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#Ein Kind ist besser als zwei

„Ein Kind ist besser als zwei“

Und plötzlich ist da eine Frau. Von einem Moment auf den anderen schneit sie in mein Leben, ohne zu fragen, ob ich bereit bin. Und was das Verrückteste ist: Sie hat ein Kind. Wo ich doch selbst schon ein Kind habe. Ein Kind reicht ja wohl auch, habe ich immer gedacht. Hat man schon mal von einem totalitären System gehört, in dem man gleich von zwei Diktatoren gequält wird? Ich möchte das bitte nicht.
Seit acht Jahren genieße ich nun schon das Privileg der Anwesenheit meiner Tochter Wanda*. Unter ihrem Kommando geht es streng, aber ungerecht zu. Vieles hat sich geändert in diesen Jahren, vieles blieb gleich. Zum Beispiel ihr absolutistischer Status. Bei ihrer Mutter hat sie längst Geschwister, während sie bei mir noch allein regiert. Damit komme ich zurecht, kompliziert wird es erst, wenn ich mich auf mehr als eine Person gleichzeitig konzentrieren soll. Und nun haben wir den Salat.

Ein Einzelind schien immer ein guter Deal zu sein

Judith, so heißt die Frau, hat einen vierjährigen Sohn. Und ja, gut, er ist schon ganz süß. Aber leider auch vollkommen anders als mein Kind. Ein anderer Mensch. Da frage ich mich: Wie soll man denn darauf bitte klarkommen? All die Jahre, die es gedauert hat, meinen Rhythmus an die Fremdbestimmung durch meine Tochter anzupassen – und jetzt geht das alles wieder von vorn los? Ich weiß, was Wanda gern isst, was sie trinkt, welche Süßigkeiten sie mag. Ich kenne ihr Schlafverhalten, ihren Filmgeschmack, ihre Freundinnen und die Anzeichen dafür, wann ich sie besser in Ruhe lasse.
Und jetzt ist da auf einmal ein Junge. Der ganz andere Sachen mag. Heißt das etwa, dass ich mir das nun auch alles merken soll? Eine Frechheit ist das. Am Anfang war es ja noch ganz entspannt. Als er mich nur als x-beliebigen neuen Menschen in seinem Dunstkreis wahrnahm. Doch spätestens seit wir uns zum ersten Mal morgens im Bett seiner Mutter begegneten, hat er mich auf dem Schirm als einen, der bleiben wird.

Und plötzlich gibt es zwei Mäuler zu stopfen

„Er redet ununterbrochen von dir“, sagt Judith, als wir uns ausnahmsweise mal wieder zu zweit sehen. Je mehr Kinder einem zugeteilt wurden, desto schwieriger ist es, diesen Zustand herbeizuführen.

„Ja, klar tut er das“, sage ich. „Ich bin halt ein netter Onkel. Kinder lieben nette Onkel.“

„Du bist für ihn mehr als das. Als in der Kita gerade Läuse-Alarm war und ich ihm die Haare kurz scheren musste, hat er als erstes gefragt, ob er nun wie Clint aussieht.“

Ich zucke mürrisch mit den Schultern.

„Ich finde das schön“, sagt Judith mit unbeirrt guter Laune. „Und ich freue mich total darauf, Wanda kennenzulernen.“
Und da stehen wir nun. Bisher war ich überzeugter Verfechter einer europäischen Version der Ein-Kind-Politik. Nicht um das Bevölkerungswachstum zu kontrollieren, sondern um zu gewährleisten, dass Eltern auch noch ein eigenes Leben führen können. Ohne von links und rechts mit Bilderbüchern und anderem Schnullibulli-Kram bombardiert zu werden. Aber wie es aussieht, war das ein frommer Wunsch. Durch Judiths Sohn weiß ich schon nach zwei Wochen weit mehr über Dinosaurier als mir lieb ist.

Bisher war ich überzeugter Verfechter einer europäischen Version der Ein-Kind-Politik.

Und das erste Treffen, bei dem Wanda die beiden kennenlernen wird, steht uns erst noch bevor. Natürlich soll es schon bald stattfinden.

„Dann können wir auch immer zu viert was unternehmen!“, schwärmt Judith.

„Was denn zum Beispiel?“

„Zum Beispiel ins Tropical Islands fahren.“

„Um Gottes willen.“

Sie lacht, in der festen Überzeugung, dass ihr Enthusiasmus mich früher oder später anstecken wird. Vielleicht hat sie recht. Mal sehen, wo das alles noch hinführt.
*Name geändert

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