#Die Wette auf fossile Energie ist zurück
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„Die Wette auf fossile Energie ist zurück“
Für einen Umweltminister wählt Roberto Cingolani ungewöhnliche Worte. „Vor zwei Jahrzehnten haben wir rund zwanzig Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr gefördert, heute sind es nur noch mickrige drei Milliarden.“ Das soll sich ändern. Ausgerechnet Mario Draghis Mann für die Ökologie will die heimische Produktion verdoppeln. „Damit sollen die italienischen Unternehmen Gas zu geringeren Kosten erhalten“, sagt er in einem Gespräch mit der F.A.Z. Cingolani ist kein Freund der fossilen Energieträger, aber er ist Realist.
„Eine Megawattstunde ist eine Megawattstunde, unabhängig von irgendwelchen Ideologien. Das hilft mir sehr in meinem Job“, sagt er. Und so lässt er keinen Zweifel daran, dass Italien mehr von seinem eigenen Gas fördern muss, anstatt es vor allem aus Russland zu beziehen. So hat er auch schon vor Beginn des Ukrainekriegs gesprochen. Italien verfügt über erhebliche Vorkommen in der Adria sowie vor seinen Küsten im Süden. Neue Bohrlöcher will er nicht legen lassen, denn Gas soll nur eine Übergangslösung bleiben.
Noch vor einigen Wochen hätte man Cingolani als Verteidiger fossiler Energien beschimpfen können. Der von Russland eskalierte Konflikt in der Ukraine hat die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen schmerzhaft offengelegt. Und doch stellt sich die Frage, wie langfristig solche Überlegungen des Umweltministers aus Rom sind. Denn Mitte dieses Jahrhunderts soll Schluss sein mit der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Die Staaten der Welt haben sich vor sieben Jahren in Paris darauf geeinigt, bis dahin klimaneutral zu sein.
Kohlekraftwerke für den Notfall
Wie passen Unternehmer, die damit reich geworden sind, die Welt mit fossiler Energie zu versorgen, diese Beschlüsse in ihre Unternehmensstrategie ein. Wir haben mit vier Verantwortlichen auf vier Kontinenten gesprochen, die darauf wetten, dass in den kommenden Jahren Fossile weiterhin wichtig bleiben werden. Sie investieren in Gasfelder, in den Kohleabbau und in die Flüssiggas-Infrastruktur auf dem Planeten, die gebraucht würden, bevor Schluss ist mit Gas, Kohle und Öl. Und wie es sich für gute Unternehmer und Politiker gehört, sichern sie sich auch dagegen ab.
Italiens Rückzug aus den Fossilen hatte nur vermeintlich umweltpolitische Gründen. Das Land hat sich aus der eigenen Förderung verabschiedet, doch anders als erhofft, wurde der fossile Brennstoff nicht durch erneuerbare Energien ersetzt, sondern nur durch Gasimporte. Durch den Krieg in Osteuropa muss es seine Quellen schneller als erwartet diversifizieren. Es muss schnell Ersatz für die stark verteuerten Gasimporte her. „Für den Notfall“, wie Cingolani sagt, bereitet sich Italien sogar darauf vor, auf die fast schon verschwundene Kohlekraft-Nutzung zurückzugreifen.
Roberto Cingolani
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Bild: EPA
Ein Kraftwerk bei Rom und eines bei Brindisi, die heute nur auf Sparflamme arbeiten, könnten hochgefahren werden. „Doch das würden wir wirklich nur im Extremfall tun, wenn wir etwa von einem auf den anderen Tag aus Russland kein Gas mehr bekämen. Es wäre eine Notlösung hoffentlich nur für einige Wochen“, sagt Cingolani.
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