Wissenschaft

#Ein Jahr ohne Kernkraft: So ist es gelaufen

Vor ziemlich genau einem Jahr ging in Deutschland mit der Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke – Emsland, Neckarwestheim und Isar – die Ära der Kernkraft zu Ende. Nun haben Forschende ermittelt, was sich seitdem im deutschen Energiesektor alles getan hat. Vor allem erneuerbare Energien erleben demnach gerade einen großen Schub.

Dass die Tage der Energiegewinnung aus Kernkraft in Deutschland gezählt sind, stand schon 2002 fest. Der Reaktorunfall in Fukushima im Jahr 2011 verlieh dem Vorhaben des Atomausstiegs dann weitere Dringlichkeit. Vor ziemlich genau einem Jahr, am 15. April 2023, gingen in Deutschland schließlich die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke Emsland, Neckarwestheim und Isar vom Netz. Damit war die Ära der Kernenergie hierzulande offiziell beendet. Doch wie ist es seitdem mit unserer Energieversorgung weitergegangen?

Bestandsaufnahme nach dem Atom-Aus

Forschende des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg haben nun ermittelt, wie sich der deutsche Energiesektor im ersten Jahr ohne Kernkraft verändert hat. Dafür werteten sie Daten der Online-Plattform energy-charts.info aus, die detaillierte Informationen zum deutschen Strom – zum Beispiel zu dessen Erzeugung, Verbrauch, Import und Preis – sammelt.

Die neuen Erkenntnisse zeigen auch auf, ob die anfänglichen Einwände von Atomausstiegs-Gegnern tatsächlich berechtigt waren. Anfang 2023 hatten kritische Stimmen etwa davor gewarnt, dass mit dem Ende der Kernkraft ein Energiemangel bevorstehen könnte beziehungsweise dass die entstandene Energielücke nun von umweltschädlichen Kohlekraftwerken gefüllt werde. Denn immerhin haben die drei verbliebenen Atomkraftwerke in ihrem letzten Betriebsjahr noch 29,5 Terrawattstunden (TWh) Strom erzeugt und somit 6,3 Prozent der öffentlichen Nettostromerzeugung geschultert.

Kernkraft wurde erfolgreich ersetzt

Doch die meisten Sorgen der Kritiker waren offenbar unberechtigt, wie die Forschenden nun herausgefunden haben. Demnach konnte der Strom, der durch die abgeschalteten Atomkraftwerke weggefallen ist, vollständig durch erneuerbare Energien ersetzt werden. „Im ersten Jahr ohne Kernenergie wurden ungefähr 270 Terrawattstunden erneuerbarer Strom erzeugt, 33 Terrawattstunden mehr als im Vorjahreszeitraum“, berichtet Bruno Burger vom Fraunhofer ISE. „Unser Strommix ist so sauber wie nie zuvor.“ Insgesamt betrug der Anteil der Erneuerbaren an der Nettostromerzeugung in dieser Zeit 58,8 Prozent.

Parallel dazu sank der Anteil umweltschädlicher, fossiler Energieerzeugung auf 33,7 Prozent, wie die Forschenden ermittelt haben. Kohle, Erdgas, Öl und Müll erzeugten demnach zwischen April 2023 und April 2024 „nur noch“ 154,4 Terrawattstunden Strom und damit 26 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Als Gründe für den Rückgang nennt das Forschungsteam hohe Preise für Erdgas und Steinkohle und hohe CO2-Zertifikatskosten.

Obwohl Deutschland theoretisch genügend Kapazitäten besitzt, um sich komplett selbst mit Energie zu versorgen, ist in dem Jahr nach dem Atomausstieg auch die Stromimport-Menge angestiegen: von 21,3 auf 23 Terrawattstunden. Anders als von Kritikern gerne behauptet, hat dies jedoch nichts mit dem Ende der Kernkraft und angeblich gesunkener Erzeugungskapazitäten zu tun, wie die Forschenden betonen. Vielmehr seien die Börsenstrompreise im vergangenen Jahr stark gefallen, was wiederum einen kostengünstigen Import von Strom aus der Alpenregion sowie aus Dänemark, Schweden und Norwegen ermöglicht hat. Es war für Deutschland damit schlicht günstiger, den Strom zu importieren, als ihn selbst zu erzeugen.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

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