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#Ein Monument aus Schiefer und Alabaster

„Ein Monument aus Schiefer und Alabaster“

Aller guten Dinge sind fünf: Nachdem Oslo sich lästiger Hochstraßen, Güterbahngleise und Containerstapel am Rande seines Fjords entledigt hat, sind hochkarätige Kulturbauten an ihre Stelle getreten. Mit dem neuen National­museum wird heute der fünfte und letzte kulturelle Magnet an Oslos Uferpromenade eröffnet: das neue Nasjonalmuseet, das größte Kunstmuseum in Skandinavien.

Begonnen hatte die Konversion des Hafenareals in eine Kulturmeile im Jahr 2008 mit der eisbergförmigen Oper, die sich schnell als Welterfolg der populären Baukunst erwies, dem privaten Kunst­museum Astrup Fearnley von 2012, dem Munch-Museum und der Deichman’schen Bibliothek. Das neue Nationalmuseum ist das Werk des deutschen Architekten Klaus Schuwerk, der in Neapel lebt und arbeitet. Er hat in Oslo einen Ort für die Kunst entworfen, dessen Schlichtheit und Ernst Fluch und Segen zugleich sind. Schuwerks Entwurf war im Jahr 2010 unter 238 Einreichungen mit dem ersten Preis im Architektur-Wettbewerb ausgezeichnet worden. Er schlug für das Gelände des ehemaligen Westbahnhofs eine große Kunstkiste vor, die ebenso ernst und trocken wie elegant und zeitlos anmutet. Die Endstation der Vestbanen war für viele Norweger aus dem Hinterland und von den Küsten das Tor zur Kapitale und damit Europa. Sie blieb er­halten, wirkt aber neben dem neuen Kunstmuseum wie ein Zwerg.

Vier Museen unter einem Dach

Der städtebauliche Masterplan mit dem vielsagenden Titel „Fjord City“ verfolgt das Ziel, die ehemaligen Hafen­gebiete Oslos aufzuwerten und neue Wohn- und Geschäftsgebiete auf einer Länge von zwölf Kilometern entlang der beiden Buchten, an denen Oslo liegt, für die boomende Hauptstadt zu erschließen. Am Stadthafen und der hoch­frequentierten Uferpromenade zum Vergnügungsviertel Aker Brygge gelegen, musste der Neubau mit den Bahnhofsgebäuden umgehen, die unter Denkmalschutz stehen. Der Neubau umgreift die Altbauten wie ein großes „L“. Ein neuer Eingangshof führt Besucher in das Museum und dient als Außenbereich für das hauseigene Café.

Im Haus mit seiner gewaltigen Fläche von 54.000 Quadratmetern finden etwa 5000 Exponate Platz, die bisher auf vier Standorte in Oslo verteilt waren: die Nationalgalerie, das Mu­seum für zeitgenössische Kunst, das Museum für Gestaltung und das für Architektur. Sie sind nun unter einem Dach vereint, wobei das Architekturmuseum seinen derzeitigen, von Sverre Fehn entworfenen Sitz zusätzlich be­hält. Schuwerks Museum besteht aus einem dunklen Schiefer-Sockel, der sich in der Höhe an den Bestandsbauten orientiert, und einer aufgesetzten Lichthalle. Die unterschiedlich schlanken Steinformate der Schiefer-Ansichten, die auch das Innere der Erschließungsräume prägen, erinnern an Peter Zumthors Therme in Vals in Graubünden. Die Fassade der Lichthalle darüber besteht aus Glasscheiben mit hauchdünn geschnittenem und deshalb transluzentem Alabaster dazwischen. Die magische Lichtwirkung, die da­durch im Inneren entsteht, erinnert an die japanischer Shoji-Wände aus Pa­pier. Hinter der lichtdurchlässigen Wand liegt das Herzstück des neuen Kunstmuseums, der Raum für Wechselausstellungen. Wenn er abends illuminiert wird, kehrt sich die magische Wirkung des Lichtes von innen nach außen um – das Museum wird zur leuchtenden Schatztruhe im Stadtbild von Oslo.

Zurückhaltende Monumentalität für 600 Millionen Euro

Schuwerk verwendet beständige und edle Baustoffe, die mit Würde altern: Eiche, Bronze, Muschelkalk. Ein Budget von umgerechnet mehr als 600 Millionen Euro hat diesen Bau von zurückhaltender Monumentalität möglich gemacht. Die Eleganz steckt in den Details. Schlichtheit und Massivität sollen Langlebigkeit garantieren. Eine „stille Bühne“ für die Kunst, die die Aufmerksamkeit auf die Werke lenkt, wollte der Wahlneapolitaner schaffen.

Fast wirkt es so, als hätte die junge norwegische Nation einen sicheren Hafen für ihr Patrimonium gewollt: Das solide und bewusst robust gestaltete Gebäude soll „mehrere Jahrhunderte lang“ Kunstwerke beherbergen, wünscht sich die Direktorin Karin Hindsbo, die aus Dänemark stammt. Für sie soll das Gehäuse „Gedächtnis und Identität der Nation“ sein. Bauherr und Architekt sind leider heillos verstritten. Denn während der Staat als Bauherr eine Selbstbestätigung suchte, lehnt der Architekt Schuwerk die Idee einer „nationalen Kunst“ ab.

Besonders gut gelungen ist dem Architekten die raffinierte Sequenz von Räumen, die jeder Besucher passiert – vom Vorplatz über das äußere zum inneren Foyer. Das hat Schuwerk von Schinkels Altem Museum gelernt. Stärken der Sammlung sind die Werke norwegischer Künstler wie Harald Sohlberg oder Hannah Ryggen. Die Design-Kollektion reicht von königlichen Kleidern bis zum Möbeldesign im zwanzigsten Jahrhundert. Die 86 Räume leben von Licht­decken, langen Enfiladen und farbigen Wänden. Zu den vier monographischen Räumen gehören die Kammern mit den reichhaltigen Sammlungen von Edvard Munch und Sverre Fehn.

Über breite Stufen gelangen Besucher zum zentralen Atrium, das mit den Dachterrassen verbunden ist, von denen aus sich atemberaubende Blicke auf den Fjord und die Silhouette von Oslo bieten. Die Akershus-Festung und das Rathaus aus den Dreißigerjahren, die beiden Wahrzeichen der Stadt, sind von den großen Steinterrassen aus sichtbar. Wenn man betrachtet, wie Arnebergs und Poulssons mächtiges Rathaus zwischen Nationalromantik, Funktionalismus und nordischem Klassizismus oszilliert, zeigt sich, wie nah die zeitgenössische Architektur stellenweise wieder der Vormoderne gekommen ist.

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