#Eine Scheidung für alle
Inhaltsverzeichnis
„Eine Scheidung für alle“
Melinda French war 22 Jahre alt, als ihr mit einem abgeschlossenen Informatikstudium in der Tasche alle Türen offen standen: IBM wollte sie einstellen. Und das Start-up mit dem berühmten Chef: Microsoft. Das rapide wachsende Unternehmen heuerte gleich sechs neue Produktmanager an: fünf Männer – und Melinda. Später, bei einem Plausch auf dem Parkplatz, fragte Bill Gates sie schließlich nach einem Date – in zwei Wochen. „Das ist mir nicht spontan genug“, soll Melinda nur gemeint haben, in ihr Auto gestiegen und davongefahren sein. Eine Stunde später klingelte ihr Telefon. „Ist es heute Abend spontan genug für dich?“
Mehr als drei Jahrzehnte danach sind Bill und Melinda Gates ein Power-Couple mit der größten privaten Stiftung der Welt, Verbindungen zu wichtigen Länderchefs, einem enormen weltpolitischen Einfluss – und einem Vermögen von 130 Milliarden Dollar. In der Filmreihe „Der Mensch Bill Gates“ erklärt Bill Gates das Funktionieren ihrer Ehe immer wieder mit dem Satz „We’re equals“, sie seien einander gleichgestellt. Die beiden werden etwa gezeigt, wie sie gemeinsam ein Puzzle lösen. Und erzählen, wie sie beim Frühstück wegen eines New-York-Times-Artikels über Kindersterblichkeit durch Durchfall zufällig den Einfall hatten, ihre Stiftung zu gründen, die heute der zweitgrößte Geldgeber der Weltgesundheitsorganisation WHO ist.
Die ideale Mischung aus genialen Köpfen, viel zu viel Geld und dem Drang, Gutes zu tun, ist auch die Grundlage für eine funktionierende Beziehung der Milliardäre – so jedenfalls schien es all die Jahre. Bis dann, an einem Montag im Mai, Melinda die Scheidung einreichte. Nach 27 Ehejahren. Und nur zwei Jahre nach Erscheinen der erwähnten Filme, die ihr Privatleben so heil erscheinen hatten lassen.
Überhöhte Vorstellungen von Romantik
Für viele ein Schock: Scheidung, ausgerechnet bei den Gates? Die ja, wie wir wissen, gemeinsam all den Verschwörungstheorien getrotzt haben, dass sie Echsen seien oder das Coronavirus erfunden hätten, und einfach weiter Gutes getan (und darüber geredet) haben? Dabei ist es ja, bei näherer Betrachtung, nicht unüblich, dass Paare, zumal solche in finanzieller Totalunabhängigkeit, sich auch in fortgeschrittenem Alter (er ist 65, sie 56) trennen. Trotzdem: Ist es nicht merkwürdig, dass vollkommen fremde Paare für unsere überhöhten Vorstellungen von Romantik herhalten müssen?
Die Bonner Soziologieprofessorin Doris Mathilde Lucke wundert sich nicht darüber. „Wir leben in einer hochgradig digitalisierten und mediatisierten Welt, in der erstens die Grenzen zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen immer mehr verschwimmen und zweitens die räumliche und soziale Distanz eine seltsame Veränderung erlebt.“ Uns sind nämlich gerade ferne Menschen nah, meint Lucke – und Menschen, mit denen wir in einem Raum sitzen, unter Umständen sehr fern. Eine traurige Vorstellung, aber „das kann auch ein Schutz sein“, sagt Lucke. „Alle sozialen Probleme, die es in unserer Gesellschaft gibt, kann ich mir wie in einem Kaleidoskop anschauen und beispielhaft meine Lehren daraus ziehen.“ Ohne davon betroffen zu sein. Sehr praktisch.
Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.
Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.
Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.