Wissenschaft

Ende der Wetterforschung? – Mathlog

Das Trump-Lager hat letztes Jahr im Wahlkampf behauptet, die Demokraten hätten einen Hurrikan erzeugt und auf republikanisch regierte Bundesstaaten umgelenkt. Und Trump hat auch schon mal die Vorhersage für die Zugbahn eines Hurrikans geändert. Das ist so, als würde Frau Weidel sagen, die Vorhersage des Deutschen Wetterdienstes stimmt nicht und in Wirklichkeit wird der Sturm dahinziehen. Das ist völlig irre. Jochem Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie, 14. März 2025 Link

Während ein Verfahren zur numerischen Lösung gewöhnlicher Differentialgleichungen schon von Leonhard Euler in seinem 1768 erschienenen Buch “Institutiones Calculi Integralis” vorgestellt wurde, begann die numerische Behandlung partieller Differentialgleichungen erst im 20. Jahrhundert.
Der Meteorologe Lewis Richardson schlug in seinem 1922 erschienen Buch “Weather Prediction by Numerical Process” (das in seinem ersten, 1916 vollendeten Entwurf noch “Weather Prediction by Arithmetical Finite Differences” geheißen hatte) eine numerische Wettervorhersage vor. 64000 (menschliche) Rechner sollten ausreichen, das weltweite Wetter schnell genug für eine tägliche Meldung zu berechnen. Für seine numerische Wettervorhersage überzog er die Weltkarte mit einem Schachbrettmuster, wobei die Felder eine Seitenlänge von etwa 200 Kilometer hatten. Die Atmosphäre oberhalb jedes dieser Felder unterteilte er weiter in Schichten mit Grenzen in 2000, 4200, 7200 und 11800 Metern Höhe. Beinahe die Hälfte seines Buches bestand dann aus einer Diskussion der notwendigen physikalischen Gleichungen, um möglichst alle physikalischen Vorgänge, die sich zwischen diesen Zellen abspielen, zu berücksichtigen.

(Bild aus L. F. Richardson: Weather Prediction by Numerical Process. Cambridge University Press, London 1922)

Wettervorhersagen gab es auch vorher schon, sie beruhten aber auf den Erfahrungen der Meteorologen und nicht auf den Differentialgleichungen der Physik. Tatsächlich galt auch Richardson Methode zum Zeitpunkt ihres Erscheinens als unpraktikabel und spielte in Lehrbüchern der Meteorologie keine Rolle bis Jahrzehnte später (maschinelle) Rechner gebaut werden konnten.

In Deutschland hatte Felix Klein um die Jahrhundertwende – beeindruckt von Maschinenlaboratorien, die er auf seiner ersten USA-Reise besichtigt hatte – bei Industriellen für privat mitfinanzierte Universitätslaboratorien geworben, was letztlich zur Gründung der Göttinger Vereinigung zur Förderung der angewandten Physik und Mathematik führte. Als Begründer der numerischen Mathematik galt dann Carl Runge, dem man die Etablierung numerischer Rechen- und Approximationsverfahren (und ihrer praktischen Durchführung mit Rechenmaschinen) als eigene Disziplin der Mathematik verdankt.

Die effektive Bestimmung von Näherungslösungen ist natürlich schon seit dem Altertum – damals vor allem in China und Indien – ein Thema der Mathematik. Bis ins 19. Jahrhundert entstanden numerische Methoden aber stets im Kontext technischer oder naturwissenschaftlicher Anwendungen und stellten kein eigenständiges Gebiet der Mathematik dar. Neben dem Gaußschen Eliminationsverfahren und dem Gauß-Jordan-Algorithmus zur Lösung linearer Gleichungssysteme wurden etwa zur Lösung gewöhnlicher Differentialgleichungen das Runge-Kutta-Verfahren (Einschrittverfahren) und das Adams-Moulton-Verfahren (Mehrschrittverfahren), und zur Lösung partieller Differentialgleichungen beispielsweise die 1908 veröffentlichte Rayleigh-Ritz-Methode, die man als Vorgänger der Finite-Elemente-Methode sehen kann, entwickelt. Auch diese Verfahren entstanden jeweils im Zusammenhang mit konkreten Anwendungsgebieten, das Runge-Kutta-Verfahren etwa in der Aerodynamik. Berechnungen wurden in dieser Zeit noch mit einfachen Geräten oder von Hand durchgeführt.

Arbeiten, die man heute der numerischen Mathematik zurechnen würde, waren aber oft eher innermathematisch motiviert, etwa um ein besseres Verständnis von Differentialgleichungen zu erreichen. Zum Beispiel wurden Finite-Differenzen-Methoden in der 1928 von Courant, Lewy und Friedrichs veröffentlichten Arbeit “Über die partiellen Differenzengleichungen der mathematischen Physik” eingeführt, um für einige typische Beispiele nichtlinearer partieller Differentialgleichungen zu beweisen, dass die Lösungen der Differenzengleichung gegen die Lösung der entsprechenden Differentialgleichung konvergieren. Damit erhielten sie insbesondere einfache Beweise für die Lösbarkeit der Differentialgleichungen, die zwar in den meisten Beispielen schon bekannt war, aber zuvor mit uneinheitlichen und nicht verallgemeinerungsfähigen Methoden bewiesen. Courant und seinen Koautoren ging es dabei also weniger um die praktische Anwendung numerischer Verfahren als um Beweise für die Existenz von Lösungen. Die Fehleranalyse für Differenzenschemata elliptischer Gleichungen begann erst 1930 mit Gerschgorin (für die Poisson-Gleichung).

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