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#Boerne ist über jeden Zweifel erhaben

Boerne ist über jeden Zweifel erhaben

Der Professor ein wissenschaftlicher Plagiator? Seine Assistentin eine unsichere Kantonistin, die ihre eigene Schludrigkeit unter den Teppich kehrt? Der Kommissar ein ermittlungstechnischer Blindgänger und der Hilfspolizist ein Hochstapler, der niemals hätte eingestellt werden dürfen? „Ich bitte um fristlose Entlassung“, sagt denn auch „Alberich“ Silke Haller (ChrisTine Urspruch) stellvertretend für alle Protagonisten, die in diesem „Tatort“ gehörig neben der Spur laufen. Der Bitte wird selbstverständlich nicht stattgegeben, ist das Team aus Münster doch praktisch unkündbar. Es ist das in der Publikumsgunst am höchsten stehende der Krimireihe. Daran dürfte auch die minder originelle Episode „Rhythm and Love“ nichts ändern.

Für diese setzt die Drehbuchautorin Elke Schuch auf Altbewährtes: den Ausflug der komischen Hauptfiguren in eine noch skurrilere Parallelgesellschaft, die sich als Milieu des Verbrechens erweist. In ihrem neununddreißigsten Fall stolpern Kommissar Thiel (Axel Prahl) und Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) unter der Regie von Brigitte Maria Bertele zwischen den Campingbussen einer Hippie-Kommune umher, deren Bewohner sich abwechselnd in Trance trommeln und polyamor über Kreuz lieben. Das hat natürlich mehr Sex-Appeal als ein Mord in der Schrebergartensiedlung. Und das Motiv ist auch gleich klar: Eifersucht, ein echter Klassiker. Da wären sogar die flauschigen Lamas aus dem Streichelzoo der Blumenkinder draufgekommen.

Selbsthilfegruppe für virile Beziehungsprobleme

Bleibt nur die Frage, wer dafür gesorgt hat, dass die Leiche des Tantra-Meisters Maik (Matthias Zera) nackt im Auwald liegt. Ein schwarzes Haar am Körper des blonden Mannes könnte vom Schopf des Mörders stammen. Doch was nützt es, einen Reigen zerquälter Liebender abzuschreiten und besonders verdächtigen Kandidaten zwecks DNA-Test ein Wattestäbchen in den Mund zu schieben, wenn Alberich bei der Spurensicherung danebengegriffen hat?

Es dient dazu, dass sonst allzu schnell zu lösende Rätsel möglichst lange in der Schwebe zu halten und derweil den Blick auf die Nebenrollen zu lenken. Während Maelle Giovanetti und Patrycia Ziolkowska zwar erschütterte, doch im Grunde selbstgewisse Frauen im Dunstkreis der Utopisten mit den Indianerfedern im Haar spielen, gleichen die männlichen Figuren eher einer Selbsthilfegruppe für virile Beziehungsprobleme. Nikolai Kinski gibt einen abgründig schweigenden Priester, den Thiel in Don-Camillo-und-Peppone-Manier im Beichtstuhl zum Verhör bittet. August Wittgenstein spielt einen vordergründig fast nach Art von „Ku’damm 59“ spießig verheirateten Polizeipressesprecher, der pikanterweise mindestens in einem Dreiecksverhältnis zum Toten aus der Kommune stand. Und dann wären da ein seniler Kommissar a.D. (Peter Harting), der immer noch den größten Fisch fangen will und dessen latente Schwulenfeindlichkeit dezidiert konterkariert wird von Boernes Deklamation: „Schrader? Sie sind schwul? Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass Sie schwul sind. Im Gegenteil!“

Noch ein „odd couple“: „Alberich“ Silke Haller (ChrisTine Urspruch) und Mirko Schrader (Björn Meyer) bei Kakao mit Rum.


Noch ein „odd couple“: „Alberich“ Silke Haller (ChrisTine Urspruch) und Mirko Schrader (Björn Meyer) bei Kakao mit Rum.
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Bild: WDR/Martin Valentin Menke

Wäre das also geklärt. Es entbindet Björn Meyer in der Rolle von Mirko Schrader jedoch nicht davon, ziemlich unterkomplex weiterhin der für Heißgetränke zuständige Assistent zu bleiben. Ausnahmsweise darf er an der Seite von Silke Haller immerhin auf noch trotteligere Weise als der Kommissar und der Gerichtsmediziner der richtigen Spur folgen. Zwei „odd couples“ aber sind selbst für den Münster-„Tatort“ ein bisschen viel des Guten in der Klamauk-Combo. Für Verlässlichkeit sorgen da die ihre Augen verdrehende Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) und der immer noch taxifahrende „Vaddern“ Thiel (Claus D. Clausnitzer), dem als Hasch-Dealer („Bioanbau“) die Rolle des Kommunarden-Aushorchers zufällt.

Wenig Neues also im Westen der Fernsehkrimi-Republik, was die immer noch lustvollen Auftritte des Ensembles gekonnt überspielen – und die von Richard Wagner bis Kris Kristofferson reichende Musikauswahl. Der inzwischen offenbar im „Tatort“ obligatorische, von einem Song getragene Rundumblick (Kamera Timon Schäppi) auf Gemütszustände der Figuren darf ebenfalls nicht fehlen. Man zitiert sich eben gern gegenseitig – wie Professor Boerne und andere Koryphäen auf dem Gebiet der Rechtsmedizin es untereinander tun. Von wegen Plagiat! Das unterschreiben wir sofort. Solange Boerne in eigener Sache spricht und nicht, wie zuletzt, für Jan Josef Liefers in Sachen #allesdichtmachen, bleibt er über jeden Zweifel erhaben.

Der „Tatort: Rhythm and Love“ läuft am Sonntag, 2. Mai, um 20.15 Uhr im Ersten.

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