Nachrichten

#Ein Käse als Teamplayer

Ein Käse als Teamplayer

Eigentlich kann man ihn immer brauchen. Deshalb kauft man Feta häufig ohne ein bestimmtes Rezept im Kopf. Ungeniert bringt man ihn dann mit dem zusammen, was gerade da ist. Oder der in bedrucktes Plastik gehüllte Quader versauert so lange im Kühlschrank, bis man ihn kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum doch noch in einem Gericht versenkt. Dort passt er zwar nicht ganz hinein, stört aber auch nicht. Diese außerordentliche Anschlussfähigkeit, das Vermögen, auch aus dem Nebenbei einmal geschmeidig und konziliant, ein anderes Mal deftig und markant zu wirken, erhebt ihn über die meisten Milchprodukte in der Küche.

Feta, ursprünglich Reminiszenz an den Griechenland-Urlaub, ist inzwischen so fest auf unserem Speisezettel verankert, dass sogar vegane Versionen erfolgreich in Umlauf gebracht worden sind – wie zum Beispiel die verblüffend echten Imitationen „Bedda Hirte“ und „Violife“. Letztere bringen manch einen um die einzige Begegnung mit Schafskäse, der ja gerade in seinen elaborierteren Formen immer noch überwiegend Kennern vorbehalten bleibt.

Trendgerichte mit Feta

Die mitteleuropäische Alltagsküche verwendet das Original in Salaten und Käsecremes, zum Gratinieren und Grillen, auf Pizza und Pasta, im Börek-Strudel oder in Ravioli und Maultaschen. Als Würzmittel akzentuiert Feta die inzwischen zum Großstadtfrühstück gehörenden Shakshuka, verlorene Eier in Tomatensauce aus der jüdischen Tradition. Kräuter, Gemüse und Früchte, aber auch Honig und Konfitüren gewinnen sowohl von seiner derben Opulenz als auch von seiner Fähigkeit, sich in eine Komposition bruchlos einzufügen. Er erhielt zudem eine tragende Rolle in Trendgerichten: Sei es die Wassermelone mit Feta, sei es der Tiktok-Hype um überbackenen Feta mit Pasta. Lässt man Gehacktes einmal beiseite, dann tut der bleiche Käse sich schwer mit Fleisch. Eher Konkurrent als Partner, kann seinem Einsatz durchaus etwas Ratloses, beinahe Verzweifeltes innewohnen. Andererseits ergibt er, gemischt mit zerbröseltem Pumpernickel, eine vorzügliche Füllung für Huhn und Wachtel.

Aromatische Wucht

Es ist selten, dass eine Salznote als schön bezeichnet wird. Aber genau das tat Sabine Hueck, unsere Testerin, bei „Bulgar“. Das liege an dem Halt, den das Salz feineren Geschmackskomponenten wie kräuterigen, umamiartigen und zitronigen gibt. Vorher machte sie sich bemerkbar als animalische Komponente, verbunden mit fast moussierender Säure sowie einer süßlichen Milchigkeit. Intensiv und lang.
Note 1

„Bulgar Schafskäse mit Ziegenmilch verfeinert, in Salzlake gereift“, 200 g, 2,19 Euro, Rewe

Tiefe Würze

Die ziemlich feste, zwischen den Zähnen leicht quietschende Beschaffenheit verzögert die geschmackliche Öffnung genauso wie eine zurückhaltende Salzbeigabe. Eigentlich rechnet man mit rezentem Aplomb gar nicht mehr, wenn plötzlich eine erstaunlich würzige Tiefentönung zu schmecken ist. Sie mündet in einem langen Abgang. „Eine grasige Frische, alles sauber und ehrlich“, fast buttrig, so Hueck.
Note 1-2

„Andechser Natur Bio-Schafmilch Feta“, 180 g, 3,82 Euro, Biomarkt

Tierische Note

Wer mit Blick auf zwei Monate Fassreife einen Barrique-Effekt erwartet hat, wird enttäuscht. Man erlebt zunächst nämlich nicht viel mehr als einen Moment Schärfe. Am Gaumen entfaltet die saftige, beim Anschnitt bröckelnde Masse alle wesentlichen Merkmale des Lakenkäses, darunter Molke und Rahm. Dies geschieht mit solchem Nachdruck, dass man die tierische Note hinter Säure und Salz kaum vermisst.
Note 2

„Salakis Tradition Feta im Holzfass gereift“ 160 g, 2,69 Euro, Edeka/Rewe

Vielseitig salzig

Salz kann stechen, dies führt das Discounterprodukt als Erstes vor. Aber es kann auch Aromen verlebendigen und fixieren. Dies gilt für die zur Limone tendierende Säure, den Milchzuckeranteil genauso wie fürs deutlich wahrnehmbare Fett und schließlich eine Würze, die das Hefige streift. Sabine Hueck brachte Lyttos sogar mit jungem Pecorino in Verbindung, auch wegen der kurz aufwallenden Bitterstoffe. Ansprechend.
Note 2-3

„Lyttos Spezialitäten“, 200 g, 1,54 Euro, Aldi

Animierend frühreif

Als wolle er einem Missverständnis zuvorkommen, legt dieser aus Zentralmakedonien stammende, aus Schaf- und Ziegenmilch gewonnene Feta gleich alle Karten auf den Tisch. Animierende Säure, milchige Frühreife (etwa wie bei Schichtkäse) und eine herbe Frische, die man bei Olivenöl grasig nennen würde, sind im Nu voll da. Maßgeblich gefördert würde dieser Effekt nach Ansicht der Köchin durch die Verwendung von Meersalzlake. Letztlich fällt aber ein Mangel an Würze auf.
Note 3

„Rewe Bio Feta“, 150 g, 1,66 Euro, Rewe

Wie mit Schonbezug

Bevor man die an Sauermilch erinnernde Spritzigkeit spürt, muss man den leicht krümeligen Zusammenhalt im Mund weitgehend auflösen, ein für ein reines Schafmilch-Produkt ungewöhnlicher Vorgang. Anschließend entwickelt sich ein gleichmäßig mildes Frischkäse-Aroma. „Liegt da ein Schonbezug über dem Geschmack?“, fragte die Köchin. Auch weil wenig Salz und Säure zu spüren sind, fehlt es dem Umami-Ton an Umgebung.
Note 3-

„Ökologische Molkerei Allgäu Feta Der Grieche“, 180 g, 3,59 Euro, Vitalia Reformhaus

Rasch verklingend

Auch wenn alle Ziele des Standards erreicht werden, bleibt dieser weitverbreitete Feta insgesamt blass. Das scheint vor allem daran zu liegen, dass seine eindrucksvollen Merkmale allzu rasch verklingen, „ausgelutscht sind“ (Hueck). Zu ihnen gehören ein kräftiges, stellenweise beißendes Salz sowie eine leicht stichige Säure. Zwischen diesen Polen findet so etwas wie rezente Würze gerade noch Platz, nicht aber feinere Noten, vor allem nichts Sahniges oder Duftiges.
Note 3-4

„Gazi Schafskäse traditionelle Art“, 200 g, 1,99 Euro, Orient-Market, Supermarkt

Verhalten saftig

Am Anfang ließ der im thessalischen Trikala hergestellte Weißkäse an Joghurt denken, dem Feuchtigkeit entzogen wurde; auch der geringe Zusammenhalt und die verhaltene Saftigkeit bekräftigen diesen ersten Befund. Dann gelangen vergorene Nuancen zum Ausdruck. Seine insgesamt zu milde Anlage profitiert vom geringen Salzgehalt, von einem astringierenden Anflug sowie von minimaler Würze. Feste, geschlossene Textur. Davon schwer zu unterscheiden ist „Thamos“ aus dem Biomarkt.
Note 4+

„Edeka Bio Feta G.U.“, 200 g, 1,54 Euro, Edeka

Eigenschaftslos

Manchmal geraten die Grenzen dieser frugalen Gattung gar nicht erst ins Blickfeld. Der bulgarische Vertreter, der sich aus EU-rechtlichen Gründen nicht „Feta“ nennen darf, führt das mit bemerkenswerter Eigenschaftslosigkeit vor Augen. Obwohl sich die Machart kaum von griechischen Produkten unterscheidet, tritt der kreidebleiche Block kaum käsig auf. Eher denkt man an Sauerrahm oder arabischen Labaneh. Nur die auf der Zunge prickelnde Säure beansprucht Aufmerksamkeit.
Note 4

„Notos Schafskäse Bulgarischer Weichkäse in Salzlake gereift“, 200 g, 2,19 Euro, Rewe

Charakterlich müde

Der grießig-körnige, mit mehligen Stellen durchsetzte Körper offenbart an der Schnittkante eine überraschend glatte, ja schmalzige Seite: ein erster Hinweis auf einen müden Charakter. Obwohl der Auftakt mit freundlicher, ein bisschen auch zitroniger Säure und vergleichsweise wenig Salz vielversprechend ist, folgt so gut wie nichts Substantielles mehr nach. Sozusagen als das Nesquik des Genres gelangt Patros über harmlose Gefälligkeit nicht hinaus.
Note 4-

„Patros Original Feta aus griechischer Schafmilch“, 150 g, 2,19 Euro, Edeka/Rewe

Traditionell trifft man Feta in Gesellschaft seiner besten Freunde an: Olivenöl und Oregano. Der Klassiker Choriátiki, griechischer Bauernsalat aus Tomaten, Gurke, Paprika, Peperoni, Gemüsezwiebel, Oliven und Zitrone, lebt von dieser aromatischen Sensation – vorausgesetzt, die Zutaten sind von erster Güte. Nicht nur in seiner Heimat Griechenland, sondern auch in zahllosen Ortschaften rund um das Mittelmeer wird der frugale Salzlakenkäse immer noch auf ganz ähnliche Weise hergestellt wie in der Antike. In der Molke eingesackter, mit Lab versetzter Käsebruch vom Schaf wird nach einer kurzen Ruhephase in einer Salzlösung haltbar gemacht. Weil Feta weder gepresst noch ihm nennenswerte Reifezeit zugestanden wird, kann man ihn als erste Station auf der Reise von der Milch zum Schnittkäse ansehen.

Die Stärken der mediterranen Küche

Im Vergleich mit diesem Käse-Rohbau fällt der verwandte, in der Herstellung jedoch weitaus anspruchsvollere Mozzarella wesentlich milder, glatter, süßlicher aus und verliert unter Hitze rasch die Form, während der störrische Feta die seinige so lange wie möglich zu bewahren sucht. Die wesentlich aromatischere Milch vom Schaf (mit einem offiziell erlaubten Ziegenmilchanteil von bis zu 30 Prozent) ergibt einen viel herzhafteren Weißkäse. Besonders gut ist das im direkten Vergleich mit den diversen Balkan-, Hirten- oder Lakenkäsen aus Kuhmilch zu erkennen, die an seinem Erfolg im Supermarkt partizipieren möchten. Die bestimmenden Feta-Attribute sind eine muntere Säure, klare Salzigkeit und schließlich eine gewisse Mürbheit. Sie fühlt sich auf der Zunge grießig an, mitunter auch ein bisschen rauh, bevor sie in ein cremiges Mundgefühl übergehen sollte. Dieses momentane Erleben wird bei klassisch gebildeten Genießern noch grundiert von einer zweiten Feta-Ebene: dem Wissen, einen Geschmack der Alten Welt auf der Zunge zu haben.

F.A.Z. Newsletter Essen&Trinken

Donnerstags um 12.00 Uhr

ANMELDEN

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!