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#Es darf keine Öffentlichkeit geben

Es darf keine Öffentlichkeit geben

Alexander Lukaschenko hat mit der Entführung der Ryanair-Maschine auf dem Weg von Athen nach Vilnius gezeigt, dass ihm die Abschreckung innerhalb der Republik Belarus wichtiger ist als das Signal, das er in die ganze Welt sandte. Mit der Verhaftung des Aktivisten Roman Protassewitsch und dessen Freundin demonstriert der Diktator, dass er Gegner in der ganzen Welt verfolgt und dass er den Telegram-Kanal Nexta live, den der junge Protassewitsch mitgegründet hatte, für eine reale Bedrohung seiner Herrschaft hält.

Mit mehr als 1,2 Millionen Nutzern in einem Land mit weniger als zehn Millionen Einwohnern ist der von Warschau aus betriebene Kanal 2020 innerhalb weniger Wochen zu einer wichtigen, vom Staat unabhängigen Quelle von Informationen geworden. Lukaschenko lenkt mit seiner eigenen Interpretation von Staatsterrorismus die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf die systematische Einschränkung der Menschenrechte und Pressefreiheit in dem von ihm seit 1994 regierten Land.

In Belarus sind zum Zeitpunkt der Verhaftung von Protassewitsch schon 34 Journalisten in Haft. Dreizehn von ihnen sind für das führenden Internetportal tut.by tätig, das bis zum 18. Mai die wichtigste Quelle unabhängiger Nachrichten in der Republik Belarus war. Der stellvertretende Vorsitzende der Vereinigung Unabhängiger Journalisten, Barys Haretski, erklärt über Telegram, dass die systematische Säuberungswelle nun die digitalen Räume mit großer Reichweite erreicht habe. „Im Herbst wurden zunächst die analogen Hinterhöfe gesäubert, dann folgten unabhängige Vereine, Rechtsanwälte und Kulturschaffende. Jetzt war die populärste Internetressource des Landes an der Reihe.“ Haretski sieht keinen direkten Zusammenhang zwischen der Abschaltung von tut.by und der Verhaftung von Roman Protassewitsch. Dieser werde eher wegen seiner Rolle bei der Organisation der Proteste im vergangenen August verfolgt.

Nationale Medien spielen keine Rolle mehr

Der Erfolg der neuen belarussischen Bürgerbewegung, Hunderttausende auf die Straßen der Hauptstadt und vieler kleinerer Ortschaften zum friedlichen Protest zu bewegen, war eng verbunden mit der weitgehenden Digitalisierung der Öffentlichkeit. Belarus ist ein Gesellschaft, in der schon seit einem Jahrzehnt Zeitungen als nationale Medien keine Rolle mehr spielen.

Auflagenstarke Propaganda-Blätter wie die von der Präsidialverwaltung herausgegebene Belarus Segodnja werden ausschließlich für die Auslagen der Kioske und staatlicher Verwaltungen produziert. Unabhängige Titel wie Narodnaja Wolja wurden nach 2000 nicht nur vom Sog der Zeitungskrise erfasst, sondern zusätzlich durch staatliche Maßnahmen wie den Entzug von Druckgenehmigungen oder die Kündigung von Zustellungsverträgen durch staatliche Dienstleister bedrängt. Die 1906 in Vilnius gegründete belarussische Zeitschrift Nascha Niwa hatte als Konsequenz die Druckversion auf monatliches Erscheinen umgestellt und ihren Nachrichten- und Meinungsteil gänzlich ins Internet übertragen. Weitere unabhängige Medien folgten diesem Beispiel.

Die Erfolgsgeschichte des 2000 gegründeten Portals tut.by illustriert das Entstehen einer global vernetzten, zweisprachigen Konsumgesellschaft, deren Mitglieder in Minsk und den fünf Bezirksstädten leben und sich online über Nachrichten aus Belarus und aller Welt, aktuelle Devisenkurse, die neusten Produkte und Modeerscheinungen informieren. Gerade weil es anfänglich kein politisches, sondern ein privatwirtschaftliches Projekt war, das für belarussische Werbeträger interessant ist, wurde tut.by ein wichtiger Multiplikator der Privatwirtschaft, für die nachprüfbare Informationen sowie unabhängige Expertise wichtige Ressourcen darstellen.

Hohe Reichweiten

Die erzwungene Abschaltung fünf Tage vor der Flugzeugentführung hat damit auch ohne neue Sanktionen empfindliche Folgen für die Wirtschaft in Belarus, die ohne Rechtssicherheit und Informationsfreiheit nicht wachsen kann. Als Pionier des Internetjournalismus hatte tut.by unter den Bedingungen eines autoritären Regimes eine besonders hohe Reichweite. Zwei Drittel aller Internetnutzer auf dem Territorium der Republik Belarus nutzen die Seite in ihrem Alltag – das ist eine fast doppelt so große Reichweite wie die des Marktführers T-Online in Deutschland. Staatliche Internetportale erreichen in Belarus nur einen Bruchteil davon.

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