#Ein „Kühlschrank“ wie ein Erlenmeyerkolben
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„Ein „Kühlschrank“ wie ein Erlenmeyerkolben“
Wer in der Wetterauer Erde Hinweise aus der Vergangenheit sucht, der wird meistens schnell fündig. Davon zeugen reiche Funde, „in fast jedem Baugebiet“, wie Kreis-Archäologe Jörg Lindenthal sagt. Ob Butzbach oder Karben, Bad Vilbel oder Friedberg – wer in der Region gräbt, kann fast sicher sein, auch etwas zu finden. In Wölfersheim haben Archäologen gerade ein knapp 3000 Quadratmeter großes Areal untersucht, in dem es Hinweise auf eine eisenzeitliche Siedlung gibt. Nach 24 Grabungstagen ist die beauftragte Fachfirma für archäologische Grabungen abgezogen, und das Gelände wurde für die Bauarbeiten freigegeben.
Gerade Wölfersheim ist ein gutes Pflaster für Archäologen. So werden unter anderem Überreste aus einem bronzezeitlichen Grab, die in der Nähe des örtlichen Bahnhofs gefunden wurden, seit Jahrzehnten in der Dauerausstellung des Wetterau-Museums in Friedberg gezeigt. Spektakulär war die Entdeckung eines der größten Gräberfelder Hessens aus der Merowingerzeit in Berstadt. Zudem wurde in den vergangenen Jahren eine ausgedehnte Siedlung der jungsteinzeitlichen Rössener Kultur großflächig untersucht. Dabei wurde mit einem Straßenverlauf in Richtung des Kastells Inheiden ein weiterer Teil des weit verzweigten Wegenetzes aus der Römerzeit auf Wölfersheimer Gelände gefunden. Die wichtigste Verbindung führte aus Richtung Friedberg bis zum Römerkastell Arnsburg bei Lich. Eine andere verläuft vom Kastell Echzell und geht in die erste Wegeverbindung über.
Hinweis auf zusammenhängende Siedlungsstruktur
Ganz überraschend war es also nicht, als bei den Bauarbeiten für einen Feuerwehrstützpunkt der Wehren Södel und Melbach Funde gemacht wurden und die Grabungsfirma anrückte, um das Gelände genauer zu untersuchen. Durch die leichte Hanglage war immer wieder Erde auf die tiefer gelegene Senke gespült worden, die sich schützend über die Funde gelegt hatte. Die Ergebnisse sind für den Archäologen vor allem deshalb interessant, weil in Hessen bisher relativ wenig zusammenhängende Siedlungsstrukturen aus dieser Zeit entdeckt wurden, wie Lindenthal sagt.
Geheimnisse im Untergrund: Wo jetzt ein Feuerwehrgebäude gebaut wird, sind zuvor 80 Objekte aus der Zeit vor Christi Geburt sichergestellt worden.
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Bild: Michael Braunschädel
Diese Funde datieren aus der Jüngeren Eisenzeit, auch La-Tène-Zeit genannt, also etwa 450 vor Christus bis zum Jahr null. Etwa 300 Meter entfernt, am östlichen Ortsrand von Wölfersheim-Södel, stehen noch die Kräne eines Neubaugebiets. Auch dort stieß man auf Überreste einer eisenzeitlichen Siedlung. Für Lindenthal ist das ein möglicher Hinweis auf eine zusammenhängende Siedlungsstruktur und ein weiterer Mosaikstein für ein Gesamtbild.
Allzu spektakulär sehen die Funde – zumindest für den Laien – nicht aus. Scherben und anderes Material wurde zur Sichtung ins Landesamt für Denkmalpflege nach Wiesbaden gebracht. Andere Ergebnisse zeigt Lindenthal auf einem DIN-A4-Blatt: Wo kreisrunde Stellen auf dem Gelände zu sehen sind, standen einst Häuser. Überreste von Pfosten und Wänden aus Lehmfachwerk wurden nachgewiesen. Außerdem zeigten sich Reste von Vorratsgruben, die im Querschnitt an die Form eines Erlenmeyerkolbens erinnern. Die sogenannten Kegelstumpfgruben dienten den Siedlern als Kühlschrank. In dem Erdsilo war es immer kalt genug, um Vorräte zu lagern, die nach und nach entnommen werden konnten.
Grabungen normalerweise nicht im Winter
Aus den etwa 80 Befunden wurden unter teilweise widrigen Bedingungen zahlreiche Objekte sichergestellt. Die Fachleute der archäologischen Grabungsfirma entnehmen die Funde nicht nur aus der Erde, sie dokumentieren auch die „Befundzusammenhänge“ am Ort. „Normalerweise wird das nicht zu dieser Jahreszeit gemacht“, sagt Lindenthal. Nicht nur, weil es extrem anstrengend sei, unter winterlichen Bedingungen stundenlang zum Teil feinste Arbeiten zu erledigen. „Die Funde können auch auffrieren“, so der Kreis-Archäologe. Da aber die Fundstelle vorab nicht bekannt war und die Arbeiten auf der Baustelle weitergehen sollten, schafften Bauarbeiter und Archäologie-Team Hand in Hand, um den Zeitplan nicht zu gefährden.
Wölfersheims Bürgermeister Eike See (SPD) zeigt sich gelassen ob der Ausgrabungen. „Falls an der Stelle mehr gefunden worden wäre, hätten wir das Gelände geteilt.“ Soll heißen: Die Fachfirma hätte erst auf der einen Seite gegraben, wo das Gebäude der Wehr entstehen soll. Später hätten die Arbeiten auf der anderen Seite weitergehen können. Einen zeitlichen Verzug hätte es also in jedem Fall nicht gegeben.
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