#Eine Ikone der Schiene

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„Eine Ikone der Schiene“
Auch der Bundespräsident war gerührt. „Einen Tag wie diesen und einen Auftrag wie diesen habe ich in meinem Leben noch nicht erlebt“, sagte Richard von Weizsäcker. Am 29. Mai 1991 um 12 Uhr gab das Staatsoberhaupt im Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe das Startsignal für den ICE-Verkehr in Deutschland. Fünf der neuen Hochgeschwindigkeitszüge hatten zuvor im Rahmen einer Sternfahrt aus Bonn, Hamburg, Mainz, Stuttgart und München einen Großteil der 3000 Ehrengäste zur neu gebauten Station gebracht.
Wohl keiner habe an diesem Tag geahnt, Zeuge des Beginns einer unglaublichen Erfolgsgeschichte zu werden, heißt es heute seitens der Deutschen Bahn, deren Vorstandschef Richard Lutz das Jubiläum in wohlige Worte fasst: „Der ICE ist ein absoluter Star, das Synonym für Hochgeschwindigkeit auf der Schiene. Er gehört zu unserem Alltag wie der Karneval zum Rheinland, der Hafen zu Hamburg und die Currywurst zu Berlin. Aus unserem Leben ist der ICE nicht mehr wegzudenken.“
1,5 Milliarden Passagiere in drei Jahrzehnten
Ja, leider, mögen viele Passagiere jetzt einwenden. Über ihren Ärger mit der Bahn und natürlich auch mit dem ICE könnten Millionen von Kunden ganze Buchreihen füllen. Lange Verspätungen, verpasste Anschlüsse, ausgefallene Klimaanlagen, überfüllte Züge, unfreundliche Zugbegleiter, schlechtes Essen im Bordbistro – all das gehört natürlich auch zur Geschichte des ICE. Ebenso wie dessen schwärzeste Stunde in drei Jahrzehnten: das Zugunglück von Eschede. Am 3. Juni 1998 entgleiste der ICE 884 „Wilhelm Conrad Röntgen“ zwischen Hamburg und Hannover. Mehr als 100 Menschen überlebten den schwersten Eisenbahnunfall in der Geschichte der Bundesrepublik nicht. Die Bilder der schrecklich aufgefalteten und zertrümmerten weiß-roten Waggons brannten sich in das kollektive Gedächtnis der Deutschen ein.
Trotz Eschede gilt: Die Bahn gehört zu den sichersten Verkehrsmitteln überhaupt. In 30 Jahren sind 1,5 Milliarden Menschen praktisch unfallfrei mit dem ICE gereist. Und der ICE hat mit seinen Spitzengeschwindigkeiten die Welt des Verkehrs hierzulande verändert. Auf vielen Strecken ist das Auto keine Alternative und auch das Flugzeug nicht. Das hatte sich ein weitblickender Werbeplaner schon damals gedacht: „Doppelt so schnell wie das Auto, halb so schnell wie das Flugzeug“ – unter diesem Motto startet am 2. Juni 1991 der Regelbetrieb des ICE- Hochgeschwindigkeitsverkehrs.
Jubiläum
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Die ICE-Geschichte in Bildern
Weltrekord: Mit Tempo 406 unterwegs
Schon lange davor begannen die Planungen. 1973 startete der Bau für die erste Neubaustrecke von Hannover nach Würzburg. Sie wird für Tempo 250 ausgelegt. Zu diesem Zeitpunkt fuhren Personenzüge in Deutschland maximal 160 Kilometer je Stunde schnell. Der Vorläufer der heutigen ICE, der ICE/V, fuhr 1988 sogar einen neuen Weltrekord ein. Zwischen Fulda und Würzburg war er – am 31. Mai um 11.13 Uhr bei Streckenkilometer 287,9, wie die DB exakt protokolliert hat – mit 406,9 km/h unterwegs. Die Entwicklung dieses damals InterCity Experimental genannten Zugs mutet für heutige Verhältnisse günstig an: 76,6 Millionen D-Mark kostete das Vorhaben. 44 Millionen DM zahlte das Bundesforschungsministerium, den Rest teilten sich die Industrie und die Deutsche Bundesbahn zu fast gleichen Teilen.
Man ist stolz auf das, was als Technologiesprung gilt, ein Symbol für Hightech „made in Germany“. Der Zug hat völlig neu konzipierte Drehgestelle, Antriebe und Stromabnehmer, erstmals druckdichte Einstiegstüren und Fahrzeugübergänge. Auch geschlossene WC-Systeme waren ein dramatischer Fortschritt in einer Zeit, als das Ergebnis üblicherweise noch im Gleis landete. Schon damals erfolgte die Datenübertragung im Zug über Glasfaserkabel, die Fahrgäste wurden über ein elektronisches System informiert und zum Teil über Displays direkt am Platz.
Wuchtige und schlanke Designs
Im Laufe der Jahre hat sich einiges verändert. Dem wuchtigen Design der ICEs der ersten Generation steht die eher schlanke Gestaltung der vierten gegenüber, die seit 2016 auf den Gleisen unterwegs ist und als XXL-ICE bis zu 918 Sitzplätze aufweist. Während der ICE 1 noch klassisch über zwei Triebköpfe verfügte, also Lokomotiven an den Zugenden (und das noch heute tut, weil er im Rahmen einer laufenden Modernisierung bis mindestens 2030 im Einsatz bleiben soll), sieht das Technikkonzept später anders aus. Im ICE 3, der vor allem zwischen Frankfurt und Köln mit bis zu Tempo 300 fährt, ist der Antrieb auf mehrere Achsen im gesamten Zug verteilt. Im ICE 4 wiederum ist erstmals die gesamte Antriebstechnik in einzelnen Wagen, in sogenannten Powercars konzentriert. Dadurch lassen sich unterschiedlich lange Varianten flexibel bilden.
Was alle Baureihen eint: Die ICEs waren wichtig für den deutschen Schienenverkehr, sie sind wichtig, und sie werden immer wichtiger – schließlich will die Bahn bis 2030 die Zahl der Fernreisenden verdoppeln. Und eine weitere Prognose lässt sich ohne weiteres abgeben: Auch künftig werden die Passagiere häufiger mal verspätet ankommen. Das war schon im Mai 1991 zum Start nicht anders. Einer der fünf ICE 1 bei der Jungfern-Sternfahrt erreichte sein Ziel eine Viertelstunde zu spät – ausgerechnet der mit Bundespräsident von Weizsäcker an Bord.
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