#Einblick in Geheimnisse der Mumifizierung
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„Einblick in Geheimnisse der Mumifizierung
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Welche Substanzen kamen bei der Einbalsamierung zum Einsatz, wie wurden sie verwendet und woher stammten sie? Diese Fragen beleuchten nun Untersuchungsergebnisse von Gefäßen, die in einer altägyptischen Mumifizierungswerkstatt entdeckt wurden. Unter anderem konnten die Wissenschaftler die Zusammensetzung von zuvor nur aus Schriften bekannten Präparaten entschlüsseln. Außerdem zeigt sich, dass einige Substanzen aus erstaunlich weit entfernten Regionen stammten – ein Beleg für eine frühe globale Vernetzung.
Zu den vielen faszinierenden Kulturleistungen des Reichs der Pharaonen gehört bekanntlich auch ein Aspekt mit einem gewissen Gruselfaktor: Die alten Ägypter verwandelten ihre Toten in Mumien. Auf der Grundlage religiöser Vorstellungen versuchten sie, die Körper bestmöglich vor dem natürlichen Zerfallsprozess zu bewahren. Dazu kamen ausgesprochen effektive Substanzen und Techniken zum Einsatz, wie einige bis heute erstaunlich gut erhaltene Mumien dokumentieren.
Das faszinierende Konzept steht schon lange im Fokus der Forschung und so ist bereits einiges über die Einbalsamierungspraxis bekannt. Doch noch immer gibt es zahlreiche offene Fragen. Denn bisher basiert das Wissen hauptsächlich auf schriftlichen Überlieferungen und Abbildungen sowie auf Untersuchungen von Mumien. In einigen Fällen blieb deshalb unklar, auf welche Substanzen sich bestimmte Bezeichnungen in den Texten beziehen. Unter anderem dazu liefert die Studie des internationalen Forscherteams nun neue Erkenntnisse.
Beschriftete Gefäße aus einer Mumifizierungswerkstatt
Die Ergebnisse basieren dabei auf einer besonderen Entdeckung aus dem Jahr 2016: An dem uralten Begräbnisort Sakkara, etwa 20 Kilometer südlich von Kairo, stießen Archäologen auf die Überreste einer Mumifizierungswerkstatt. Den Befunden zufolge wurden dort zur Zeit der 26. Dynastie, im 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. Verstorbene für das anschließende Begräbnis vorbereitet. Das Besondere: Die Archäologen entdeckten über hHundert Gefäße, die einst die Substanzen enthielten, die zur Einbalsamierung verwendet wurden.
Beschriftungen bezeichneten dabei den jeweiligen Inhalt und auf einigen Gefäßen stehen sogar kurze Gebrauchsinformationen. Beispielsweise ist dort „Einsatz für den Kopf“ oder „Macht eine schöne Haut“ zu lesen. „Namentlich sind uns viele dieser Balsamierungsstoffe seit der Entzifferung der altägyptischen Schrift bekannt“, sagt Co-Autorin Susanne Beck von der Universität Tübingen. „Aber welche Substanzen sich hinter einem Namen verbergen, konnten wir bislang nur erahnen“, so die Grabungsleiterin. Einblicke in diese Frage konnten nun die Untersuchungen von Rückständen der einstigen Inhalte in den Behältern liefern. Das Team unterzog dazu Proben aus 31 Gefäßen einer Analyse mittels der Technik der Gaschromatographie-Massenspektrometrie, die Rückschlüsse auf die Identität von chemischen Substanzen liefern kann.
Wie das Team berichtet, ermöglichten es die Ergebnisse, bekannte Texte zur altägyptischen Balsamierung neu zu interpretieren. Denn der Abgleich der identifizierten Substanzen mit den Gefäßbeschriftungen zeigte nun erstmals deutlich, welche Substanzen für bestimmte Körperteile zur Balsamierung verwendet wurden. So kamen beispielsweise Pistazienharz und Rizinusöl offenbar ausschließlich für bei die der Behandlung des Kopfes zum Einsatz, geht aus den Ergebnissen hervor.
Aufschlussreiche Analyseergebnisse
Ein weiterer interessanter Befund widerlegte zudem eine bisherige Annahme, berichten die Forscher: „Seit langer Zeit wurde die von den alten Ägyptern als antiu bezeichnete Substanz mit Myrrhe oder Weihrauch übersetzt, doch wir konnten nun zeigen, dass sich dahinter ein bestimmtes Gemisch ganz unterschiedlicher Zutaten verbirgt“, sagt Erst-Autor Maxime Rageot von der Universität Tübingen. Denn in dem mit der Bezeichnung „antiu“ beschrifteten Gefäß aus Sakkara identifizierten die Forscher eine Mischung aus Zedernöl, Wacholder-/Zypressenöl und tierischen Fetten.
Neben der Identifizierung und Verwendungsweise war auch die Herkunft der Substanzen ein interessanter Aspekt der Studie: „Es war überraschend festzustellen, dass der größte Teil der während der Balsamierung verwendeten Substanzen nicht aus Ägypten selbst stammte, sondern auch aus dem Mittelmeerraum und sogar aus noch viel weiter entfernten Regionen importiert wurde“, sagt Seniorautor Philipp Stockhammer von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Denn neben Pistazienharz, Zedernöl und Bitumen – allesamt vermutlich aus der Levante – fanden die Forscher auch Rückstände der Harze des Dammar- und des Elemi-Baumes. Dabei handelt es sich um ausgesprochen exotische Gewächse: Während das Harz des Elemi-Baumes aus dem tropischen Afrika nach Ägypten gekommen ist, wächst der Dammar-Baum bis heute ausschließlich im tropischen Südostasien.
Dies verdeutlicht, welchen enormen Aufwand die alten Ägypter betrieben, um an ganz bestimmte Substanzen für die Einbalsamierung zu gelangen, sagen die Forscher. „Man musste dabei auch an große Mengen dieser exotischen Harze gelangen. Vermutlich hatte die ägyptische Mumifizierung letztlich sogar einen wichtigen Anteil daran, dass es zu einer frühen, weltweiten Vernetzung kam“, sagt Rageot.
Die Untersuchung der Gefäße aus der Mumifizierungswerkstatt soll nun auch weitergehen: Stockhammer sagt dazu abschließend: „Wegen der zahlreichen Inschriften auf den Gefäßen wird es nun in Zukunft möglich sein, das bislang unverstandene Vokabular der altägyptischen Chemie weiter zu entschlüsseln“, so der Wissenschaftler.
Quelle: Universität Tübingen, Ludwig-Maximilians-Universität München, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-022-05663-4
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