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#Dreifacher Mord fürs Ego

„Dreifacher Mord fürs Ego“

Als der Richter das Urteil verkündet, schüttelt Meike S. den Kopf, als könnte das alles hier nicht wahr sein. Das Landgericht Kassel verurteilt sie an diesem Mittwochvormittag zu lebenslanger Haft. Sie wird des dreifachen Mordes schuldig gesprochen, des versuchten Mordes an zehn Menschen, der dreimaligen gefährlichen Körperverletzung, des Missbrauchs von Titeln und des Betrugs. Das Gericht stellt eine besondere Schwere der Schuld fest, Meike S. kann also kaum auf eine Entlassung nach 15 Jahren hoffen. „Sie hat aus einem auf tiefster Stufe stehenden niedrigen Beweggrund gehandelt“, sagt der Richter. Meike S. scheint zu schluchzen, aber ihr Gesicht bleibt tränenfrei. Nur ihre Schultern beben.

Die kleine Frau mit den blonden Strähnchen in ihrer Kurzhaarfrisur, kaum fünf Meter von Meike S. entfernt, schluchzt nicht. Sie ist die einzige Nebenklägerin in diesem Prozess. Meike S. wird an diesem Tag auch zu lebenslanger Haft verurteilt, weil sie den Mann von Frau Sch. ermordet hat. Ein weiterer Teil der Familie sitzt hinter Frau Sch. im Zuschauerraum. Herr Sch. hatte zwei Kinder und Enkel.

Er war 58 Jahre alt, als er im Hospital zum Heiligen Geist in Fritzlar operiert wurde. Es war kein komplizierter Eingriff, die Position eines Nebenherzkatheters sollte korrigiert werden. Meike S. arbeitete damals, im Mai 2017, als Assistenzärztin in dem Hospital und war Herr Sch.s Anästhesistin. Zwei Tage, nachdem sie ihn in Narkose versetzt hatte, starb Herr Sch.

„Es war ein vollendeter Mord“

Meike S. hatte das eine Medikament zu niedrig, das andere zu hoch dosiert und sie in der falschen Reihenfolge verabreicht. Herr Sch.s Blutdruck war abgestürzt, sein Kehlkopf angeschwollen. Meike S. schaffte es nicht zu intubieren, verschwieg einer herbeieilenden Fachärztin, dass sie überfordert war. Den Tod von Herr Sch. teilte sie seiner Frau, der sie jetzt im Gerichtssaal gegenüber sitzt, persönlich mit. „Es war ein vollendeter Mord“, sagt der Richter.

Denn was man damals in Fritzlar noch nicht wusste: Meike S. hat nie Medizin studiert. Mit ihrer Abiturnote von 2,7 hätte sie lange auf einen Platz warten müssen. Stattdessen bastelte sie sich ihre Approbationsurkunde selbst auf einem Apple-Computer zusammen. Erst 2018 fiel einem Mitarbeiter der Landesärztekammer in Schleswig-Holstein auf, dass Meike S. beim Fälschen einen Rechtschreibfehler gemacht hatte.

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Bis dahin hatte die heute 51-Jährige schon fast 500 Patienten anästhesiert. Eben so viele Zeugen wurden in dem anderthalb Jahre dauernden Verfahren gegen sie bis heute angehört: Krankenschwestern erzählten, wie Meike S. beim Legen von Spinalanästhesien zitterte, wie sie wütend wurde, wenn Patienten ihre Kompetenzen anzweifelten. Ärzte berichteten, ihr hätten grundlegende Kenntnisse gefehlt, sie habe oft völlig überfordert und hilflos gewirkt. Ständig habe sie geweint, sagte der Chef der Inneren Medizin in Fritzlar, wo sie ihre Karriere als Klinikärztin begonnen hatte.

Zwei Morde konnten nicht nachgewiesen werden

Dass Meike S. nun lediglich für drei Morde verurteilt wird, ist ihr Glück. Sie hat in weit mehr als einem Dutzend Fällen Betäubungsmittel falsch dosiert und Vergiftungen nicht behandelt. Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich gefordert, sie des Mordes an fünf Personen schuldig zu sprechen, doch bei zwei Patienten konnte nicht mehr nachgewiesen werden, dass sie tatsächlich an den Folgen der Anästhesie verstorben waren. Zwei Männer und drei Frauen lebten nur noch wenige Tage, eine sogar nur noch Stunden, nachdem Meike S. sie narkotisiert hatte. Herr Sch. war das jüngste Opfer gewesen.

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Auch am letzten Tag des Prozesses bleibt unklar, wieso sich trotz allem nie ein Vorgesetzter über Meike S. beschwerte, wieso sie einfach so weiter machen konnte. Der Chefarzt der Anästhesie in Fritzlar hat seine Aussage verweigert. Eigentlich soll bei Operationen nicht nur ein Assistenzarzt, sondern immer auch ein Facharzt anwesend sein. Aber in den Anästhesie-Protokollen fand das Gericht keine Anzeichen dafür, dass Meike S. jemals einen Facharzt dazu geholt hat, auch in akut lebensbedrohlichen Situationen war nur sehr selten ein Facharzt dabei.

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