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#Die Wirtschaft soll es richten

Die Wirtschaft soll es richten

Zwei Jahre Pandemie haben rund um die Welt tiefe Spuren hinterlassen und zu teils erheblichen Vertrauensverlusten in etablierte Institutionen geführt. Vor allem Regierungen und Medien wird laut einer internationalen Umfrage von immer mehr Leuten die Fähigkeit abgesprochen, die großen Probleme zu lösen.

Sven Astheimer

Verantwortlicher Redakteur für die Unternehmensberichterstattung.

Rund zwei Drittel der Menschen glauben, von diesen Gruppen belogen zu werden, und jeder Zweite, dass sie zur Spaltung der Gesellschaft beitragen. Dagegen wünschen sich mehr als acht von zehn Befragten, dass Führungskräfte aus der Wirtschaft den Wandel maßgeblich gestalten.

Ihnen wird neben Nichtregierungsorganisationen das größte Vertrauen entgegengebracht, gesellschaftliche Probleme zu lösen. Das sind zentrale Ergebnisse des Trust Barometers, das die Kommunikationsberatung Edelman am Dienstag präsentiert hat. Die Umfrage wird seit mehr als 20 Jahren durchgeführt. Aktuell wurden dafür rund 36.000 Teilnehmer in 28 Ländern online befragt.

Deutschland rutscht ab

Aus den Teilergebnissen berechnet Edelman seinen Trust Index. Daran zeigt sich, dass vor allem in vielen westlichen Demokratien das Vertrauen erodiert ist. In Deutschland sank der Wert um sieben Punkte auf 46, womit das Land von Rang 14 auf 20 abrutschte. Auch für die Niederlande ging es deutlich abwärts. Die Vereinigten Staaten stehen gar auf dem viertletzten Rang, dahinter folgen noch Südkorea, Japan und das Schlusslicht Russland. Den höchsten Vertrauenswert weist China mit 83 (plus 11) aus, das Indien als Spitzenreiter abgelöst hat. Es folgen die Vereinigten Arabischen Emirate und Indonesien. Zu bedenken ist allerdings, dass gerade in unfreien Systemen die ehrliche Bewertung in Onlinebefragungen nicht gesichert ist. Diese Ergebnisse sind also mit Vorsicht zu genießen.


Bild: F.A.Z.

Plausibel scheint, dass die Verlustängste in den reicheren Industrieländern ausgeprägter sind, wo die Befragten generell befürchten, dass es ihnen in fünf Jahren finanziell schlechter gehen werde. Außerdem befürchten 85 Prozent den Verlust ihres Arbeitsplatzes, etwa durch Digitalisierung und Automatisierung. Auffällig zudem, dass die Vertrauenslücke zwischen hohen und niedrigen Einkommensgruppen auf dem höchsten Stand überhaupt gelandet ist. Seit Langem schon sehen sich Manager in Amerika gefordert, sich zu gesellschaftlichen Themen wie Gleichberechtigung oder Nachhaltigkeit zu positionieren.

Zweifel an Medien

Dieser Trend scheint sich auch in anderen Ländern durchzusetzen. Knapp zwei Drittel der von Edelman Befragten sagten, dass sie von ihrem Arbeitgeber eine solche Einmischung erwarteten. Fast ebenso hoch ist der Anteil der Verbraucher, die ihre Kaufentscheidung für Marken auf Basis von Werten und Überzeugungen treffen. Auch Investoren machen Werte zum Entscheidungskriterium. Richard Edelman, Gründer der Agentur, spricht der Wirtschaft eine stabilisierende Wirkung zu. „Gesellschaftliche Führung ist jetzt eine Kernfunktion der Wirtschaft.“

Der Verlust in die Fähigkeiten der Politik wird besonders auffällig durch den Vergleich zu einer unterjährigen Umfrage im Frühjahr 2020, als viele Menschen den Regierenden als vertrauenswürdigster Institution ein starkes Pandemie-Management zutrauten. Harte Eingriffe in Freiheitsrechte durch Lockdowns, Ausgangssperren und Impfpflichten haben das Bild jedoch drastisch gewandelt: Der Indexwert sank um 13 Punkte auf nur noch 52 Prozent.

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Deutlich gefallen ist auch der Anteil jener, die Medien für vertrauenswürdig halten. Mit einem Wert von 50 wird diese Institution gerade noch als neutral eingestuft. Allerdings wird unter dem Begriff viel zusammengefasst. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Während klassische Medien wie Fernsehen, Zeitungen oder Radiosender trotz Einbußen ebenso wie Suchmaschinen vergleichsweise hohe Werte aufweisen, ist das ohnehin geringe Ansehen sozialer Medien weiter gesunken. Vor allem in Deutschland und anderen Demokratien ist das Misstrauen gegen Facebook , Twitter und Co. groß, während solche Plattformen in autokratischen Regimen oft eine der wenigen Möglichkeiten zur Kommunikation jenseits staatlicher Kontrolle sind.

Polarisierung in Amerika

Auch unternehmenseigene Medien wie Mitarbeiterzeitungen oder Informationsportale genießen nur mäßiges Vertrauen, konnten aber leicht zulegen. Nicht nur die Deutungshoheit in der Pandemie scheint die Menschen rund um die Welt verunsichert zu haben: 76 Prozent der Befragten gaben an, sich darüber zu sorgen, dass Fake News als Waffe eingesetzt werden. Ein Begriff, den der frühere US-Präsident Donald Trump schon vor Corona salonfähig machte. Kaum verwunderlich schneiden Regierungsbeamte und Journalisten als gesellschaftliche Führer in der Befragung am schlechtesten ab, während eigene Mitarbeiter und Wissenschaftler mit rund drei Viertel Zustimmung Bestwerte erhielten; erstaunlich mit Blick auf erbitterte Debatten um die Rolle von Forschern in der Pandemie, von denen viele bedroht wurden.

​Die Sonderauswertung für die USA zeigt obendrein, dass es einen erheblichen Unterschied zwischen Demokraten und Republikanern gibt. Demnach liegen die Zustimmungswerte für Anhänger des amtierenden amerikanischen Präsidenten Joe Biden für alle Institutionen jeweils über 50 Prozent, während Repu­blikaner zum Teil nur auf die Hälfte kommen und sich innerlich schon von klassischen Institutionen des Staats verabschiedet zu haben scheinen. Detaillierte Ergebnisse für Deutschland will Edelman Ende des Monats vorstellen.

Eine gute Botschaft für den Standort Deutschland gibt es aber schon. Auf die Frage nach den stärksten Ländermarken schneidet Deutschland mit 65 Prozent Zustimmung gemeinsam mit Kanada am stärksten ab, gefolgt von Japan (59) und Großbritannien (58). Das geringste Vertrauen genießen Indien (36) und China (34).

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