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#Ein Amazonas im märkischen Sand

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Ein Amazonas im märkischen Sand

Als wir an der Müllroser Mühle ankommen, zerschellt unser Bild vom Idyll. Eigentlich hatten wir zu Beginn unserer Wanderung durch das Schlaubetal eine klappernde Mühle am rauschenden Bach mit Fachwerk und hölzernem Mühlrad erwartet. Stattdessen stehen wir vor ei­nem Monstrum aus braunem Ziegelstein mit Rundbogenfenstern und einem ge­waltigen Dach, das eher zu einem Berliner Industriegebiet passt als zu diesem kleinen Städtchen am Müllroser See. Dessen niedrige Häuser und selbst den Kirchturm überragt die Mühle mit ihren dreißig Meter Höhe bei weitem. Der gewaltige Klotz wirkt zwar etwas deplatziert, doch er ist berühmt als älteste nachweisbare Mühle im Schlaubetal, im siebzehnten Jahrhundert errichtet und bis heute in Betrieb.

Einst im ritterlichen Besitz derer von Habendorf und Burgsdorff, wurde die ursprüngliche kleine Wassermühle 1839 zur industriellen Groß­mühle umgebaut. Im Jahr 1873 erhielt sie auf der Weltausstellung in Wien eine Goldmedaille. 1885 wurde sie in eine Roggen- und Weizenmühle ge­trennt und erregte mit dieser neuartigen Technik internationales Aufsehen. 1878 erfolgte der Einbau einer dreihundert PS starken Dampfmaschine, eine technische Revolution. Das Korn konnte nun in einem Durchgang zu fertigem Mehl vermahlen werden. Selbst die Direktoren der großen amerikanischen Mühlen aus Minneapolis reisten an, um die neuartige Technik zu studieren – so viel Ehr für das kleine Ackerbürgerstädtchen Müllrose.

Frühe Wunderwerke der Technik

Die Schlaube sehen wir erst mal nicht, sie ist im Müllroser See versunken. An dessen Südende, dort, wo sie in den See mündet, beginnt der Schlaubetalweg, der uns fünfundzwanzig Kilometer weit durch das Schlaubetal bis zur Quelle des Flusses führen wird. Der Weg ist bequem in zwei Tagen zu gehen, einsteigen kann man an drei Querstraßen, die das Tal kreuzen. Die Schlaube ist wie die Spree und die Havel eine der vielen Schmelzwasserrinnen, die am Ende der letzten Eiszeit aus den zurückweichenden Gletschern der Endmoränen von Barnim und Fläming in das Berliner Urstromtal flossen. Nach dem Verschwinden der Gletscher blieben noch gewaltige Eispfropfen in den ausgeschliffenen Mulden zurück, die Jahrhunderte zum Ab­schmelzen brauchten und Tausende von größeren und kleineren Seen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zurückließen.

Norddeutschland sah da­mals noch aus wie heute Alaska und Sibirien, mit riesigen, baumlosen Moränen, eisigen Bächen und Flüssen, karger Tundra, mit sandigen Becken und moorigen, versumpften Seen. Von all dieser Urlandschaft ist fast nichts mehr übrig geblieben. Im Verlauf der Jahrtausende haben sich daraus Wälder und Täler mit lauschigen Flüsschen und verträumten Seen entwickelt. Einige Täler haben jedoch ihren urzeitlichen Charakter, ihre Urwälder, Sümpfe und Moraste behalten, vom Menschen weder zivilisiert noch umgestaltet. Ein solches Urzeittal ist das Schlaubetal.

Die Schlaube kommt und geht, wie sie will, verschwindet, taucht wieder auf, macht sich rar und zeigt sich dann in voller Pracht.


Die Schlaube kommt und geht, wie sie will, verschwindet, taucht wieder auf, macht sich rar und zeigt sich dann in voller Pracht.
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Bild: Peter Westrup

Unser Fluss macht sich anfangs immer wieder rar und verschwindet unerkannt in Sümpfen und Schilfdickichten. Erst an der Ragower Mühle treffen wir die Schlaube wieder. Auch hier klappert kein Mühlrad mehr, das Wasser stürzt nutzlos aus dem Mühlenteich über das alte Wehr hinter der hölzernen Brücke. Im zwölften Jahrhundert gründeten die Brüder des Johanniter-Ordens eine Wassermühle südlich des Müllroser Sees. Jahrhundertelang bildete die Schlaube eine natürliche Grenze zwischen dem Johanniter-Ordensamt Friedland und dem Stiftsgebiet Neuzelle, die zugleich die Grenze zwischen Preußen und Österreich war. Die Ragower Mühle diente zunächst als Rohrmühle, später als Säge- und Ölmühle, verfiel dann und wurde in den vergangenen zwanzig Jahren restauriert und als Mühlenmuseum mit angeschlossenem Gasthof instand ge­setzt. Heute ist sie die einzige Mühle im Schlaubetal mit erhaltener Mühlentechnik. Zur Besichtigung des alten hölzernen Mahlwerks muss man sich aber vorher anmelden.

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