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#Ebola? Da war doch was. – zoon politikon

Ebola? Da war doch was. – zoon politikon

Mich fasziniert immer wieder die Kurzlebigkeit kollektiver Paniken. Man könnte meinen, wer ein paar davon gesehen hat, sollte erneute mediale Schreie von “Hilfe, wir werden alle sterben” etwas gelassener nehmen können. Die Wiederholung von Schlagzeilen scheint uns (als Kollektiv zumindest) nicht wirklich weiser zu machen.

Ich erinnere mich, dass man während der BSE Krise den Leuten sagen musste, dass sie von ihrem Ledersofa nicht Creutzfeldt-Jakob aufschnappen werden. Ich wette die Essen nun alle seit Jahren wieder genussvoll ihre Burger. Ich habe nicht vergessen als die Schweiz wegen der Vogelgrippe Massnahmen ergriffen hat, die nach eigenem Eingeständnis nicht unbedingt rational waren aber “den Ängsten in der Bevölkerung Rechnung tragen”. Vogelgrippe? Es sind wohl keine Menschen mehr betroffen (Antwort: Doch). Wesentlich gefährlicher schien damals der Ausbruch des Schweren Akuten Atemwegssyndroms (SARS). Haben wir das eigentlich je unter Kontrolle gebracht (Antwort: Sieht so aus). Und dann war die Zeit, als wir alle wegen der Schweinegrippe dem Untergang geweiht waren. Und warum gibt es eigentlich bisher kaum Panik wegen dem Middle East Respiratory Syndrome (MERS)?

Nun kann man es niemandem verübeln, wenn sie oder er ein Déjà-Vu hatte, als nun plötzlich alle davon ausgingen, dass Ebola Europa entvölkern wird, wie die Pest im Mittelalter. Da musst man schon mal grossräumig ein Arbeitsamt absperren, weil Übelkeit und Fieber in Kombination mit einem Westafrikaaufenthalt reichen doch schon um eine Polizeieskorte ins Spital zu rechtfertigen. Nigeria liegt tatsächlich in Westafrika. Nigeria hatte bisher 19 Fälle auf  170 Millionen Einwohner (damals waren es noch weniger Fälle). Man muss nicht gut sein im Wahrscheinlichkeiten ausrechnen um zu sehen wo das Problem liegt. In den USA hat man die wunderschöne Formulierung gefunden “In an abundance of caution” (“aus übermässiger Vorsicht”) was in diesem Fall ein Code ist für “völlig irrationale und nutzlose Schutzmassnahme”. Damit kann man dann auch mal eine Schülerin aus “übermässiger Vorsicht” nicht zurück in die Schule lassen weil sie in Ostafrika war (ist schliesslich immer noch Afrika).

Ich habe den ersten Entwurf dieses Posts anfangs Oktober geschrieben. Ich wollte diskutieren wie diese Panik wie so viele anderen vor ihr, bald wieder verschwinden wird, die Krankheit jedoch nicht. Ich wollte darüber spekulieren, wie die kollektive Hysterie endgültig die Schweiz erreichen wird, wenn der erste Ebola Fall hier in Genf ankommt, was am Sitz der Weltgesundheitsorganisation und der Médcins sans frontières nur eine Frage der Zeit war. Nun wurde der erste solche Fall am Samstag hier schon wieder entlassen. Die Aufmerksamkeit ist schon stark abgeflaut. Wir haben Peak-Ebola erreicht. Ich nehme an wir können Hysterie nur über einen begrenzten Zeitraum aufrechterhalten.

Die beiden Grafiken von Google Trends für die Schweiz und Deutschland sind ziemlich eindeutig. Sie zeigen wie oft die entsprechenden Begriffe in den entsprechenden Ländern über die Zeit gesucht wurden. Das Interesse an Epidemien hält nicht lange an und scheint mehr mit der medialen Aufarbeitung zu korrelieren als mit der effektiven Gefahr. Wenn man sich schon graue Haare wegen Epidemien wachsen lassen will, dann waren wohl SARS (fehlt in der Grafik) und nun MERS wesentlich bessere Kandidaten.

Überträgt man diese Feststellungen auf die Politik, kann es einem Sorgen machen. Fakten scheinen nicht mit dem Ausmass der Panik zu korrelieren. Viel wichtiger ist was wann und wie journalistisch aufgearbeitet wird. Die eigentliche “Bedrohung” ist zweitrangig. Versucht man dies gar auf andere nicht-gesundheitspolitischen Debatten zu übertragen, sieht man den Sinn eines institutionellen Designs, das Politikerinnen und Politiker nicht bei der kleinsten Verschiebung des Volksempfinden aufspringen und Massnahmen ergreifen lässt. Es kann sein, dass das Problem weniger dramatisch ist bei Themen, die weniger wissenschaftliches Verständnis voraussetzen. Es zeigt aber sicher, dass wenn die Politik “Ängste in der Bevölkerung ernst nimmt” heissen sollte, dass man diese Ängste zu zerstreuen versuchen sollte, statt so zu tun, als ob sie begründet sein. Auch ist es ein gutes Argument den Bürgerinnen und Bürgen so viel Wissenschaftsbildung wie möglich mitzugeben. Dann klappt es auch mit der Demokratie besser.

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