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#Eine russische Zeichentrickserie erobert die Welt

Eine russische Zeichentrickserie erobert die Welt

Ein Großraumbüro im Norden Moskaus: Es herrscht kreatives Chaos. Bunte Sitzsäcke stehen herum, eine Gitarre und ein Balancier-Brett, an den Wänden hängen selbstgemalte Bilder und Lichterketten. Nichts deutet darauf hin, dass an diesen Schreibtischen, in einem unscheinbaren, zweistöckigen Gebäude, einer der größten Exporterfolge Russlands entsteht: Die computeranimierte Fernsehserie „Mascha und der Bär“ wird hier seit Jahren von dem privaten Studio Animaccord produziert.

Katharina Wagner

Wirtschaftskorrespondentin für Russland und die GUS mit Sitz in Moskau.

Nur Regisseur Alexander Gontscharow sitzt an diesem Tag im Büro hinter zwei Bildschirmen. Vor der Pandemie sei es hier voll gewesen, sagt er bedauernd. Seit vergangenem Frühjahr arbeiten fast alle der mehr als 100 Drehbuchautoren, Animationsdesigner und Techniker, die an der Serie arbeiten, von zu Hause aus – in Russland ist die Corona-Lage nach einem Lockdown im Frühjahr vergangenen Jahres nie wieder richtig unter Kontrolle gebracht worden. Auch Gontscharow ist nur für das Interview ins Studio gekommen. Er arbeitet an neuen Folgen, bringt die Szenen, die ihm die Animationsdesigner geschickt haben, in die richtige Reihenfolge: Gerade kämpft Mascha mit einem versehentlich losgegangenen Feuerlöscher.

Vier Milliarden YouTube-Aufrufe

Der Aufbau der knapp 7 Minuten langen Episoden ist fast immer gleich: Mascha besucht ihren Freund, einen gemütlichen, ehemaligen Zirkusbären, in seinem Haus im Wald, veranstaltet ohne böse Absicht allerlei Quatsch und bringt ihn damit an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. In der erfolgreichsten Folge, „Das Mascha-Speziale“, die es 2019 als meistgesehener Zeichentrickfilm auf YouTube ins Guinness-Buch der Rekorde schaffte und bis heute mehr als 4 Milliarden Mal angeschaut wurde, will der Bär in aller Ruhe seine Fertigkeiten im Dame-Spiel verbessern. Derweil kocht Mascha sich rosafarbenen Brei – und zwar so viel, dass sie zuerst alle auffindbaren Gefäße damit füllt, dann die Tiere des Waldes abfüttert, bis deren Bäuche sich blähen wie Luftballons, und schlussendlich der Kochtopf explodiert.

In dem „Clown-Paar“ aus Kind und Tier könnten die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern viel besser dargestellt werden als zwischen einem Kind und einem Erwachsenen, sagt der Produzent der Serie, Dmitrij Lowejko, im Gespräch mit der F.A.Z. Die Eltern würden sich in dem Bären wiedererkennen, die Kinder in Mascha, die „hyperaktiv und egozentrisch“ sei, eben ein „normales Kind, mit guten und schlechten Eigenschaften“.

In dieser Grundkonstellation sieht Lowejko einen der Gründe für den Welterfolg der Serie, die in 43 Sprachen übersetzt wurde und in den Ratings der beliebtesten Kinderfernsehsendungen neben „Peppa Wutz“ und „Paw Patrol“ regelmäßig einen der ersten Plätze einnimmt. Aber auch die detailverliebte 3-D-Technik, die das Fell des Bären kuschelig weich aussehen und den Samowar golden glänzen lässt, und die Musikalität, die an die Tradition der sowjetischen Zeichentrickfilme angelehnt sei, spielen laut Lowejko eine Rolle.

Alle lieben Mascha: Im Studio Animaccord  entsteht einer der größten russischen Exportschlager.


Alle lieben Mascha: Im Studio Animaccord entsteht einer der größten russischen Exportschlager.
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Bild: EPA

Dass die Serie auch in Russland Erfolg hat, ist in gewisser Hinsicht überraschend. Denn die wilde, freche und vorlaute Mascha, die nicht auf den Bären hört, sich schmutzig macht und in Gefahr begibt, ist weit entfernt von dem Ideal des braven, angepassten Kindes, wie es in großen Teilen der russischen Gesellschaft und besonders für Mädchen nach wie vor gilt. Versuche, Ideen von Gleichberechtigung oder Feminismus in die Serie hineinzuinterpretieren, weist Lowejko aber weit von sich: Dabei gehe es um politische Rechte, und mit Politik habe man nichts zu tun. Das Studio sei unabhängig, habe niemals auch nur „einen Cent an staatlicher Unterstützung“ erhalten.

317 Millionen Dollar mit Merchandise verdient

Ähnlich reagierte Animaccord auf eine absurde Debatte im Jahr 2018, als in einem Artikel der britischen Zeitung The Times der Serie vorgeworfen wurde, Teil russischer Propaganda zu sein. Zitiert wurde ein Politologe, der Mascha als „putinesk“ bezeichnete: Wie der russische Präsident boxe sie ständig über ihrem Kampfgewicht. Der Kreml nutzte damals gern die Steilvorlage und behauptete, die britische Presse sei deshalb besorgt, weil der Bär so lieb sei und die britischen Kinder dazu bringen könnte, Russland nicht mehr zu hassen.

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