#Aras sind geborene Nachahmer

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Wir sind wahre Meister darin, unsere Mitmenschen nachzuahmen – meist geschieht dies sogar unbewusst. Zum Beispiel neigen wir dazu, bei Gesprächen die gleiche Körperhaltung wie unser Gegenüber einzunehmen. Doch offenbar sind wir längst nicht die einzigen Tiere mit dieser Eigenheit. Wie Biologen herausgefunden haben, neigen auch die stark gefährdeten Blaukehlaras dazu, sich gegenseitig zu spiegeln. Das könnte auf eine menschenähnliche Besonderheit in ihrem Gehirn hindeuten.
Genau wie viele andere intelligente Spezies können wir Menschen durch Beobachtung lernen. Schauen wir Oma dabei zu, wie sie den Plätzchenteig knetet, oder Opa beim Holzhacken, dann geht die Technik auch uns irgendwann in Fleisch und Blut über. Doch neben solchen bewussten Nachahmungen sind wir Menschen auch sehr gut darin, uns gegenseitig unbewusst zu imitieren. Im Rahmen dieser unwillkürlichen Imitation nehmen wir zum Beispiel in Gesprächen manchmal die gleiche Körperhaltung ein wie unser Gegenüber. Doch sind tatsächlich nur wir Menschen dazu fähig?
Hoch das Bein!
Um herauszufinden, ob auch Tiere ihre Artgenossen unwillkürlich nachahmen, haben Forschende um Esha Haldar vom Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz ein Verhaltensexperiment mit Blaukehlaras (Ara glaucogularis) durchgeführt. Dafür brachten sie den intelligenten Papageienvögeln zunächst bei, auf bestimmte Handzeichen hin entweder das Bein zu heben oder einen Flügel auszubreiten. Anschließend teilten Haldar und ihre Kollegen die Tiere in zwei Gruppen ein. In der sogenannten kompatiblen Gruppe wurden Aras dafür belohnt, wenn sie das Bein- beziehungsweise Flügelheben eines Artgenossen nachahmten. In der inkompatiblen Gruppe wiederum gab es nur dann eine Belohnung, wenn sie die gegenteilige Handlung ausführten. So wollte das Team testen, wie tief die Nachahmung von Artgenossen im Gehirn der Aras verankert ist.
Das Ergebnis: Auch Blaukehlaras scheinen zur unwillkürlichen Imitation fähig, wie Hadar und ihre Kollegen herausgefunden haben. Während die Tiere in der kompatiblen Gruppe keinerlei Probleme damit hatten, an ihre Belohnung zu kommen, stieß die inkompatible Gruppe vor einige Hindernisse. Sie machte deutlich häufiger Fehler und brauchte auch insgesamt länger, um sich für Flügel- oder Beinheben zu entscheiden. Das deutet den Forschenden zufolge daraufhin, dass die Aras einen natürlichen Drang zur Nachahmung haben und diesen auch nur schwer unterdrücken können. Damit sind Blaukehlaras das erste nicht-menschliche Tier, bei dem diese Fähigkeit jemals nachgewiesen wurde. „Die Ergebnisse sind bemerkenswert“, sagt Haldar.
Fähigkeit könnte Auswilderungen erleichtern
Doch wenn die Aras sich ähnlich wie wir Menschen verhalten, könnte das dann auch bedeuten, dass ein ähnlicher Mechanismus in ihrem Gehirn für die automatische Imitation verantwortlich ist? „Beim Menschen wird dieses Verhalten durch neuronale Schaltkreise gesteuert, an denen Spiegelneuronen beteiligt sind. Diese sind sowohl beim Beobachten als auch während der Ausführung der Handlung aktiv. Unsere Studie beweist zwar nicht, dass es Spiegelneuronen in Papageien gibt – sie deutet jedoch stark auf ihre Beteiligung bei der motorischen Nachahmung hin“, erklärt Haldar.
Warum die Aras zur unwillkürlichen Imitation fähig sind, ist noch unklar. Das Team vermutet allerdings, dass sie die kulturelle Weitergabe gruppenspezifischer Verhaltensweisen unterstützt. Das wäre auch für die Auswilderung von Tieren dieser stark gefährdeten Art von großem Interesse. Denn es impliziert, dass die Blaukehlaras natürliche Verhaltensweisen von wilden Artgenossen erlernen und sich so schneller an ihre natürliche Umgebung anpassen könnten.
Quelle: Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz; Fachartikel: iScience, doi: 10.1016/j.isci.2024.111514
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