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#Warum weiß man nicht, wann wir uns mit Corona anstecken?

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Warum weiß man nicht, wann wir uns mit Corona anstecken?

Über den gesamten Zeitraum der Pandemie, deren Ende noch nicht abzusehen ist, konnte man ein spannendes Gefälle von Wissen und Wissenslücken beobachten. Während auf der einen Seite das Coronavirus in seinen Varianten bis zur aktuellen Delta-Variante detailreich beschrieben worden ist, bleiben auf der anderen Seite scheinbar einfache Fragen unbeantwortet. Wie hoch etwa das Ansteckungsrisiko im Bus, im ICE oder auch in Schulen tatsächlich ist, darüber geben die Untersuchungen keine Auskunft.

So konnte Gesundheitsminister Jens Spahn behaupten, ihm sei kein Fall einer nachgewiesenen Corona-Infektion während einer Bahnfahrt bekannt. Spahn hätte hinzufügen können, dass das auch kein Wunder ist, weil es keine empirischen Untersuchungen in Bahnen oder Bussen gegeben hat, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Das gilt bis heute. Und wenn man etwas über das Ansteckungsrisiko im Bus las, stieß man irgendwann auf die Mitteilung, es handele sich bei den Daten um die Simulation einer technischen Universität. Es war also niemand in einen Bus gestiegen, um das tatsächliche Verhalten von Menschen, ihre Platzwahl, ihre Stehgewohnheiten oder Richtung und Fluss ihres Atems zu protokollieren und zu analysieren. Es fehlte bei der Simulation an real erhobenen Daten. Damit, das sei betont, soll nichts gegen Simulationen als Mittel und Methode wissenschaftlicher Forschung gesagt sein.

Untersuchungen zu Begegnungen fehlen

Doch es zeigt sich hier, dass es ein Gebiet gibt, nämlich das Verhalten von Körpern oder Organismen in bestimmten Räumen, über das man im Unterschied zu molekularen innerkörperlichen Verhältnissen und Beziehungen wenig weiß. Im Kontrast zur Sicherheit des Gesundheitsministers über die Ansteckungsrisiken während einer Bahnfahrt berichteten Bekannte, die an Corona erkrankt waren, immer häufiger, sie hätten sich wahrscheinlich während einer Bahnfahrt angesteckt. Sie erzählten von einem plötzlichen Gedränge beim Einstieg, von einem Sitznachbarn, der ohne Maske aß und hustete. Gesichert überprüfen lässt sich das alles natürlich nicht. Solche Erfahrungen lassen sich aber auch nicht mit wissenschaftlichen Befunden zum Verhalten von Körpern in Zügen abgleichen, da es die nicht gibt.

Da die Hinweise auf solche Wissenslücken häufig aus der Virologie selbst kamen, kann man davon ausgehen, die Wissenschaftler nahmen diesen Mangel wahr. Als kurz vor Weihnachten die Meldung durch die Medien ging, wir brauchten mehr Verhaltensuntersuchungen, um das wirkliche Ansteckungs- und Verbreitungsgeschehen des Coronavirus zu verstehen, wurde ein Virologe als Quelle der Äußerung angegeben. Letztendlich wies der betreffende Forscher mit ihr darauf hin, dass man aus der Beschreibung von Virushüllen keine Rückschlüsse über deren wirkliche Verbreitung treffen könne. Um zu beschreiben, wie sich ein Virus von einem Körper auf einen anderen überträgt, muss man zuerst wissen, wie Körper einander begegnen. Man muss untersuchen, wie Begegnungen vonstattengehen und unter welchen spezifischen Bedingungen sie an verschiedenen Orten ablaufen.

Es geht um das, was der in diesem Jahr verstorbene chilenische Neurobiologe und Erkenntnistheoretiker Humberto Maturana die „Existenzbereiche“ lebender Körper, Organismen oder Systeme genannt hat. Mit Organismus ist erst einmal nichts anderes als ein konkretes Einzelwesen wie beispielsweise ein durch den Park wandernder Marderhund gemeint, eine auf der Ampel sitzende Taube oder ein Mensch, der eine Straße überquert. Organismen leben nach Maturana in zwei einander nicht überschneidenden Existenzbereichen: in dem Bereich, in dem sich unsere Körperlichkeit verwirklicht mit all ihren physiologischen Gegebenheiten und Prozessen; und in dem Bereich, in dem wir unsere Beziehungen gestalten. Maturana geht davon aus, „dass wir menschliche Wesen als Menschen im Bereich unserer Beziehungen existieren, nicht im Bereich unserer Körperlichkeit, auch wenn wir unsere Beziehungen durch unsere Körperlichkeit realisieren“.

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