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Ein Ort für alle

Anne Franks Tagebuch wird selbstverständlich auch mit dabei sein. Alle möglichen Ausgaben der Aufzeichnungen aus dem Hinterhaus, die auf Deutsch lange bei S. Fischer in Frankfurt verlegt wurden, sollen Besucher des Museums aus dem Regal ziehen können, wenn sie die Bibliothek des Hauses besuchen und sich auf einem der petrolfarbenen Sofas niederlassen. Oder auf einem der Sessel, die mit dem falschen Bezug geliefert worden sind und demnächst nicht mehr in Dunkelgrau, sondern in Grün daherkommen.

Florian Balke

Benannt ist die Bibliothek nach Georg Heuberger, dem Gründungsdirektor des Museums. Eine Treppe führt aus dem Foyer des Erweiterungsbaus am Café vorbei zu den Schließfächern am Eingang hinauf. Sie sind nicht numeriert, sondern tragen die Namen Frankfurter Juden, vom Widerstandsforscher Arno Lustiger bis zu Anne Franks Großmutter Alice. Öffnet man die Fächer, sind kurze Biographien zu lesen. 130 Quadratmeter groß ist hinter der hellen Holztür der Lesesaal; Boden, Wände, Decke und Regale bestehen aus Esche. Ein Fenster blickt nach rechts in den Lichthof hinüber ins Café, ein hohes zweites links hinaus in die Stadt.

20.000 Bände besitzt die Bibliothek, nur ein Teil von ihnen wird im Lesesaal zu sehen sein. Der Rest steht in zwei Magazinräumen gleich nebenan. Eingerichtet wurde die Bibliothek, um den Mitarbeitern des Museums bei der Vorbereitung ihrer Ausstellungen zu helfen. Im Neubau dient sie zusätzlich als etwas ganz anderes: als Ort für alle. „Man kann hierherkommen, sich hinsetzen und etwas lesen, mit den Kindern spielen oder an einem Workshop teilnehmen“, sagt Franziska Krah. Die 1984 in Erfurt geborene Historikerin hat in Freiburg und Potsdam studiert und wurde mit einer Arbeit über die Antisemitismusforschung vor der nationalsozialistischen Machtergreifung promoviert.

Werke über jüdische Kunst und Regionalgeschichte

Sie leitet die Bibliothek, das Familie-Frank-Zentrum und das über der Bibliothek gelegene Museumsarchiv: „Es ist ein Grundstock für das, was wir in den Ausstellungen erzählen.“ Erstmals können sie und ihre Kollegen im Neubau fachgerecht aufbewahren, was ihnen anvertraut worden ist – in säurefreien Kartons und Mappen, bei kontrollierter Temperatur und Luftfeuchtigkeit sowie mit ausreichend Platz.

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Mehr Platz haben im Neubau auch die Bücher. Zur Sammlung zählen Werke über jüdische Kunst und jüdische Regionalgeschichte, aber auch über Antisemitismus, Nationalsozialismus, Verfolgung und Shoa. Die Bände, zu denen Besucher im Lesesaal greifen können, zeugen von der bunten Vielfalt der Ausstellungsthemen des Hauses. In einer Schau ging es um die jüdische Küche, seitdem verfügt die Bibliothek auch über Kochbücher. Mit einer eigenen Signatur. Sie werden für die Besucher ebenso zugänglich sein wie Kinderbücher, Bilderbücher und Comics.

„Schenkungen gibt es noch immer“

Aus Nachlässen wie dem des 1987 gestorbenen Rabbiners Bernhard Brilling, der nach seiner Emigration im Jahr 1939 das Stadtarchiv von Tel Aviv aufbaute und 1957 nach Westdeutschland zurückkehrte, stammen alte Talmudausgaben, aber auch Forschungsunterlagen, Dokumente, Fotografien, Tagebücher und Manuskripte, sie sind heute sämtlich Bestandteil des Archivs. „Schenkungen gibt es noch immer“, sagt Krah. Lustiger hat dem Museum seinen Nachlass ebenso überlassen wie Trude Simonsohn ihren Vorlass.

Am 25. Oktober, dem ersten Sonntag nach der Wiedereröffnung des Hauses, gibt es im ganzen Museum einen Familientag und um 19 Uhr die festliche Eröffnung der Bibliothek mit Musik vom Ensemble Modern und Führungen. Zugänglich aber ist der Lesesaal schon vom 21. Oktober an. In den nächsten Monaten müssen Besucher sich aufgrund der Corona-Pandemie zur Kontaktverfolgung am Empfang im Erdgeschoss des Neubaus anmelden. Für Wissenschaftler, denen neben dem Archiv drei Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, gilt das aufgrund der Hygieneregeln erst recht. Einen Bibliotheksausweis erwerben muss für einen Aufenthalt im Lesesaal aber niemand, auch eine Eintrittskarte zu kaufen ist nicht nötig. „Es soll jeder kommen, der möchte und Lust hat, etwas zu lesen oder sich mit Menschen zu treffen“, sagt Krah.

Gelegenheit dazu gibt es dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr. Vor allem die Sonntagsöffnung dürfte populär werden, schließlich sind öffentliche Bibliotheken wie die Frankfurter Stadtbücherei mit ihren zahlreichen Zweigstellen in den vergangenen Jahren als Aufenthaltsorte immer beliebter geworden, haben sonntags aber meist zu. Jetzt gibt es eine Frankfurter Ausnahme.

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