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#Dürfen die bei Twitter das: Donald Trump rauswerfen?

Dürfen die bei Twitter das: Donald Trump rauswerfen?

Wenn der Rauswurf Donald Trumps, die Sperrung und Löschung seines Kontos beim sogenannten Kurznachrichtendienst Twitter ein Anschlag auf die Meinungsfreiheit war: Wo ist dann eigentlich die Meinungsfreiheit all jener Menschen geblieben, die bei Twitter gar kein Konto haben und niemals eines haben wollten? Wo war diese Freiheit in all den Jahren und Jahrhunderten, in denen es zwar Menschen mit Meinungen, aber noch kein Twitter gab?

Claudius Seidl

Wenn der Rauswurf Trumps aber das einzig Richtige war, schon um die Welt und seine 88 Millionen Follower vor all den Lügen, Hetztiraden und Aufrufen zur Gewalt zu schützen: Wie sind dann aber jene Fernsehbilder zu bewerten, die offensichtlich zeigen, wie ein echter, dreidimensionaler Präsident eben nicht tweetet, sondern sich ganz klassisch vor seine Anhänger stellt und sie auffordert, zum Kapitol zu marschieren? Und wie soll Twitter verfahren mit all den anderen Hetzern, Lügnern und Propagandisten der Gewalt? Das Magazin „Business Insider“ berichtete im April 2019, dass es Twitter zwar gelungen sei, mit einem klugen Algorithmus nahezu alle Propaganda des sogenannten Islamischen Staats zu sperren. Als man aber versucht habe, auf die gleiche Weise die „white supremacists“ zu blockieren, sei das daran gescheitert, dass der Algorithmus zu viele Mitglieder und Repräsentanten der republikanischen Partei sperren wollte.

Ist das Medium die Botschaft?

Man hat das Medium nicht ganz verstanden, wenn man sich Trump auf Twitter so vorstellt, dass der Präsident da eben irgendetwas hineingeschrieben hätte, und dann hätten sich 88 Millionen Menschen davon manipulieren lassen. Trumps Tweets waren ja, in all ihrer Widersprüchlichkeit, Unbedachtheit und Emotionalität, gewissermaßen eine Chronik der Affekte und manchmal direkte Botschaften aus dem Kopf eines Mannes, dem Selbstbeherrschung fremd ist. Weshalb, erstens, Trumps Gegner diesen Tweets besonders aufmerksam folgten; man konnte sie ja als eine Art von Frühwarnsystem lesen. Wer sich, zweitens, die Mühe machte, auch die Antworten auf Trumps Tweets zu lesen, der konnte dort, genau so ungefiltert, härteste Kritik, Hohn und Herablassung, oft auch die Gegenbeschimpfungen finden.

Dass das Medium schon die Botschaft sei; dass Twitter also seine Algorithmen so eingestellt habe, dass Affekte, Aggression und eine bösartige Gedankenschlichtheit mit Aufmerksamkeit belohnt werden, weshalb es die ideale Plattform für Hetzer und Demagogen und, schon wegen der Kürze der Botschaften, 280 Anschläge maximal, nichts für denkende und differenzierende Menschen sei: Das steht für alle Kritiker von Twitter ohnehin fest. Es lässt sich aber leider empirisch nicht belegen: In Deutschland wie in den Vereinigten Staaten twittern Historikerinnen und Staatsrechtler, Satiriker, Politikerinnen, Schriftsteller, Journalisten, Aktivistinnen, Künstler – lauter Leute also, die die aphoristische Kürze als Herausforderung verstehen. Die meisten Follower weltweit hat Barack Obama, im deutschen Twitter sind die Fußballer und Rapper besonders populär. Und wenn man auf einen eigenen Tweet mal böse, rechtsextreme oder verschwörungstheoretische Antworten bekommt: Dann stammen die fast immer von Trollen, die elf Follower haben oder 63, von Leuten also, für die sich offenbar kein Mensch interessiert.

Wer hat Trump eingeschaltet?

Dass Donald Trump abgeschaltet wurde, scheinen die meisten Kommentatoren gut zu finden. Dass es aber Jack Dorsey war, Chef und Erfinder von Twitter, der das einfach beschlossen und getan hat, das scheint das große Problem zu sein, für die deutsche Politik und natürlich für die deutsche Kommunikationswissenschaft, die nach demokratischen Kontrollen ruft.

Es war allerdings auch Jack Dorsey, der Donald Trump angeschaltet hat, so wie er auch die anderen 550 Millionen Nutzer angeschaltet hat, einfach indem er eine sehr gute Idee hatte und daraus ein Geschäftsmodell machte, ganz ohne die deutsche Kommunikationswissenschaft um ihren Rat zu fragen. Der Freiheit Jack Dorseys, Donald Trump hinauszuwerfen, entspricht die Freiheit jedes anderen Menschen, eine ähnlich gute Idee zu haben. Oder eben eine andere Plattform zu gründen.

Aber muss, woran jetzt wieder allseits erinnert wird, die Übermacht der großen Tech-Konzerne nicht streng reguliert werden? Daran ist richtig, dass Amazon, Apple, Google und Facebook allesamt viel zu mächtig sind – jeder allerdings auf seine eigene, von den anderen sehr verschiedene Art. Daran ist aber auch richtig, dass Twitter, mit einem Zwanzigstel des Umsatzes von Facebook, nicht dazu gehört – und bezeichnend dafür, dass das aber die wenigsten so genau wissen wollen, war vor ein paar Tagen ein Kommentar im „Guardian“, der erst Twitters Macht beklagte, dann aber die Allmachtstrategien von Facebook beschrieb. Ja, Facebook hat nicht nur Whatsapp und Instagram geschluckt, Facebook hat die Tendenz, sich das gesamte Internet einzuverleiben und dabei seine 2,7 Milliarden Nutzer immer genauer zu vermessen und zu überwachen, während diese Nutzer genau den Inhalt produzieren, den sie mit ihren Daten dann auch noch bezahlen. Facebooks Macht ist tatsächlich beunruhigend – und der einzige Trost sind die vielen Anzeichen dafür, dass es die Jüngeren zu langweilen beginnt und Facebook immer mehr zum exklusiven Vergnügen von Menschen über fünfzig wird.

Von deutschen Medienwissenschaftlern, vom berühmten und gefragten Bernhard Pörksen zum Beispiel, ist jetzt zu hören, dass man Gremien oder Räte schaffen solle, von der Öffentlichkeit legitimierte Instanzen zur Beaufsichtigung von Twitter. Ein öffentlich-rechtlich eingehegtes Twitter wäre aber der beste Grund, schnell eine neue Plattform ins Internet zu stellen. Und wenn einer auf Twitter zur Gewalt aufruft, ist das auch heute schon strafbar, ganz ohne Aufsichtsinstanz.

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