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#Erst Anteilnahme, dann Wut

„Erst Anteilnahme, dann Wut“

Die Reaktion der russischen Führung auf den Tod der britischen Königin hat sich so jäh gewandelt, dass anzunehmen ist, die Klage gelte weniger der Toten selbst als eigenen Verlusten.

Am Anfang standen warme Worte. In Präsident Wladimir Putins Kondolenztelegramm heißt es, „Ihre Hoheit“ habe „zu Recht die Liebe und den Respekt der Untertanen genossen sowie Autorität auf der Weltbühne“. Putin wünschte Charles III. „Mut und Standfestigkeit angesichts dieses schweren, unwiederbringlichen Verlusts“ und bat den neuen König, der königlichen Familie und „dem ganzen Volk Großbritanniens“ sein, also Putins, Beileid auszu­sprechen.

Wärmere Worte als für Gorbatschow

Es fiel auf, um wie viel wohlwollender diese Worte waren als jene, die Putin zum Tod des letzten Sowjetführers Michail Gorbatschow kurz zuvor gewählt hatte. Andere Mitglieder der Moskauer Elite stimmten ein, erinnerten etwa an den Russland-Besuch der Königin 1994. Patriarch Kirill, Oberhaupt der Russischen Orthodoxen Kirche, pries Elisabeth II., auch anhand eigener Eindrücke von einem Empfang im Buckingham-Palast 2016, als „Muster tiefer Intellektualität und höchster Kultur“. Der Politiker Leonid Sluzkij – der auf einer Trauerfeier für die im August nahe Moskau getötete ­Darja Dugina die Kriegsjubelformel „Ein Land! Ein Präsident! Ein Sieg!“ geprägt hatte – würdigte Elisabeth II. als „un­veränderliches Symbol der Einheit der Nation“.

Zwar sagte Putins Sprecher, Dmitrij Peskow, auf eine Presseanfrage, es werde „nicht erwogen“, dass der Präsident an der Trauerfeier für Elisabeth II. am kommenden Montag in London teilnehmen werde. Doch damit riss die Serie höflicher Förmlichkeiten nicht ab.

So schickte Putin König Charles III. ein gesondertes Glückwunschtelegramm anlässlich der Proklamation, wünschte ihm „Erfolge, starke Gesundheit und alles Gute“. Die Führung schien den Trauerfall zum Anlass zu nehmen, um sich selbst, den Russen und dem Westen vor Augen zu führen, dass man weiter dazugehört, abseits anderwärtiger Zerwürfnisse insbesondere mit den „Angelsachsen“, die die in Moskau verhassten Ukrainer konsequent unterstützen.

Der Ton änderte sich radikal

Der Ton änderte sich radikal, als Anfang dieser Woche bekannt wurde, dass wegen des Ukrainekriegs weder Putin noch irgendein anderer russischer Vertreter zur Beerdigung der Königin eingeladen wird. Gleiches gilt für Vertreter von Belarus sowie Myanmar. Ob Moskau enttäuscht sei, wurde Peskow jetzt gefragt. Außer dem Beileidstelegramm habe Putin „von Anfang an keine anderen Pläne gehabt“, wiegelte der Sprecher ab. Aus der Knappheit sprach Kränkung.

Entsprechend fand die Sprecherin des Außenministeriums, Marija Sacharowa, alsbald wütende Worte für die Nicht­einladung: „Wir sehen diesen britischen Versuch, die nationale Tragödie, welche die Herzen von Millionen Menschen auf der ganzen Welt berührt hat, für geo­politische Ziele zu benutzen, um während der Trauertage Rechnungen mit unserem Land zu begleichen, als zutiefst unmoralisch an.“

Sacharowa nahm Bezug auf eine Mitgliedschaft der jungen Elisabeth im „Auxiliary Territorial Service“, der Frauenabteilung des britischen Heeres, in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs, um gemäß der Moskauer Dar­stellung zum Ukrainekrieg zu erklären, dass die „britischen Eliten“ heute aufseiten von „Nazis und ihren ukrainischen Komplizen“ stünden, die damals bekämpft worden seien.

Königin habe sich „politisch nicht eingemischt“

Während die Sprecherin des Außen­ministeriums die Königin selbst immerhin lobte, weil diese „sich grundsätzlich nicht in die Politik eingemischt“ habe, ging Russlands Staatsfernsehen sogar dazu über, Elisabeth II. persönlich zu diffamieren. Die Sendung „60 Minuten“ im Sender „Rossija 1“ zeigte am Donnerstag Schwarz-Weiß-Aufnahmen von einer Frau in weißem Kostüm, die ärmlich gekleideten Kindern etwas zuwirft, das sie vom Boden aufsammeln.

Die Moderatorin, Olga Skabejewa, behauptete, die Aufnahmen zeigten die junge Elisabeth und sagte, „Afrikaner“ würden den Tod der Königin „nicht beweinen“, da sie sich an „Ausbeutung und Sklaverei“ erinnerten. „So“ habe Elisabeth „Kinder aus einem der unter­jochten Völker Afrikas gefüttert“, sagte Skabejewa, „wie Tiere im Zoo. Das Video verkörpert die Haltung des Westens, besonders der Angelsachsen, zur ganzen Welt, außer zu sich selbst selbstverständlich.“ In Wirklichkeit wurden die Aufnahmen mehr als ein Vierteljahrhundert vor der Geburt Elisabeths aufgenommen; und zwar nicht in Afrika, sondern im heutigen Vietnam, in der damaligen französischen Kolonie Indochina; zu sehen sind keine Engländerinnen, sondern Französinnen, nämlich Frau und Tochter des damaligen Generalgouverneurs, Paul Doumer (1857 bis 1932); und den Kindern werfen sie kein Brot zu, sondern Geldstücke.

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