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#Die Ukraine feiert ihren dritten Eurovisions-Sieg

„Die Ukraine feiert ihren dritten Eurovisions-Sieg“

Den Eurovisions-Sieg der Gruppe Kalush Orchestra hätten viele Ukrainer in der Nacht zum Sonntag gerne auf den Plätzen ihrer Städte gefeiert. Doch die Sperrstunde während des Krieges lässt nächtliche Versammlungen nicht zu. So feierte man, wenn überhaupt, im kleinen Kreis, erst am Tag danach kamen junge Leute auf den Straßen zusammen.

Gerhard Gnauck

Politischer Korrespondent für Polen, die Ukraine, Estland, Lettland und Litauen mit Sitz in Warschau.

Wer am Sonntag nach dem Sieg des Lieds „Stefania“ von Kalush Orchestra gemischte Gefühle zeigte, war Stefania selbst, die Titelheldin und Mutter des Musikers Oleh Psiuk. Im ukrainischen Fernsehen sagte sie am Sonntag, als ihr Sohn begonnen habe, als Rapper aufzutreten, sei das für sie „ein Schock“ gewesen. Beim Anblick seiner Kleidung habe sie gedacht: „So laufen doch Obdachlose herum.“ Sie werde sich jetzt bemühen, seine Musik, „ein neues Feld für mich“, besser kennenzulernen.

Derweil verkündeten die Bäcker in Kalusch, der Heimatstadt der Gruppe, sie wollten schon am Montag eine Marmeladenschnitte „Stefania“ ins Angebot nehmen. Die ukrainische Staatsbahn gab bekannt, sie werde den Zug Nummer 43, der aus Kiew in die Westukraine und dort auch durch Kalusch fährt, in „Stefania Express“ umbenennen, und an den wichtigsten Bahnhöfen an der Strecke würden die Lautsprecher zur Begrüßung immer das entsprechende Lied spielen. Bahnchef Olexander Kamyschin schrieb auf Telegram, das sei „der erste Zug auf der Welt, der zu Ehren einer Mutter benannt wird“.

Die ukrainische Band Kalush Orchestra





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Germany – „twelve points“
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Das Quiz zum Eurovision Song Contest

Die Gruppe hatte in ihren Aussagen rund um das Finale die Welt aufgefordert, der Ukraine und insbesondere den letzten Verteidigern der fast völlig russisch besetzten und großenteils zerstörten Stadt Mariupol zu helfen. Sie harren immer noch im dortigen Stahlwerk Asowstal aus. Später teilte die Gruppe mit, ihr sei wichtiger gewesen, diese eigentlich unerlaubte „politische“ Botschaft zu verkünden, als auf jeden Fall das Risiko einer Disqualifizierung zu vermeiden. Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj schrieb am Sonntag auf Facebook, man werde „alles dafür tun, dass das ukrainische Mariupol die Eurovision beherbergen kann, ein freies, friedliches und wiederaufgebautes Mariupol“. Selenskyj gratulierte der Gruppe und schrieb: „Unser Mut beeindruckt die Welt, unsere Musik erobert Europa.“

Suche nach Identität

Mit Kalusch Orchestra hat die Ukraine zum dritten Mal den ESC-Wettbewerb gewonnen, und jedes Mal wurden die Musiker in ihrem Land auch zu wichtigen politischen Akteuren. 2004 war die Sängerin Ruslana mit ihrem Auftritt „Wilde Tänze“ erfolgreich; ihre Nummer war nicht offen politisch, eher Ausdruck der Suche nach einer neuen Identität nach dem Zerfall der Sowjetunion. Bei dieser Suche schöpften Musiker oft aus Quellen der reichhaltigen Volks- und Ethnomusik der Westukraine. Die Suche nach Identität ging mit einer politischen Abwendung von Russland und einer Ausrichtung an der Europäischen Union einher. So war es logisch, dass die Sängerin Ruslana Lyschytschko im Herbst 2004 eines der Gesichter der proeuropäischen, friedlichen „Orangen Revolution“ wurde.

Im Winter 2013/2014 musste die gleiche Schlacht noch einmal geschlagen werden, als Präsident Viktor Janukowitsch die jahrelange Vorbereitung des Landes auf eine EU-Assoziation im letzten Augenblick und unter dem Druck Moskaus stoppen wollte. Ruslana war eine der unermüdlichen Animatoren der Proteste auf dem Majdan-Platz in Kiew. Die Proteste waren am Ende erfolgreich, doch Russland besetzte und annektierte die Halbinsel Krim. Von dort stammte 2016 die nächste ESC-Siegerin: Jamala, eine Angehörige der muslimischen Minderheit der Krimtataren. Ihr Lied „1944“ verarbeitete die Leidensgeschichte ihrer Großmutter und des tatarischen Volkes, das 1944 auf Befehl Stalins nach Mittelasien deportiert wurde. Russland protestierte gegen Jamals Lied, weil es „politische oder ähnliche“ Botschaften enthalte, doch die Veranstalter wiesen das zurück: Das Lied beziehe sich auf historische Tatsachen, hieß es.

Jetzt, 2022, greift Kalush Orchestra mit seinen Rap- und Folklore-Elementen noch einmal auf die Traditionen der Westukraine zurück. Der Liedvers, in dem es an die Adresse der Mutter heißt, „Über zerstörte Straßen komme ich immer zu dir“, wurde als prophetisch gelesen. Das Lied ist kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine geschrieben worden.

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