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#Elfenbeintürme im Exzellenzbetrieb

Elfenbeintürme im Exzellenzbetrieb

Der Wissenschaftsrat hat mit seinem Positionspapier zu den „Entwicklungsperspektiven von Institutes for Advanced Studies in Deutschland“ eine Lücke in der Beschreibung unseres Wissenschaftssystems gefüllt. Welche Rolle spielen die seit Beginn der Exzellenzinitiative aus dem Boden sprießenden „Institutes“ im Wissenschaftssystem? Diese Frage ist nicht so selbstverständlich, wie sie klingt. Die „Gründungswelle“ hat zu einer Vielfalt an Institutionen geführt, die teilweise auf Dauer gestellt worden sind, andere sind weiter prekär finanziert oder verfügen über eine sehr schmale Grundfinanzierung durch Universitäten oder andere Trägerinstitutionen. Manche werden von ihrer Universität als Drittmittelquelle betrachtet, andere nicht.

Die neugegründeten IAS befinden sich in produktiver, manchmal aber auch destruktiver Konkurrenz zu den etablierten außeruniversitären Instituten wie dem Wissenschaftskolleg zu Berlin oder dem Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst. Der Markt für brillante Forscher ist nicht besonders groß. Wenn nun universitäre und außeruniversitäre IAS um sie konkurrieren, dann wird es immer schwieriger, überhaupt geeignete Fellows zu finden. Man mag das Kannibalisierung oder eben Markteffizienz nennen.

In ihrem institutionellen Zuschnitt ähneln die universitätsnahen IAS oft den Organisationsprinzipien der außeruniversitären Forschung (Harnack-Prinzip der Max-Planck-Institute, Inter- und Transdisziplinarität wie bei Leibniz- oder Helmholtz-Instituten) und der Förderlogik von Drittmittelgebern (auf Dauer gestellte Sonderforschungsbereiche oder Forschergruppen der Deutschen Forschungsgemeinschaft).

Andererseits sind sie Orte, an denen man die funktionale Differenzierung des Wissenschaftssystems beobachten kann. Sie sind, wie die erste Gründung auf deutschem Boden, das Wissenschaftskolleg zu Berlin, eine Reaktion auf die „Verbetrieblichung“ der Universität. Legendär ist das Grußwort Peter Wapnewskis, des Gründungsrektors der Berliner Institution, an den ersten Fellowjahrgang am 16. Oktober 1982: „Sie haben keine Aufgabe, die Sie sich nicht selbst stellen, keine Verpflichtung zu einer bestimmten Leistung. Es gibt keine Evaluation. Wir erwarten die Selbstverpflichtung, am Mittagessen teilzunehmen.“

Universitäten bieten nicht genug Freiheiten

Die freiheitliche Logik, die bei den meisten IAS zu beobachten ist, kommt insbesondere der geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschung zugute. Denken und Schreiben brauchen Zeit, Einsamkeit und nur gelegentlich Kommunikation. Die Institute ermöglichen ihren Fellows eine zeitlich befristete außerbetriebliche Existenz, was nichts Gutes über den Normalbetrieb an den Universitäten sagt.

Die gleiche Logik gilt für die Steuerung solcher Institutionen. Die Verwaltung eines Institute for Advanced Studies muss selbst kreativ sein und Ideen, Netzwerke, Grenzüberschreitungen der Disziplinen ermöglichen. Voraussetzung ist, wie für die Institution als ganze, Autonomie. Verwaltung, das können wiederum die Universitäten lernen, hat mit Vertrauen und Risikobereitschaft zu tun.

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Sehr klar werden in dem Positionspapier die Entwicklungsperspektiven der Institutes for Advanced Studies beschrieben. Die 2017 von Präsident Macron ins Leben gerufene Idee der „europäischen“ Universität hat in der vom Wissenschaftsrat präsentierten Idee eines europäischen Institute for Advanced Studies einen würdigen Nachfolger.

Ein wenig zu kurz kommt in dem Papier die Wechselwirkung zwischen der Universität und den „Institutes“. Während die Universität auf Öffnung für möglichst viele Zielgruppen setzt, haben die Institute einen exklusiven Adressatenkreis. Vom Drittelmitteldruck und Leistungsvereinbarungen getriebene Professoren und nachrückende Wissenschaftler stärken mit dem Gastaufenthalt zugleich ihre „Marke“. Die daraus resultierende Spaltung der Dozentenschaft in Drittmittelkönige, Bewohner von Institutes for Advanced Studies und verarmten Grundmitteladel lässt sich an vielen Stellen innerhalb der Universität beobachten. Die „Institutes“ leisten auch einer Refeudalisierung der Universitäten Vorschub. In ihnen trifft sich eine Elite lehrbefreiter Professoren und vielversprechender Nachwuchswissenschaftler außerhalb des Betriebs.

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