Nachrichten

#Ein leitender Arzt berichtet aus dem Impfzentrum

Inhaltsverzeichnis

Ein leitender Arzt berichtet aus dem Impfzentrum

Als wir mit dem Impfen begonnen haben, waren die Vorgaben des Impfstoffherstellers – was Transport, Lagerung und Aufziehbedingungen betraf – sehr streng. Nach Entnahme aus dem Ultratiefkühler wurde der Impfstoff in einer Kühlbox in ein Pflegeheim transportiert. Zwei oder drei Sanitäter waren damit beschäftigt, den Impfstoff aufzuziehen. Dafür hatten sie vorher extra Lehrgänge absolviert. Wir mussten den Impfstoff, sobald die Spritze aufgezogen war, schnell verimpfen, und er sollte das Heim oder den Impfort danach nicht mehr verlassen. In den Heimen fehlten dann aber immer wieder mal die Einwilligungen der Angehörigen, manchmal mussten wir die Unterlagen noch an die Betreuer faxen, und die Unterschrift kam nicht zustande. Und da stellte sich uns die Frage, ob wir ohne Unterschrift impfen durften, wenn zum Beispiel eine Heimbewohnerin augenscheinlich noch einwilligungsfähig war. Oder ob wir den Impfstoff übrig lassen sollten?

An langen Tagen hatten wir durchaus einzelne Impfdosen übrig. Und in der ersten Phase war es kein Problem, pragmatisch zu entscheiden, dass man diesen Impfstoff einfach verwendet und vor Ort stattdessen jemanden, der zuvor nicht angemeldet war, impft. Das birgt immer das Risiko, dass Menschen in den Genuss des Impfstoffs kommen, die Grenzfälle der strikten Priorisierung waren. Und so wurde es dann schnell sehr streng, so dass es hieß: Wir haben im Pflegeheim fünf Spritzen übrig, die wir nirgendwo mehr hintransportieren dürfen, weil der Hersteller sagt, der Impfstoff sei nicht stabil genug; und im Heim finden wir keinen – also wurde die Kanüle abgemacht und der Impfstoff in den Mülleimer gespritzt.

Wir haben keine Liste

Wir haben uns gefragt, wie wir es besser machen konnten. Das Einfachste wäre, eine Liste mit priorisierten Personen zu haben, die man kontaktieren könnte, wenn Impfdosen übrig bleiben. Aber bis zum heutigen Tag gibt es diese Listen nicht. Beziehungsweise gibt es in der Stadtverwaltung jemanden, der diese Liste haben soll, aber der hat um 15 oder 17 Uhr meistens schon Feierabend und ist nicht mehr zu erreichen. Offenbar ist es leider nicht möglich, diese Liste ins Impfzentrum zu faxen oder zu mailen, damit wir Nachrücker anrufen können. Also warte ich auch heute oft ein oder zwei Stunden mit zwei Sanitätern oder allein mit einem Verwaltungsteam darauf, dass sich am Ende des Tages noch Leute mit einer Impfberechtigung einfinden. In dieser Woche war es zum Beispiel so, dass eine Kollegin von mir zwei Stunden zu einer Feuerwehrwache gefahren ist, damit wir nicht zwölf Spritzen Biontech wegschmeißen mussten.

Es kommt auch vor, dass Leute, die gemeldet sind, sagen, dass sie jetzt eigentlich gerade zum Frisör wollten oder mit dem Hund Gassi gehen, und fragen, ob sie erst in zwei Stunden kommen könnten. Vor dem Impfzentrum wartet währenddessen eine bunte Mischung von Leuten und hofft, doch noch eine Dosis abzubekommen. Ich mache es inzwischen so, dass ich mir, wenn im Zentrum jemand einen Angehörigen begleitet, selbst keinen Termin hat, aber grundsätzlich eine Berechtigung hätte, die Telefonnummer aufschreibe. Wenn der Tag zu Ende ist und wir sehen, dass noch Impfstoff übrig ist, nehme ich mein eigenes Handy und rufe denjenigen dann an. Was bewusst vermieden wird, ist, Personen ohne Berechtigung oder Termin, die vor dem Impfzentrum warten, einzubeziehen. Wenn man damit anfängt, sähe es vor dem Impfzentrum schnell aus wie vor einem Apple-Store. Dann campieren die Leute davor.

Mitarbeiter in einem Impfzentrum - hier in der Messe Dresden - ziehen Spritzen für die Corona-Impfung auf.


Mitarbeiter in einem Impfzentrum – hier in der Messe Dresden – ziehen Spritzen für die Corona-Impfung auf.
:


Bild: dpa

In einem Impfzentrum kann man, je nach Größe, am Tag etwa 800 bis 1000 Menschen impfen. Doch bleibt es für ältere Menschen oft schwierig, aus ihrem Stadtteil dorthin zu kommen. Und so schicken wir unsere mobilen Impfteams in eine große Turnhalle oder in Dorfgemeinschaftsräume und bestellen die älteren Menschen dorthin, damit sie in ihrer Nähe geimpft werden können. Das funktioniert gut, und da sind die Menschen dann auch sehr dankbar. Es gibt aber große Verunsicherung wegen der verschiedenen Impfstoffe oder Wut auf die Politik, weil nicht mehr Impfstoff eingekauft worden ist, was die Arbeit erschwert – und auch dazu führt, dass Impfstoff übrig bleibt, weil Menschen verfügbaren Impfstoff ablehnen.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!