen Außenseitern helfen?

Wenn jemand etwas von meiner Arbeit hat, dann die Erkenntnis, dass es schön ist, nicht von der Norm akzeptiert zu werden. Die Mehrheit hat ja nicht immer recht. Zugleich arbeite ich in einer Branche, bei der ich akzeptieren muss, dass die Mehrheit recht hat. Denn erst, wenn viele Menschen einen Film von mir sehen, gilt der Film als erfolgreich.

Für Sie ist Außenseitertum also auch das Privileg, Dinge aus einem völlig anderen Blickwinkel zu sehen. Im Kern Ihrer Arbeit steht dabei der Be­griff der Schönheit. Wo bleibt denn in „Bones and All“ die Schönheit in all dem Blutvergießen?

Ich sehe darin keinen Widerspruch. Wenn man an den großen Künstler Hermann Nitsch denkt, der mit viel Blut eine sehr fesselnde und subversive Kunst präsentiert hat, erkenne ich keinen Konflikt zwischen diesen beiden Begriffen. Wenn wir im Alltag Blut sehen, ob von uns oder von jemand anderem, ist es eine Epiphanie, ein Moment, der beunruhigt, überrascht. Blut ist Teil unserer Natur, eine ultimative, intime Basis unserer Existenz. Das Kino beschäftigt sich ja nicht nur mit dem Sichtbaren, sondern auch dem Un­sichtbaren. Im Film trage ich eine Sache, die innen ist, nach außen. Auch Schönheit ist die Möglichkeit, etwas zu sehen, das von vielen nicht gesehen wird.

War das Kino immer das Genre, in dem Sie sich am liebsten entfaltet haben?

Ja. Filme zu machen ist ein Glückspiel in der Dunkelheit. Man wirft die Würfel in der Finsternis, hofft, durch ihr Geräusch zu erraten, wie die Zahl lautet. Es ist eine ständige Aufgabe, diejenigen zu bekehren, die nicht ans Kino glauben. Selbst wenn ich morgen einen Film drehe, nachdem ich verschiedene Preise gewonnen habe, müsste ich die Leute davon überzeugen, dass das, was ich tue, etwas bedeutet. Wahrscheinlich liegt es an der Natur des Geschäfts, dass ich nicht an Filmformaten arbeite, die sich von einer Maschinerie kontrollieren lassen. Leute wie ich arbeiten immer im Dunkeln.

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