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#Womöglich ist morgen doch kein Tag

Womöglich ist morgen doch kein Tag

Als der amerikanische Fernsehsender ABC vor mehr als vierzig Jahren beschloss, das Serienepos über den Sklaven Kunta Kinte im Abendprogramm auszustrahlen, schrieb der Sender Geschichte. „Roots“, nach dem Roman des Journalisten Alex Haley, prägte sich ein ins kollektive Gedächtnis – nicht nur der Vereinigten Staaten.

Sandra Kegel

Verantwortliche Redakteurin für das Feuilleton.

Die Serie wurde damals von hundertdreißig Millionen Menschen auf der ganzen Welt gesehen. Sie war in ihrer Wirkung auch deshalb so erschütternd, weil Kunta Kintes Geschichte aus seiner, der Sklavenperspektive geschildert wurde, angefangen bei der Jagd auf ihn 1767 in Westafrika bis zu seiner Knechtschaft auf einer Plantage und die seiner Kinder und Kindeskinder. Die Verfilmung endete mit der Abschaffung der Sklaverei in den Vereinigten Staaten 1865 und der Mahnung an ein nunmehr in Freiheit geborenes Kind, stets dafür kämpfen zu müssen, frei zu bleiben.

Von der nun bei Amazon Prime gezeigten zehnteiligen Serien-Verfilmung des vielfach ausgezeichneten Romans „Underground Railroad“ von Colson Whitehead ist eine ähnlich einschneidende Wirkung zu erwarten. Dass der 1969 in New York geborene Autor in seiner Erzählung über das entflohene Sklavenmädchen Cora dabei eine ganz andere literarische Strategie verfolgt als das realistische Setting Alex Haleys, tut nichts zur Sache. Denn Barry Jenkins gelingt in den besten Momenten seiner Verfilmung mit fiebertraumartigen Szenerien umzusetzen, was die Vorlage anstrebt: über die authentische Rekonstruktion der verheerenden Ära der amerikanischen Sklaverei hinaus zu den strukturellen Wurzeln des Rassismus vorzudringen.

Verbundenheit: William Jackson Harper als Royal und Thuso Mbedu in der Rolle der Cora.


Verbundenheit: William Jackson Harper als Royal und Thuso Mbedu in der Rolle der Cora.
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Bild: Atsushi Nishijima/Amazon

Das offensichtlichste Moment der Fantastik in „Underground Railroad“ ist die Versinnbildlichung einer Metapher. Dass es die Underground Railroad, also das geheime Netzwerk zur Zeit des Antebellum, das Sklaven bei ihrer Flucht aus dem Süden in den sicheren Norden half, tatsächlich gab als unterirdischen Zug, mit Schienen, Schaffnern, Lichtsignalen und Passagieren. Auch bei Jenkins wird aus dem Codewort für geheime Routen, versteckte Schutzhäuser und verschlüsselte Kommunikation ein im Untergrund rumpelnder Zug, den Cora (Thuso Mbedu) auf ihrer Flucht vor Verfolgern immer wieder besteigen wird.

Cora ist das pochende Zentrum der filmischen Erzählung, die sich eng an die Vorlage hält und auch perspektivisch ganz nah bei dem Mädchen bleibt. Der Horror der Baumwollplantage in Georgia, in der sie und ihre Leidensgenossen ausgebeutet, gefangen gehalten und gequält werden, geht nicht nur bis an die Grenze des Vorstellbaren, sondern auch bildlich Erträglichen. Jenkins setzt dabei auch auf robuste filmische Effekte, wenn er nicht nur den Sadismus geradeheraus zeigt, sondern über das Bellen der Hunde, das Knallen der Peitschen und das Schießen der Gewehre auch eine fortwährende akustische Drohkulisse errichtet, wie sie die Gepeinigten ohne Unterlass erleben.

Joel Edgerton spielt die Rolle des gnadenlosen Verfolgers Ridgeway.


Joel Edgerton spielt die Rolle des gnadenlosen Verfolgers Ridgeway.
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Bild: Kyle Kaplan/Amazon Studios

Das Stationendrama führt Cora kapitelweise in verschiedene Staaten und zugleich unterschiedliche Stadien der Unterdrückung. Nachdem ihr gemeinsam mit Caesar (Aaron Pierre) die Flucht durch die von Jenkins giftgrün gezeichneten und von Nattern bewohnten Sümpfe Georgias tatsächlich gelingt, strandet sie in einem Städtchen South Carolinas, das die schwarze Bevölkerung angeblich mit Bildung, medizinischer Versorgung und Arbeit versorgt, in Wahrheit allerdings ein monströses Programm zur Ausrottung der afroamerikanischen Ethnie verfolgt.

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