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#Doppelt oder halb? Auflösung des Novemberrätsels – Kritisch gedacht

Doppelt oder halb? Auflösung des Novemberrätsels – Kritisch gedacht

Der Worte sind genung gewechselt, kommen wir zur Auflösung des Novemberrätsels!

Wie erwartet, hat die Suche nach dem Fehler in Annas “Beweis”, dass es sich lohnt zu wechseln, zu einigen Kontroversen geführt. Sehr beliebt war die Argumentation, der Betrag in der linken Schachtel, den Anna X nannte, sei irgendwie “nicht eindeutig”, X seien “eigentlich zwei verschiedene Beträge” oder ähnliches. Daraus folge dann, dass Anna den Erwartungswert nicht so berechnen dürfe, wie sie es getan hat. Vielmehr müsse sie den einfachen Betrag G nennen und den doppelten 2G und dann den Erwartungswert für links und auch rechts mit 3G/2 berechnen, woraus dann folge, dass es sich nicht lohne zu wechseln.

Diese alternative Rechnung ist zwar korrekt, aber für die Fragestellung irrelevant. Es galt nämlich, den Fehler in Annas “Beweis” zu finden, nicht einen Gegenbeweis anzutreten, worauf ich in Anmerkung 3 nocheinmal extra hingewiesen hatte.

Tatsächlich ist an X nichts doppeldeutig. Natürlich kann X mehrere Werte annehmen, es ist schließlich eine Zufallsvariable. Daran ist nichts besonderes. Und niemand kann Anna daran hindern, den Betrag in der linken Schachtel als X zu bezeichnen und mit diesem X zu rechnen. Es kann auch niemand Anna daran hindern, korrekt zu schlussfolgern, dass rechts entweder X/2 oder 2X drin sind – das folgt schließlich unmittelbar aus der Angabe. Es gibt auch keinen Grund, dass man den (bedingten) Erwartungswert für den Betrag in der rechten Schachtel nicht auf die übliche Art (Summe der Produkte aus den möglichen Beträgen und ihren Wahrscheinlichkeiten) berechnen dürfe.

Annas Fehler liegt einzig und allein in der falschen Annahme, die Wahrscheinlichkeiten für die Beträge X/2 und 2X wären jeweils 1/2. Das sind sie im allgemeinen nämlich nicht! Diese Wahrscheinlichkeiten hängen vielmehr erstens davon ab, nach welchem Verfahren die beiden Beträge bestimmt wurden (also von der Verteilung von X), und zweitens auch noch vom Betrag X selbst. Annas Formel wäre aber nur dann korrekt, wenn die beiden Wahrscheinlichkeiten für jedes X bei beliebiger Verteilung gleich 1/2 wären.

Ein einfaches Beispiel: Der Moderator wählt € 100 als kleineren Betrag aus, verdoppelt auf € 200 und steckt diese beiden Beträge in die beiden Schachteln. Dann ist X entweder € 100 oder € 200. Im ersten Fall wären die Wahrscheinlichkeiten für X/2 bzw. 2X in der rechten Schachtel 0 bzw. 1 statt 1/2 und 1/2. Im zweiten Fall wären die Wahrscheinlichkeiten 1 bzw. 0 statt 1/2 und 1/2. Man sieht: Annas Erwartungswert ist falsch, weil ihre Wahrscheinlichkeiten falsch sind!

Ein etwas realistischeres Beispiel: Der Moderator wählt zufällig (gleichverteilt) einen der Beträge € 100, € 200, € 400, € 800, € 1600, € 3200 oder € 6400 als den kleineren Betrag aus und legt ihn in eine Schachtel. In die andere Schachtel legt er das Doppelte. Jetzt ist Annas Formel zwar korrekt für alle X-Werte von € 200 bis € 3200, aber falsch für die beiden “Randfälle” X = € 100 und X = € 12800. Ist X = € 100, dann gewinnt sie durch Wechseln mit Sicherheit, nicht mit einer Chance von 50%. Ist aber X = € 12800, dann verliert sie mit Sicherheit, statt nur mit einer 50%-Chance. (Der große Verlust durch Wechseln bei X = € 12800 kompensiert genau all die kleineren Gewinne bei allen anderen X-Werten. Aber das ist nicht mehr Teil der Lösung. Für diese genügt es, zu zeigen, dass Annas Formel nicht immer richtig sein kann.)

Zum Sieger ernenne ich hiermit Kommentator JB, der den Fehler als erster klipp und klar benannt hat! Gratuliere!

Jetzt könnte man einwenden: Aber es gibt doch zumindest theoretisch ein Verfahren zur Ermittlung der beiden Beträge, für das Annas Formel für alle X richtig ist. Nämlich dieses: Der Moderator wählt eine zufällige ganze Zahl k und legt in die beiden Schachteln € 2^k bzw. € 2^(k+1). Da k unbeschränkt ist, gibt es keine “Randfälle” und die Formel stimmt für alle Beträge X. Leider funktioniert das nicht einmal, wenn man ignoriert, dass reale Geldbeträge nicht beliebig teilbar oder verdoppelbar sind. Das Verfahren erfordert nämlich, dass der Moderator k aus einer Gleichverteilung auf den ganzen Zahlen wählt. So eine Verteilung existiert aber gar nicht!

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