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#Das Wasser des Paradieses

Das Wasser des Paradieses

Ein Riad – das ist ein baumbestandener, schattiger Garten. Wie jene alte Oase am Wadi Hanifa in Saudi-Arabien, wo sich heute die Hauptstadt Ar-Riyad erhebt. Schon bevor die arabischen Wüstenbewohner in der Vorgängersiedlung Diraja Gärten angelegt hatten, gab es Gartenanlagen im Zweistromland, dem heutigen Irak, wo die sumerische Sternengöttin Inanna ihren Garten pflegte und der biblische Patriarch Abraham zu Hause war. „Ein Strom entsprang in Eden zur Bewässerung des Gartens. Von da an teilt er sich in vier Arme: Der eine heißt Pischon, der zweite heißt Gihon, der dritte, der Tigris, fließt östlich von Assur, und der vierte trägt den Namen Euphrat“, heißt es im Schöpfungsbericht der jüdischen Tora aus dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert, als die Perser die babylonischen Gärten erobert hatten.

Seitdem ahmen Menschen im Nahen und Mittleren Osten die Struktur des Gartens Eden nach, der „am Rand der himmlischen Steppe“ lag, wie „Guan Eden“ bei den Sumerern hieß: die Perser mit ihrem „Pairi-dae’-za“, die Araber mit ihrem „Riad“, die christlichen Klöster mit ihren Kreuzgängen und die Mitteleuropäer mit ihren traditionellen Bauerngärten. Alle orientierten sich mit ihrem von Mauern oder Zäunen umfriedeten Grund, dem indoeuropäischen „ghordo-s“ oder lateinisch „hortus“, an den vier biblischen Strömen, die den Garten in Quadranten teilen. Der ideale Garten ist ein Abbild des Paradieses („dschanna“). Der Begriff „dschanna“ und die vorislamischen Begriffe für „Garten Eden“ sind – und das ist kein Zufall – miteinander verwandt.

Wasser und Bäume, Schatten und Früchte

„Caharbagh“, „vier Gärten“, heißt daher diese Architektur auf Arabisch. „Herrscher der Quartiere“ nannten sich orientalische Fürsten nach den vier Quadranten, die von sich kreuzenden Kanälen durchflossen wurden, wie einst im maurischen Löwenhof der Alhambra in Granada. Im späten Mittelalter entsprangen sie den Palastgebäuden und strömten einem Brunnen in der Mitte des Hofes zu. Er wurde von zwölf Löwen getragen, Symbole des Herrschers. Schah Dschahan hat solche Königsgärten 1639 bis nach Lahore exportiert: Dort repräsentierten die terrassierten Shalimar-Gärten die islamische Mogulherrschaft.

„In seinen Niederungen fließen Bäche. Und er besitzt andauernd Früchte und Schatten“: Ein Stück jenseits im Diesseits ist der Riad, wie hier in Marrakesch.


„In seinen Niederungen fließen Bäche. Und er besitzt andauernd Früchte und Schatten“: Ein Stück jenseits im Diesseits ist der Riad, wie hier in Marrakesch.
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Bild: Picture-Alliance

Wasser und Bäume, Schatten und Früchte sind die kostbarsten Güter inmitten der Wüste. Deshalb verspricht die 47.Sure des Korans den Gerechten für ihr Nachleben einen Garten: „Dort fließen Ströme von Wasser, das nicht verdirbt, Ströme von Milch, Ströme von Wein und Ströme geläuterten Honigs. Und darin werden sie Früchte aller Art haben und Vergebung von ihrem Herrn.“ Früchte wie dazumal von den Orangenbäumen in den vier Quartieren des Löwenhofs, denn der islamische Palastgarten symbolisierte das verheißene Paradies – einen Garten, wie ihn die Araber vorfanden, als sie das Sassanidenreich im siebten Jahrhundert überrannten.

„In seinen Niederungen fließen Bäche. Und er besitzt andauernd Früchte und Schatten“, so beschreibt die 13. Sure den jenseitigen Garten für die Gottesfürchtigen. In seinen diesseitigen Abbildern wurden Blumen und Kräuter häufig in abgesenkten Beeten der Quadranten gepflanzt, um den Angehörigen des Hofstaats das Gefühl zu vermitteln, durch eine blühende Aue zu schreiten. Im Orientalischen Garten in den „Gärten der Welt“ von Berlin-Marzahn sind die vier Quartiere aber in Wasserbecken mit Springbrunnen und Fontänen umgewandelt, die von einer Brunnenschale in der Mitte gespeist werden. Auch im Myrtenhof von Granada gibt es ein zentrales, von einer Myrtenhecke gesäumtes Wasserbecken. Wasser, auch wenn es nicht biblisch-koranisch fließt, bleibt das zentrale Gestaltungselement des islamischen Gartens.

In der Mitte entspringt immer ein Brunnen: Innere Gartenanlage der Sultan Quaboos Grand Mosque in Oman.


In der Mitte entspringt immer ein Brunnen: Innere Gartenanlage der Sultan Quaboos Grand Mosque in Oman.
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Bild: Picture-Alliance

Nicht jeder maghrebinische oder andalusische Hausbesitzer kann sich allerdings einen Patio mit vier Kanälen leisten. Die Blumen des islamischen Gartens blühen aber auch im einfachen Hofgarten, dem Herzen des islamischen Wohnhauses. Umrahmt von Dekorbändern aus glasierten Kacheln mit floralen Motiven, Waben und Rauten, wachsen hier Granatapfelbäumchen, Mimosen und Oleander hinter weiß getünchten Mauern. Jasmin, Veilchen und Rosen, wie sie der persische Dichter Hafis (etwa 1315 bis 1390) besungen hat, verbreiten ihren Duft: „Jetzt, da die Rose aus dem Nichts/ins Dasein tritt, zum Schmuck der Auen,/In Demut kaum das Veilchen wagt/zur Herrlichen emporzuschauen.“ Sie war über alle Blumen erhaben: „Die Rose reitet auf dem Wind/wie weiland Salomo, der König“, dichtete Hafis und gesellte ihr die Nachtigall bei, als Symbol gottergebener Liebe. Auch im Mittelpunkt des Patios steht ein Brunnen – Symbol der lebensspendenden Güte des Allbarmherzigen.

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