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#Senat reagiert auf „Deutsche Wohnen enteignen“ – lasst alle Hoffnung fahren

Senat reagiert auf „Deutsche Wohnen enteignen“ – lasst alle Hoffnung fahren

In einer Stellungnahme äußerte man sich der Senat zum Volksentscheid, bei dem im September 2021 abgestimmt wird, ob große Immobilienkonzerne wie Deutsche Wohnen enteignet werden sollen. So richtig macht man nicht mit, also nicht richtig, obwohl man die Sache ganz gut findet, also im Prinzip. Aber so dann doch nicht. Klingt schwammig? Ist es. Im Hinblick auf die juristischen und finanziellen Unwägbarkeiten und die Erfahrung mit dem komplett in die Hose gegangenen Mietendeckel-Projekt ist der Senat allerdings auch gut beraten, sich bei dem noch heißeren Eisen namens „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ etwas zurückzuhalten.

Unterschriften-Sammler der Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" am Lindencenter. Foto: Imago/F. Anthea Schaap
Unterschriften-Sammler der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ am Lindencenter. Foto: Imago/F. Anthea Schaap

Gut 340.000 Menschen haben sich für diese Befragung ausgesprochen. 70.000 Stimmen waren zwar ungültig, aber dennoch, die Zahl ist imposant und unterstreicht die enorme Bedeutung des Themas. Die Wohnsituation in Berlin geht nun mal (fast) jeden und jede an und der Groll über die explodierenden Mieten und über große Vermieter, die einzig auf Profit und Rendite aus sind, ist gewaltig.

Doch das Anliegen direkt unterstützen will der rot-rot-grüne Senat nicht. Dafür ist die rechtliche Lage zu unklar und wie so ein Gesetz juristisch überhaupt machbar wäre, weiß vermutlich niemand. Im Zweifel würde es, sollte es überhaupt jemals einen entsprechenden Gesetzesentwurf geben, vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern. So wie beim Mietendeckel geschehen. Eine erneute Pleite will sich der Senat wohlweislich nicht leisten. Das ist ebenso ernüchternd wie nachvollziehbar.

Knapp 40 Milliarden Euro könnte die Enteignung von Deutsche Wohnen & Co. kosten

Ernüchternd, weil dadurch einmal mehr klar wird, dass man der Macht der Konzerne nichts entgegenzustellen hat und der Markt maßgeblich ist und nicht die Politik. Nachvollziehbar aber, weil der rechtliche Rahmen, in dem sich die Politik bewegen muss, nun einmal so ist, wie er ist. Utopien sind fehl am Platz. Auch wäre das von den Mietaktivisten angestrebte Enteignungsgesetz finanziell ein Wagnis, wenn nicht ein Irrsinn. Knapp 40 Milliarden Euro könnte die Enteignung von Deutsche Wohnen & Co. kosten, die Aktivisten gehen allerdings von einem einstelligen Milliardenbetrag aus. Aber dennoch: Wie solch eine astronomische Summe aufgebracht werden soll, weiß in Wirklichkeit niemand. Da hilft auch kein Positionspapier der Enteignungs-Befürworter, da helfen eben auch nicht die vielen Unterschriften pro Volksentscheid.

Also äußert sich der Senat mit verhaltener Sympathie für die Initiative, mehr aber nicht. Man erkennt das Problem durchaus an und wolle in Berlin „mehr Wohnungen durch öffentliche Wohnungsbaugesellschaften beziehungsweise Genossenschaften bewirtschaften“, aber wie das konkret geschehen soll ist, ebenso unklar.

Das liegt auch daran, dass die Koalitionsparteien über das Volksbegehren uneins sind. Die Linke ist dafür, die Grüne unter Umständen auch, die SPD lehnt es ab.

Neubau hilft, heißt es oft. Mehr neue Wohnungen bauen und dann ist alles gut. Der Satz klingt gut. Das wollen alle Parteien. Doch Neubau ist teuer, die meisten Investoren setzen auf Luxuswohnungen, die für immer höhere Preise an finanzstarke Käufer gehen. Der Bau von Eigentumswohnungen boomt, der soziale Wohnungsbau gerät ins Hintertreffen. Wo soll man denn überhaupt noch bezahlbaren, also sozialen Wohnraum schaffen? Die Stadt ist dicht, es fehlt an Grundstücken und die alten Sozialwohnungen wurden verramscht und gehören heute eben den börsennotierten Giganten.

Das ist alles deprimierend und lässt böses ahnen. Dass die Stadt der Zukunft eine Stadt der Reichen sein wird, etwa, und dass sich mit den Mitteln der Politik die Mietsteigerungen und der Wohnungsmangel schlicht und ergreifend nicht aufhalten lassen. Dafür sprechen genügend Beispiele aus der Vergangenheit. Außer dem Mietendeckel haben schon der Milieuschutz, Mietpreisbremse und andere Instrumente, die regulierend auf den Immobilienmarkt einwirken sollten, in der Praxis wenig bis überhaupt keinen Erfolg gehabt.

Der Enteignungs-Volksentscheid ist nicht einmal Symbolpolitik

Lasst alle Hoffnung fahren. Der Enteignungs-Volksentscheid ist doch nicht einmal Symbolpolitik. Die Alarmglocke muss man heute längst nicht mehr schlagen. Denn die katastrophale Situation für die meisten Berliner Mieter und Mieterinnen ist längst bekannt und wurde breit in der Öffentlichkeit diskutiert. Es gab Demos, Debatten und Proteste. Von „Bizim Kiez“ bis „hart aber fair“ ist das Thema allgegenwärtig. Eigentlich ist es egal, wie die Abstimmung im September ausgeht. Passieren wird aller Voraussicht nach nichts und weder die Deutsche Wohnen noch andere Immobilienkonzerne werden auch nur eine Wohnung abgeben müssen. Dafür dürften die Preise weiter steigen, weil Immobilien in Zeiten von Negativzinsen nach wie vor eine lohnende Investition bleiben.

So stellt sich neben der entmutigenden Einsicht, dass der Markt allmächtig ist, die Frage nach dem Sinn von Volksentscheiden. Das Tempelhofer Feld ausgenommen. Aber auch über den Erhalt des Flughafens Tegel wurde vor gar nicht so langer Zeit nach einem erfolgreichen Volksbegehren abgestimmt. Die Wähler und Wählerinnen wollten ihn behalten, doch das Leben ist kein Ponyhof und Politik kein Wunschkonzert. Tegel musste wie geplant nach der Eröffnung des BER dicht machen.


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